Rallye-WM – erstmals auf zwei Kontinenten
Hirvonen bei seinem Türkei-Sieg 2008
Bei der am Wochenende stattfindenden Rallye Türkei, vierter von 13 Läufen zur Rallye-Weltmeisterschaft, wollen die Werksfahrer des Teams BP Ford Abu Dhabi an ihren Doppelsieg von 2008 anknüpfen, als der Event zuletzt im WM-Kalender stand. Damals gewannen Mikko Hirvonen und Co-Pilot Jarmo Lehtinen vor Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila im zweiten Ford Focus RS WRC.
Bei der diesjährigen Auflage bekommen es die schnellen Finnen gleich mit drei Premieren zu tun: Der bislang rund um den Urlaubsort Kemer ausgetragene Lauf ist in diesem Jahr erstmals in Istanbul stationiert. Sämtliche Wertungsprüfungen (WP) sind deshalb Neuland für die weltbesten Drifter. Die einzigartige Lage der Metropole an der Meerenge Bosporus ermöglicht es zudem, erstmals in der Geschichte der WM eine Rallye auf zwei verschiedenen Kontinenten auszutragen.
Der Start am Donnerstagabend erfolgt direkt bei der berühmten Blauen Moschee im europäischen Teil der Stadt, danach siedelt die Rallye auf die andere Seite der Bosporus-Brücke um. Das dritte Novum: Die Veranstalter nutzen die Freiheiten des geänderten Reglements, das seit Jahren erstmals wieder WP auf unterschiedlichen Fahrbahnbelägen erlaubt. Während sich der Grossteil der 23 Wertungsprüfungen über insgesamt 358,84 Kilometer auf Schotter abspielt, besteht rund ein Drittel der Samstags-Etappe aus Asphaltprüfungen. Auf beiden WP-Typen müssen die Schotterreifen von Pirelli verwendet werden, sodass dem schonenden Umgang mit den Pneus entscheidende Bedeutung zukommt.
Nach den engen, steinigen Pfaden rund um Kemer besteht die Rallye Türkei nun aus schnellen, flüssigen WP auf relativ breiten Strassen. Allerdings hat starker Regen Teile der Strecke aufgeweicht. Mit rutschigen Überraschungen ist also zu rechnen - besonders dort, wo die Kurven «gecuttet» werden und Dreck auf die Strasse gerät.
[*Person Mikko Hirvonen*], derzeit WM-Dritter, rechnet sich am Bosporus gute Chancen aus: «Ich mag neue Rallyes, vom Erstellen des Aufschriebs bis zum Wettkampf auf unbekannten Prüfungen», betont der 29-Jährige. «2009 habe ich auf neuen Strecken in Polen und Australien gewonnen und im Jahr davor die WM-Premieren in Norwegen und Jordanien. Es wäre schön, wenn ich diese Serie in der Türkei fortsetzen könnte. Dieses Jahr habe ich in Jordanien einen dummen Fehler begangen, den ich unbedingt wettmachen möchte, damit ich in der WM-Wertung nicht noch weiter zurückfalle. Wir sind nun mehrere Jahre nicht auf wechselndem Untergrund gefahren, aber diese interessante Herausforderung gehörte lange Zeit fest zum WM-Programm.»
Der sechsfache Champion und Tabellenführer Sébastien Loeb, 2008 Dritter in der Türkei, mag mit seinem Citroën C4 neue Herausforderungen. «Ich habe gehört, dass die neuen Prüfungen ziemlich breit und schnell. Das verspricht einen grossen Fahrspass», so der 56-fache Rekordsieger. «Wir haben am zweiten Tag fast 40 Kilometer auf Asphalt. Wir dürfen dort nur Schotterreifen benutzen. Wir hatten bei dieser Kombination auf Zypern im letzten Jahr damit keine Probleme. Bei Mischprüfungen kommt es sehr darauf an, den richtigen Rhythmus beim Wechsel von einem auf den anderen Untergrund zu finden».
Nach dem dritten Lauf führt Loeb mit einem Vorsprung von 25 Punkten vor dem Ford-Piloten Jari-Matti Latvala. «25 Punkte sind so viel wie ein Sieg. Dennoch müssen wir jederzeit zur Stelle sein, denn es leicht, viele Punkte zu verlieren, wie wir 2009. Am ersten Tag müssen wir als Leader wieder als erstes Fahrzeug auf die Strecke. Dann werden wir sehen, wie wichtig die Rolle als Strassenfeger bei dieser Rallye ist.»
[*Person Jari-Matti Latvala*] kennt den Wechsel zwischen Asphalt und Schotter aus seiner «Lehrzeit» in Italien. «Auf langsamen Prüfungen ist das kein Problem, aber auf Asphalt mit Schotterreifen richtig schnell zu fahren, wird schwierig», weiss der 25-Jährige. «Das Auto bewegt sich sehr stark, und bei Regen wird die Wahl der Bremspunkte kritisch. Wenn die Asphaltstrecken erst am Ende einer WP-Gruppe liegen, sind die Schotterreifen oft schon so abgenutzt, dass sie Slicks nahe kommen und besser funktionieren. In der Türkei verhält es sich jedoch meist umgekehrt – wir müssen also aufpassen, die Pneus anfangs auf Asphalt nicht zu ruinieren, damit sie später auf Schotter noch Grip liefern.»