Zum 75. Geburtstag der deutschen Rallye-Legende Röhrl
Am 7. März vor genau 75 Jahren wurde Walter Röhrl in Regensburg geboren. Was dann später kam, war das deutsche Rallye-Wunder. Heute lebt Röhrl mit seiner Frau Monika, mit der seit 56 Jahren zusammen und 42 Jahre glücklich verheiratet ist, in Sankt Englmar im niederbayerischen Landkreis Straubing-Bogen und in einem Haus in Österreich. In Sank Englmar stehen in der Garage sechs alte Porsche. Und der «Lange», wie er auch gerne bezeichnet wird, ist immer noch eng mit dem Motorsport verbunden. Mit Glück trifft man den Porsche-Repräsentanten bei irgendeiner Veranstaltung mit historischen Fahrzeugen. Nach eigenen Angaben ist im Jahr immer noch mehr als 50.000 Kilometer unterwegs. Er hält sich unter anderem mit Mountain-Bike und natürlich Ski-Touren fit.
Walter Röhrl war zu seiner aktiven Zeit der Michael Schumacher des Rallyesports in Deutschland und trug viel dazu bei, dass der Rallyesport, ja sogar der Motorsport in Deutschland überhaupt bekannt wurde. Mit seiner vielseitigen Betätigung im Motorsport, die ihn auch auf die Rundstrecke, dort speziell in die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft sowie nach Le Mans, aber zum berühmtesten Bergrennen am amerikanischen Pikes Peak führte, schrieb er etliche, auch sehr erfolgreiche Kapitel.
Der Rallyesport aber war sein Metier. 14 Siege fuhr er in der Rallye-Weltmeisterschaft zusammen mit seinem Stammbeifahrer und Freund Christian Geistdörfer für verschiedene Autohersteller ein. Zweimal, 1980 im Fiat 131 Abarth und 1982 im Opel Ascona 400, holte er die WM-Krone nach Deutschland. Er ist der einzige deutsche Weltmeister geblieben und auch der einzige Deutsche, der mehr als zwei WM-Läufe gewann.
«Ein Monte-Sieg ist wichtiger als ein WM-Titel»
Die Rallye, die ihn prägte und die er prägte, ist die Rallye Monte Carlo. Viermal gewann Röhrl die «Königin der Rallyes» und das zudem auf vier verschiedenen Fahrzeugen von vier unterschiedlichen Herstellern. Noch heute schmückt ihn deswegen die Bezeichnung «König von Monte Carlo». 1980 holte er im Fiat 131 Abarth seinen ersten Sieg im Fürstentum. 1982 war sein Siegerfahrzeug der Opel Ascona 400. 1983 saß er im Lancia Rally 037. Ein Jahr später steuerte er den Audi quattro A2 zum Sieg. Röhrl mochte diese Rallye, von der er einmal sagte: «Der Sieg bei der Rallye Monte ist wichtiger als der Titel in der Weltmeisterschaft.»
Monte 1987: «Es war eine Rundreise durch die französischen Alpen»
1987 war sein letzter Start bei der Rallye Monte Carlo, in dem von ihm unbeliebten Audi 200 quattro. Er wurde «nur» Dritter. Kein Ergebnis für einen Herrn Röhrl. Und das wurmte ihn, wie er gegenüber dem Autor im Aufzug im monegassischen Hotel «Beach Plaza» auf dem Weg zur Audi Pressekonferenz gestand. «Das war ein Taxi. Für mich war die Rallye Monte Carlo diesmal eine Rundreise durch die französischen Alpen», diktierte er ins Tonbandgerät. Bei der Pressekonferenz zeigte er sich aber sehr teamtreu. Er lobte den schweren Audi 200 quattro und das Ergebnis.
Röhrl lag und liegt im Rallyesport sehr die Sicherheit am Herzen. Dafür kämpfte er. Er konnte auch einiges in der oft sturen Landschaft der Rallye-Administration erreichen, wie zum Beispiel die Sicherheitszonen für Zuschauer. Das brachte ihm die Bezeichnung «Rallyepapst» ein.
1971: Erste Bekanntschaft mit Röhrl und sein Karrierestart
Der Einstieg in den Rallyesport verlief für den einstigen Fahrer des katholischen Bistums Regensburg ohne großes Tamtam. Der staatlich geprüfte Skilehrer mit dem Ziel, Skirennfahrer zu werden, lernte in seinem Regensburger Skiclub Herbert Marecek kennen, der ihm den Rallyesport schmackhaft machte. Die erste Begegnung des Autors mit dem Meister des Drifts war alles andere als schmeichelhaft. Es war bei der Rallye München 1971, einer Nachtveranstaltung mit den damals noch sehr beliebten Orientierungsaufgaben und Durchfahrtskontrollen. An einer solcher bestätigte der Autor in frühen Morgenstunden den Teilnehmern mit einem Stempel in die Bordkarte die Passage. Als der Schlusswagen kam, sollte der Einsatz eigentlich beendet sein. Nicht ganz, denn es kam die Anweisung: «Hinter uns sucht noch einer die Strecke. Warte noch auf den.» Tatsächlich kam noch ein Fahrzeug, ein Fiat 850 Coupé. Diesen damals sehr beliebten Kleinwagen steuerte «unter ferner liefen» ein gewisser Walter Röhrl, neben ihm als Beifahrer Herbert Marecek.
Olympia-Rallye 1972: Röhl lässt aufhorchen
Vor dem Olympia-Jahr 1972 war Röhrl ein unbekannter Privatfahrer, der in unterschiedlichen Fahrzeugen bei verschiedenen Rallyes startete. Dies änderte sich schlagartig bei der Olympia-Rallye von Kiel nach München mit einer starken Besetzung. Dort sorgte er für Furore und Bekanntheit. Im privaten Ford Capri führte er bei der größten internationalen Rallye auf deutschem Boden, wenn auch ohne Prädikat, mit elf Bestzeiten vor den damaligen Stars Hannu Mikkola (Ford Escort) und Jean-Pierre Nicolas (Renault Alpine 110). Ein Motorschaden aber drei Prüfungen vor dem Ziel stoppte diesen Höhenflug.
Mit Opel und Jochen Berger stieg er 1974 im Opel Ascona A in die Rallye-Europameisterschaft ein, die er auch gewann. 1975 folgte sein Einstieg im Opel Ascona in die Rallye-Weltmeisterschaft, seinem späteren Betätigungsfeld. Allerdings war es ein sehr holpriger Einstieg. Bei sechs Rallyes schieden Röhrl/Berger fünfmal aus. Dafür war sein erster WM-Sieg bei der griechischen Rallye Akropolis umso signifikanter, mit mehr als 35 Minuten Vorsprung.
1977 zog es ihn nach Italien und zu Fiat. Im offiziellen Fiat 131 Abarth, damals das Nonplusultra, gewann er bis 1980 fünf Rallyes und seinen ersten Titel. Nach einem fruchtlosen Jahr mit nur einem Start und einem Nullresultat im Porsche 911 heuerte er 1982 wieder bei Opel an und wurde mit zwei Siegen im Opel Ascona 400 zum zweiten Mal Weltmeister. Nach seinem erneuten italienischen Intermezzo im Lancia Rally 037 mit drei Siegen und dem Titel als Vizeweltmeister fand er ab 1984 seine sportliche Heimat bei Audi, wo er 1987 seine internationale Rallye-Karriere mit 14 Siegen und zwei WM-Titeln beendete.
Zwei Rallyes mochte Röhrl nicht. Einmal Finnland, dort ging er nie an den Start. «Ich lasse mich doch nicht von den Finnen verblasen», so seine Begründung. Die andere war die Rallye Dakar. Kein Team, kein Geld der Welt konnte ihm den Start dort schmackhaft machen. «Das ist eine Rallye nur für Verrückte, das hat mit unserem Sport nichts zu tun», war seine Einstellung.
Mit dem Audi wechselte auch Röhrl zur Rundstrecke. Im Audi 200 quattro startete er 1990 bei zehn Rennen in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft und erzielte auf dem Nürnberger Norisring seinen einzigen Sieg. Nach seiner aktiven Laufbahn 1993 wurde er bei Porsche Testfahrer und ist bis heute noch Repräsentant der Zuffenhausener. Er wurde für sein Lebenswerk mit der Ehren-Christopherus des ADAC ausgezeichnet.
Walter Röhrl's Teufelsritt über Arganil
Die Prüfung «Arganil» im Norden Portugals und der zweifache Weltmeister Walter Röhrl haben in der Königsklasse für eine unvergessliche Legende gesorgt, Röhrl's Teufelsritt 1980 im dichten Nebel lebt auch heute noch. Damals führte sie dort über 44 km, heute ist sie nur noch ein Drittel (14,44 km) lang.
Aber was machte «Arganil» zur Legende? Die Länge war es nicht. Solch lange Prüfungen waren 1980, dem Jahr der zweiten offiziellen Austragung der Fahrer-Weltmeisterschaft, schon fast die Norm. Die Schotterpisten waren es auch nicht, denn die gehören zur Rallye Portugal.
Die «Arganil»-Legende des Walter Röhrl wird in einer kalten, regnerischen Nacht während der Rallye Portugal im Jahr 1980 geboren, auf der Sonderprüfung 44 Kilometer über die Gebirgskämme von Arganil. «Keine zwei Meter weit», sei die Sicht damals gewesen, erzählte Röhrl, der die Prüfung in der Nacht vorher in seinem Hotelbett im Kopf 'abgefahren' ist. So hat er seinen Fiat 131 Abarth dann auch den Berg hinauf geprügelt, nach genauen Ansagen seines Beifahrers Christian Geistdörfer.
Der Finne Markku Alén mit drei Siegen in Portugal war Favorit und führte früh, aber nur für eine Etappe. Bernard Darniche und Ari Vatanen führten ebenfalls, bis eine durchgebrannte Kopfdichtung den Lancia Stratos stoppte und dem Ford Escort RS1800 die Straße ausging. Dann waren nur die Fiat 131 Abarth vorne.
«Ich war damals neu im Fiat-Team», berichtet Röhrl. «Und Alén war Mister Portugal, er hatte schon dreimal dort gewonnen. Er war immer vorne. Diesmal war es wieder so. Wir lagen 10 Minuten vor dem nächsten Auto, aber Markku attackierte immer noch. Ich bin aus einer Prüfung herausgekommen. Mein Servicewagen kam die Straße hoch und knallte gegen mein Auto. Die Räder war danach nicht mehr gerade. Und vor uns lag noch Arganil.»
Doch der Lange aus Regenburg hatte seine Hausaufgaben für die 44 km lange Prüfung gemacht. Er war vor der Rallye dort unterwegs gewesen, hatte viel mit den Einheimischen gesprochen, auch über das Wetter.
«Ich wusste, dass Nebel kommt», erzählte Röhrl weiter, «also habe ich für diese Prüfung mehr als für jede andere geübt. Normalerweise mache ich das zwei- oder dreimal, aber dort habe ich es fünfmal gemacht. Ich kannte sie gut.»
Als er in seinem Hotelbett lag, lief in seinem Kopf wie ein Film diese Prüfung ab. Sogar eine Stoppuhr ließ er mitlaufen. «Als ich meine Augen öffnete, war ich im Ziel dieser Prüfung», führte Röhrl fort. «Ich habe die Zeit angehalten und die Zeit war fast dieselbe, die ich dann auch wirklich gefahren bin. Ich war 4:59 Minuten schneller als jeder andere.»
«Schnall di an und zieh di fest»
Dann kam bei der Rallye am Start bei Arganil eine typische Röhrl-Bemerkung gegenüber seinem Beifahrer und Freund Christian Geistdörfer: «Ich sagte zu Christian 'schnall di an und zieh di fest'. Ich wollte die die anderen dazu bringen, am Ende dieser Prüfung den Führerschein abzugeben. Ich wollte sie alle besiegen.» Das tat er auch.
Alles spielte sich im dichten Nebel wie im Film ab, alles lief so ab, wie er es auswendig gelernt hatte. Er brauchte nicht die sonst üblichen Referenzpunkte, um sich zu orientieren. «Es war, als könnte ich direkt durch den Nebel sehen. Das hat mir gezeigt, wie wichtig die Vorbereitung ist. Du vertraust deinen Vorbereitungen und dann nimmst du deinen Mut aus diesem Vertrauen», so Röhrl.
Die Bezeichnung 'Blindflug' wies Röhrl von sich. «Blödsinn! Es war ja auch kein richtiger Blindflug. Zwei Meter Sicht hatten wir ja noch», korrigierte Röhrl und ergänzte: «Vier Minuten 50 schneller zu sein auf einer Prüfung als die gesamte Weltelite, ist schon eine Ansage», merkte Röhrl damals an, der dort seinem Teamkollegen Markku Alen eben diese 4:59 Minuten einschenkte und gewann.
Lieber Walter Röhrl, gut, dass es den 7. März 1947 gab…. Sein Wunsch: «Ich wünsche mir Frieden! Dieser unvorstellbare, schreckliche Krieg in der Ukraine bereitet mir schlaflose Nächte.»