Hirvonen baut im Titelkampf auf Erfahrung
Mikko Hirvonen will endlich den Titel
Eine lange Saison in der Rallye-Weltmeisterschaft biegt auf die Zielgerade ein und verspricht dabei eine an Spannung kaum noch zu überbietende WM-Entscheidung: Gleich drei Titelkandidaten liegen vor der Rallye Spanien, dem vorletzten WM-Lauf des Jahres, innerhalb von nur drei Punkten. Mikko Hirvonen/Jarmo Lehtinen reisen mit ihrem Ford Fiesta RS WRC des Werksteams Ford Abu Dhabi sogar punktgleich mit Tabellenführer Sébastien Loeb an die Costa Dorada südwestlich von Barcelona und wollen sich vor dem Finale in den walisischen Wäldern alle Chancen offenhalten.
«Die Ausgangslage erinnert mich sehr an die Saison 2009, als wir auch mit Sébastien bis zur letzten Wertungsprüfung um den Titel gekämpft haben und uns nur um einen Punkt geschlagen geben mussten», erläutert Hirvonen. «In diesem Jahr duellieren wir uns sogar zu dritt um die WM-Krone. Dies bedeutet: Uns steht in Spanien ein sehr interessantes Wochenende bevor. Ich denke, dass uns die 2009 in einer vergleichbaren Situation gesammelten Erfahrungen helfen. Unsere Herangehensweise wird die gleiche sein – nur das Endergebnis, das wollen wir natürlich anders gestalten …»
Dabei hält die in der Region Tarragona ausgetragene Rallye Spanien – mit 18 Wertungsprüfungen (WP) über eine Distanz von insgesamt 406,52 Kilometern die längste im WM-Kalender – einige besondere Aufgaben für die Drifter-Elite bereit. Früher eigentlich als reine Asphaltveranstaltung bekannt, gibt sich der vorletzte Saisonlauf inzwischen ein vielseitigeres Gesicht. So zeichnen sich die sechs WP der Freitags-Etappe zum Beispiel durch einen überwiegenden Schotteranteil aus, der auf den Prüfungen «Terra Alta» (35,94 km) und «Les Garrigues» (18,5 km) – die jeweils zweimal auf dem Programm stehen – immer wieder durch kurze Teer-Passagen unterbrochen wird. Ford schickt die Fiesta RS WRC dafür in voller Schotterabstimmung ins Rennen.
Gerade für den Freitag, wenn er hinter Loeb als zweites Fahrzeug in die Loipe geht, rechnet sich Hirvonen einen Vorteil aus: Sein Kontrahent wird eine staubigere Strassenoberfläche vorfinden als er. «Die erste Etappe bietet uns grosse Chancen, die müssen wir nutzen», so der 31-Jährige, der bereits 2005, 2008 und 2009 Podiumsplatzierungen auf der Iberischen Halbinsel errungen hat. «Generell aber gilt: Wir müssen in jeder einzelnen Kurve attackieren und das Beste herausholen. Das Motto lautet ‹Alles oder nichts›, denn auf Sicherheit kann keiner von uns Titelanwärtern bei zwei noch ausstehenden Rallyes mehr setzen. Wir brauchen in Spanien ein Topresultat, um unsere Chancen vor dem Finale in Grossbritannien zu wahren. Und ich weiss, dass wir das können.»
Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila im zweiten Turbo-Allradler des Werksteams von Ford blicken der Rallye Spanien ebenfalls mit grossen Erwartungen entgegen – nach der überaus konkurrenzfähigen Performance und sechs WP-Bestzeiten, die der amtierende Vizeweltmeister in die asphaltierten Strassen des Elsass gestanzt hat, auch kein Wunder. «Die Prüfungen der zweiten und dritten Etappe lassen sich wunderbar fahren», schwärmt der 26-Jährige. Die geteerten Oberflächen bieten einen sehr konstanten Grip und sind zumeist breit und eben. Aber auch die teilweise recht harten, mittelschnellen Schotterabschnitte haben mir im vergangenen Jahr gut gefallen, die eingestreuten Asphaltstücke waren nicht zu schnell. Gerade auf diesen Prüfungen kommt es extrem darauf an, sich die Reifen gut einzuteilen – Schotter-Pneus leiden auf befestigten Strassen sehr.»
Seine Gedanken macht sich Latvala auch über die physischen Anstrengungen, die dieser WM-Lauf an die Teilnehmer stellt. «Die Tage sind sehr lang, und die Gelegenheiten, etwas zu essen, beschränken sich praktisch auf die Mittagspause im Service-Park – dabei verbrauchen wir eine Menge Energie», so der Finne. «Deswegen kommt es nicht nur darauf an, sich gesund zu ernähren und viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Wir haben eigens Energie-Riegel an Bord, um über die Zeit unsere Konzentration auf höchstem Niveau zu halten.»