Die Rallye-WM beginnt neu in Finnland
Loeb feierte 2008 seinen ersten Finnland-Sieg.
Die Ausgangslage in der Schlussphase ähnelt der vom letzten Jahr. Im Vorjahr kam Mikko Hirvonen ebenfalls als Spitzenreiter zu seinem Heimspiel im Land der «fliegenden Finnen». Damals lag er drei Punkte vor dem Titelverteidiger Sébastien Loeb. Der aber riss dort mit seinem ersten Finnland-Sieg bei einem Vorsprung von nur neun Sekunden auf Hirvonen das Ruder herum und driftete seiner fünften WM-Krone in Folge entgegen. Diesmal aber liegt der Vize-Champion Hirvonen nur einen Zähler vor Loeb. Bei diesem Minimalabstand von nur einem Zähler bedeutet dies praktisch, dass der Titelkampf zwischen den beiden Rivalen wieder von vorne beginnt.
Nur, es gibt einen wichtigen Unterschied, der allerdings nicht gerade für den 52-fachen Rekordsieger Loeb spricht. 2008 folgten nach Finnland noch sechs Läufe, davon mit Deutschland, Spanien und Korsika auf Asphalt, auf dem der «Super-Champ» nicht zu schlagen ist. In dieser Saison aber stehen nach dem finnischen Schotter-Klassiker nur drei Entscheidungen aus. Und Loeb hat nur noch in Spanien eine Asphalt-Chance.
«Es wäre natürlich alles viel einfacher, wenn wir eine komfortable Führung, sagen wir mal, von 20 Punkten vor Finnland hätten. Letztes Jahr lag Mikko drei Zähler vor uns», meint der Vorjahressieger Loeb. «Diesmal aber ist der Vorsprung geringer. Mit Finnland liegen noch vier Rallyes vor uns. Ich würde sagen, die Weltmeisterschaft beginnt wieder vom neuen in Finnland, und dort gibt es für uns nur eine Option, zu attackieren.»
Die Schmach vom letzten Jahr will Tabellenführer Mikko Hirvonen tilgen und sich selbst mit dem neunten Laufsieg das schönste Geburtstagsgeschenk machen. Am Rallye-Freitag wird er nämlich 29 Jahre alt. Hoffentlich nicht so, wie sein Teamkollege Jari-Matti Latvala, der seinen 24. Geburtstag am 3. April in Portugal mit einem mehrfachen Überschlag und seinem schlimmsten Unfall «feierte».
Der aktuelle Spitzenreiter Mikko Hirvonen startete bereits sieben Mal in Finnland und erreichte dabei zwei Mal den zweiten Platz. Auf seine Titelchancen angesprochen, erklärt er: «Ich sehe die restlichen vier Läufe jetzt als eine Mini-Saison mit drei Schotter- und einer Asphaltrallye. Ich führe die WM an, also liegt der Ausgang in meiner Hand. In Finnland als Erster auf die Strecke zu gehen, ist keine optimale Ausgangsposition – voriges Jahr habe ich deswegen die Rallye verloren.» Der Finne weiss um die Tücken seines Heimspiels: «Die Konkurrenzdichte ist so eng, dass ein kleiner Fehler schon grosse Auswirkungen haben kann. Und wenn du am Limit fährst, sieht auch eine Kurve oder ein Sprung, den du eigentlich gut kennst, oft ziemlich anders aus. Und wenn das Auto weiter oder höher fliegt als erwartet, kann das zu bösen Überraschung führen.»
Der Sieg bei der wegen ihrer enormen Geschwindigkeiten auch «Grand Prix von Finnland» genannten Veranstaltung gilt als Traum jedes Rallye-Piloten, die Atmosphäre wegen der zahllosen begeisterten Fans entlang der Strecken ist einzigartig. Wie üblich führen die Prüfungen über ultraschnelle Schotterwege mit zahlreichen Kuppen, die die World Rally Cars als Rampen für gigantische Sprünge nutzen. Gegenüber dem Vorjahr steht rund ein Drittel der insgesamt 345,15 WP-Kilometer neu im Streckenplan.
Dennoch geniessen die Finnen, die auf den anspruchsvollen Waldwegen das Rallyefahren lernten, einen großen Heimvorteil – in 58 Jahren konnten nur sieben «Ausländer», davon mit Carlos Sainz, Didier Auriol und Sébastien Loeb drei Nicht-Ostsee-Anrainer, hier gewinnen. Die relativ breiten Strecken weisen eine harte und sehr ebene Fahrbahnoberfläche auf. Dennoch verlangt das Schnellfahren dort nicht nur viel Mut, sondern auch Feingefühl. So verstecken sich hinter den Sprungkuppen oft leichte Biegungen, sodass die Linie vor dem «Take-off» exakt passen muss, um die Kurve optimal zu erwischen und viel Schwung mitzunehmen.