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John Litjens: «Haben mit nur drei Rädern getestet»

Von Martina Müller
John Litjens baut die LMP1-Renner von Toyota

John Litjens baut die LMP1-Renner von Toyota

Toyota ist bei den 24 Stunden von Le Mans der große Favorit. Im Gespräch mit SPEEDWEEK.com erklärt Chef Designer John Litjens, wie 2018 endlich der Gesamtsieg eingefahren werden soll und was sich am TS050 geändert hat.

Für Toyota steht die diesjährige Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans unter einem ganz anderen Stern als in der Vergangenheit. Da mit Audi (2016) und Porsche (2017) die größten Wettbewerber aus der LMP1-Klasse ausgestiegen sind, kämpft der japanische Hersteller nun nur noch gegen private Konkurrenz. Und dabei kommt es nicht mehr auf die letzte Tausendstelsekunde bei der Fahrzeug-Performance an. Vielmehr stand bei Toyota die Optimierung der Prozesse ganz oben auf der Agenda. SPEEDWEEK.com unterhielt sich diesbezüglich mit John Litjens dem Chef Designer (offizielle Bezeichnung: Chief Project Leader Race Cars) der LMP1-Boliden von Toyota.

Herr Litjens, erklären Sie uns doch bitte, in welchen Bereichen für 2018 überhaupt noch Änderungen am TS050 Hybrid vorgenommen wurden.

John Litjens: «Als herauskam, dass Porsche 2018 nicht mehr weiterfahren würde, entschieden wir, mit dem Fahrzeugstand von 2017 anzutreten. Es gab jedoch eine Entwicklung bei der Hybrid-Batterie, die wir schon vorher begonnen hatten. Diese haben wir noch fertiggestellt. Hierbei ging es um das Einsparen von Gewicht und um das Handling. Die Batterie wurde von der Klimaanlage gekühlt. Doch der Kompressor der Klimaanlage war mit dem Frontmotor verbunden. Jedes Mal, wenn der Frontmotor getauscht werden musste, betraf das auch die Klimaanlage. Sie musste zunächst mit einem Spezialgerät geleert, im Anschluss getrocknet und zuletzt wieder mit Gas befüllt werden. Dieser Prozess dauerte sehr lange. Man verlor dabei 25 Minuten bis zu einer halben Stunde. Letztes Jahr hatten Porsche und wir in Le Mans das gleiche Problem mit einem Fehler am Frontmotor. Wir haben für die Reparatur jedoch viel mehr Zeit benötigt, da wir ja auch das Klimateil ausbauen mussten.
Die Umgestaltung hatte natürlich einen Effekt auf die komplette Kühlinstallation des Autos. Somit sind 2018 alle Kühler neu - auch der Kühlerschacht und das Bodywork um die Kühler herum. Der Rest des Autos ist zu 2017 gleich.»

Da bedeutet im Umkehrschluss, dass die Aerodynamik des TS050 komplett unangetastet blieb – also auch das Le-Mans Kit?

«Ja, richtig. Es gibt im Reglement ganz kleine Möglichkeiten für Evolutionen. Beispielsweise bei Teilen, die eine konstante Dicke aufweisen. Da haben wir ja Ende der Saison 2017 am High-Downforce-Kit ein Mini-Update gebracht. Dinge, die wir dabei sehen konnten, haben wir auf das Low-Downforce-Kit übertragen. Insgesamt ist die Änderung hier aber nicht einmal ein Prozent des ganzen Autos.»

Durch das Wiedererstarken der privaten LMP1-Riege wurden für die Rennen der FIA WEC aber auch die Stintlängen angepasst. Wie wirkte sich das bei Toyota aus?

«In Le Mans konnten wir, wenn die Temperaturen während des Rennen nicht zu warm waren, Stints von 14 Runden fahren. Die Privatteams schafften jedoch nur zehn Runden. Somit hatten wir einen Vorteil von bis zu vier Runden. Wir haben eingewilligt, herunter zu gehen, sodass wir nun elf Runden fahren können. Dazu wurde die Benzinmenge entsprechend angepasst. Wir mussten den Tank aber nicht umbauen. Er ist schon immer größer konstruiert, als im Reglement erlaubt. Er wird dann einfach mit Plastikbällen aufgefüllt, sodass beim Tankvorgang trotzdem bis oben hin voll gemacht werden kann.»

Inwiefern fanden im Hinblick auf Le Mans weitere Prozessoptimierungen statt?

«Früher legten wir im Wettkampf ganz klar die Priorität auf Performance. Nun haben wir vielmehr auf die Anfälligkeit trainiert. Denn in den letzten Jahren sind wir in Le Mans jeweils an außerordentlichen Rennbedingungen gescheitert. Bei Testfahren übten wir somit beispielsweise Boxenstopps mit Wechsel von Frontmotor, Bremsanlage oder Auspuff. Zweimal fuhren wir auch mit nur drei Rädern aus der Box. Wir wollten sehen, wie das Auto reagiert. Denn es gibt unterschiedliche Drehzahlen und auch die Sensoren reagieren anders.»

Wie wurden die Piloten in diese Prozesse involviert?

Da gibt es ein ganz einfaches Beispiel. An der Windschutzscheibe ist an jeder Seite ein Master-Schalter montiert, der das Fahrzeug komplett ausschaltet und das Getriebe in den Lehrlauf bringt. Bei einem Test habe ich mich ans Ende der Boxengasse gestellt und das Auto anhalten lassen. Ich habe den Fahrer abgelenkt, den Schalter gedrückt und bin einfach weg gelaufen. Ich wollte herausfinden, wie er reagiert. Im Cockpit gibt es einen Reset-Knopf, aber der muss dem Piloten ja erst einmal einfallen. Natürlich haben wir ein großes Handbuch, in welchem alles erklärt ist. Doch eine solche Situation direkt zu erfahren, ist ein komplett andere Sache.»

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