24h Le Mans: Nachlese vom großen Klassiker 2020
Zielflagge für den TS050 Hybrid: Toyota gewann zum dritten Mal in Folge die 24h von Le Mans
Toyota gewinnt die 24 Stunden von Le Mans. Diese Schlagzeile überrascht kaum jemanden. Denn bei nur fünf Fahrzeugen in der LMP1-Klasse (von denen drei private Boliden waren) war das Feld einfach zu dünn besetzt. Für den japanischen Hersteller ist es nach langer Durststrecke bereits der dritte Triumph in Folge – somit darf auch der Siegerpokal behalten werden. Auch die Piloten sind 'Wiederholungstäter'. Sébastien Buemi und Kazuki Nakajima siegten 2018 und 2019 gemeinsam mit Fernando Alonso. Brendon Hartley war 2017 im Porsche 919 Hybrid an der Sarthe erfolgreich.
Schneller im Rennen war jedoch der Schwesterwagen von Mike Conway, Kamui Kobayashi und José María López. Doch ein Tausch des Turbos kostete in der Nacht rund 30 Minuten. Dieses Trio ist in Le Mans einfach vom Pech verfolgt. Wir erinnern uns ans letztes Jahr, als López führend rund eine Stunde vor Rennende eine Plattfuß-Meldung im Display seines TS050 hatte, den Reifen getauscht bekam und eine Runde später nochmals rein musste, da das System den falschen Pneu anzeigte. Conway/Kobayashi/López ist der Le-Mans-Sieg einfach nicht vergönnt – verdient hätten sie es allemal gehabt, oben zu stehen. Es gilt der Spruch, dass sich Le Mans seinen Sieger immer selbst heraussucht.
Schnellstes Fahrzeug im Rennen - zumindest auf eine Runde - war aber tatsächlich der Rebellion R13 von Gustavo Menezes, Norman Nato und Bruno Senna. Denn Senna schaffte in Runde vier die offiziell schnellste Rennrunde mit 3:19,264 Minuten. Die Privatwagen konnten ihre Performance über den Stint jedoch nicht halten. Vor allem im Verkehr verloren sie immer mächtig Zeit gegenüber Toyota. Hier kommt zum Tragen, dass die japanischen Werkswagen mit temporärem Allrad ausgestattet sind und beim Überholen per Knopfdruck einfach etwas Extra-Boost abrufen können.
Beeindruckt hat auch die Zeit von 3:15,822 Minuten, die Rebellion-Pilot Gustavo Menezes in der Hyperpole in den Asphalt gelegt hatte. Auch hier lohnt der Blick auf die Vergangenheit. Die schnellste Zeit eines Porsche 919 Hybrid lag bei 3:16,887 Minuten (Neel Jani - 2015) und die eines Audi R18 bei 3:17,475 Minuten (André Lotterer - ebenfalls 2015). Rebellion hat also (zumindest auf eine Runde) die Performance der deutschen Werkshybrid-Renner überflügelt.
Durch den Sieg in der LMP2-Klasse von Filipe Albuquerque, Philip Hanson und Paul di Resta (United Autosports) holten sich Albuquerque und Hanson bereits vorzeitig den WEC-LMP2-Titel. (di Resta war beim Rennen in Fuji nicht am Start und hat somit ein Punktedefizit). Das Trio hat seit Ende 2019 (Bahrain, Austin, Spa-Francorchamps und nun eben Le Mans) alle Rennen in der Klasse gewonnen – da ist der Titel absolut verdient.
In der GTE-Pro-Klasse konnte diesmal Aston Martin mit dem Vantage AMR von Alex Lynn, Maxime Martin und Harry Tincknell jubeln. Die giftgrünen britischen Boliden waren am Wochenende in Le Mans einfach die schnellsten Fahrzeuge. Lediglich Ferarri konnte einigermaßen mithalten. Porsche war beim Rennspeed chancenlos (hatte aber auch technische Probleme). Hier spielt natürlich die BoP (Balance of Performance) eine große Rolle.
Wobei hier der Blick auf die Vergangenheit eine Merkwürdigkeit offenbart: 2014 siegte Ferrari, 2015 Corvette, 2016 Ford, 2017 Aston Martin, 2018 Porsche, 2019 Ferrari und 2020 jetzt mal wieder Aston Martin. Es wirkt gerade so, dass die BoP in jedem Jahr ein anderes dominierendes Fahrzeug ausspuckt. Komisch oder? Wir tippen an dieser Stelle mal auf einen Corvette-Sieg 2021.
Auch in der GTE Am gab es einen Aston Martin-Triumph. Hier hatte das private Team TF Sport mit Jonny Adam, Charlie Eastwood und Salih Yoluç einen super Job gemacht. Die Klasse war mit 22 Fahrzeugen auch die zahlenmäßig stärkste in Le Mans. Sich dort durchzusetzen, zeugt von hoher Qualität.
Wegen Corona wurde Le Mans bekanntlich in den September gelegt. Viele Bedenkenträger hatten Chaos mit schlechtem Wetter und kalten Temperaturen prognostiziert. All diesen zeigte der Motorsport-Klassiker jedoch die lange Nase. Während der Renndistanz blieb es komplett trocken. Die Temperaturen lagen am Start und bei Zieldurchfahrt bei rund 24 Grad Celsius und in der Nacht nie unter 16 Grad Celsius. Passt also auch.
Zum Schluss natürlich noch der Blick auf die (fehlenden) Zuschauer. Der große Langstrecken-Klassiker musste bekanntlich ohne Fans an der Strecke auskommen. Gerade in Le Mans schmerzt dies doch sehr. Denn die Fans sind es, die Le Mans über die Jahre zu einem so außergewöhnlichen Event gemacht haben. Die leeren Tribünen und Campingplätze zu sehen, war einfach nur bizarr. Hoffen wir, dass 2021 wieder alles beim Alten ist und wieder ein großes Motorsport-Fest gefeiert werden kann. Der Termin steht jedenfalls schon fest: Die 89. Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans findet am 12./13. Juni 2021 statt.