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Le Mans: Audi contra Porsche - Eine Frage der Ehre?

Kolumne von Yörn Pugmeister
Es wirkt ziemlich bizarr, wenn die schönsten Töchter einer Familie aufeinander einschlagen.

Es wirkt ziemlich bizarr, wenn die schönsten Töchter einer Familie aufeinander einschlagen. Brudermord hat sogar Biblisches. Umso verwirrender ist es deshalb zu erleben, wie sich unter den Augen eines fürstlichen Herren und der ganzen Welt die prächtigsten Exemplare seiner Untertanen mit Riesenaufwand prügeln

So arg lange ist es nicht her, dass ein französischer Konzern namens PSA in der Rallye- Weltmeisterschaft vormachte, wie man Geld verbrennt. Vor allem solches, das man nicht hat. Die Familien- Sprösslinge Peugeot und Citroen traten gegeneinander an, überboten sich in Aufwand, beide mit dem Anspruch, sowohl das Image der jeweiligen Marken in Richtung Sportlichkeit zu verbessern und die Abverkäufe zu steigern. Beides gelang nicht: die Löwen von Peugeot zogen die Schwänze komplett ein und Citroen flüchtete sich in die Bedeutungslosigkeit der Tourenwagen- Weltmeisterschaft.
Wenn jetzt Audi und Porsche aus dem Riesenkonzern VW in der Langstrecken- Weltmeisterschaft gegeneinander fahren, dann hat das schon eine ganz andere Dimension: Audi verkauft fast mehr Autos als sie produzieren können, Porsche rennt alljährlich in neue Verkaufsrekorde - Geld spielt keine Rolle. Bei beiden steht auch nicht zu befürchten, dass sie sich aus rein ökonomischen Gründen - wie einst PSA- zurückziehen, ehe da nicht ausgewürfelt ist, was im Bereich des Unterbewussten schwelt. Image heißt das, Stolz oder so - und damit kommen wir zum Thema

Familienprogramm mit Konsequenzen

Es gibt da zwei Herren in Vorder- und Hintergrund des Audi-Porsche-infights, die sind ziemlich verwandt, Cousins nämlich. Zum einen den Wolfgang, der den Namen Porsche trägt. Ein Name, der ein Mythos wurde. Wegen all‘ der schönen Autos, die Porsche heißen.
Dann auch einen Ferdinand, der den Namen Piech führt. Ein Mann, der lediglich sich selbst zum Mythos machte. Aber ein Auto wurde nicht nach ihm benannt, trotz all‘ der unendlichen Verdienste nicht, die er sich um Autos an sich erworben hat.

Beide sind Milliardäre dank Porsche- Familienbasis - doch da enden schon die Gemeinsamkeiten. Wolfgang lernte auf der Stuttgarter Waldorfschule Singen und Überleben an der Odenwaldschule, Ferdi im Schweizer Internat Rationales.

Wolfgang trieb’s bis zum Doktor- Titel in Wien, Ferdinand an die ETH in Zürich. Und während Wolfgang noch studierte, um später Yamaha-Motorräder in Österreich zu vertreiben, hatte Ferdi als technischer Geschäftsführer unter Onkel Ferry in Stuttgart schon die 25 „Weißen Riesen“ des Typs 917 präsentiert. Um wenig später das Porsche- Werk in Zuffenhausen verlassen zu müssen: Laut eines Vertrags von 1972 durfte kein Porsche-Familienmitglied in der Porsche AG tätig sein.

Piech zog aus, nicht zuletzt, um Porsche und dem Namensträger Wolfgang zu zeigen, wo die Harke hängt: Über Daimler und Audi katapultierte er sich hoch ins Wolfsburger Obergeschoss. Als Porsche von VW geschluckt wurde und Wolfgang tränte, stand jener mit dem Spitznamen «Fugen-Ferdl» eiskalt da. Um wenig später als Aufsichtsratschef von VW den über Jahre auf dem Langstrecken-Feld untätigen Porsche- Truppen einen Angriff auf jene, von ihm stets geförderten Audi- Einheiten zu verordnen, die dreizehn Mal die Eisen aus dem Le Mans Feuer gezogen hatten.

Ein Schelm, der Böses dabei denkt

Die Devise des britischen Hosenbandordens passt irgendwie zu der ganzen Situation zwischen Audi und Porsche, hat doch die eigentlich näher liegende Aufgabenstellung einer Attacke gegen jegliche gelbe Gefahr offenbar an Bedeutung verloren. Da lässt der unter dem Sternzeichen des Widders geborene Ferdi hochkarätig Erfolgsgewohnte knochentrocken anrennen gegen jene kaum ausgebufften Kämpfer unter dem Namen des stiergeborenen Wolfgang, der selbst lieber auf dem Familienterrain Schüttgut Traditionen lebt als in der Eiseskälte von Manager – Etagen mit dem Kopf durch Wände zu gehen.

Ein todesmutiger Einhandsegler wurde einmal gefragt, warum er denn um Kap Horn segeln müsse. Er antwortete: «Weil das Horn da ist». Vielleicht lässt sich die Frage nach der Notwendigkeit einer hoch luxuriösen und überaus teuren Auseinandersetzung zwischen zwei Konzerntöchtern ebenso beantworten: Porsche fährt gegen Audi, weil Audi da ist. Man kann sich auch mit der offiziellen Antwort nach dem Sinn dieses Unterfangens zufrieden geben. Die lautet nämlich: Zwei konkurrierende Technologie- Konzepte nebeneinander führen schneller zu neuen Ufern als das noch so flotte Solo-Voranschreiten auf einer Einbahnschiene.

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