24h Le Mans: Die Favoriten für den Sieg - Toyota
Der Toyota TS020 von 1998/1999
Für Toyota haben die diesjährigen 24 Stunden von Le Mans richtungsweisenden Charakter. Nachdem man 2014 als grosser Favorit an die Sarthe gefahren war und durch zwei unglückliche Momente (Crash im Regen und Technikdefekt, der nicht vom Team verursacht war) um den langersehnten Triumph gebracht wurde, fuhr man 2015 der Konkurrenz gnadenlos hinterher – und das (eigentlich) während der gesamten Saison. Doch die Japaner mit Team-Sitz in Köln-Marsdorf reagierten schon während der Saison und entwickelten für 2016 einen komplett neuen Rennwagen.
Mit dem TS050 Hybrid getauften Fahrzeug schlug man völlig neue technische Wege ein: 2,4-Liter-V6-Biturbomotor mit Benzin-Direkteinspritzung - und anstatt von Super-Kondensatoren wird die Elektro-Power (genauso wie bei den Wettbewerbern) in Lithium-Ionen-Batterien gespeichert. Ausserdem stieg Toyota in die 8MJ-Unterklasse des LMP1-Reglements auf. Mit dem neuen Paket soll nun endlich der langersehnte Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans gelingen.
Auf Fahrerseite ersetzte Ex-Formel-1-Fahrer Kamui Kobayashi den im letzten Herbst zurückgetretenen Österreicher Alex Wurz. Er fährt zusammen mit Stéphane Sarrazin und Mike Conway. Im anderen TS050 Hybrid sitzen Anthony Davidson, Sébastien Buemi und Kazuki Nakajima.
Und wie es die ersten beiden Läufe der Sportwagen-WM (FIA WEC) gezeigt haben, scheint das neue Konzept zu funktionieren. In Silverstone hatte man zwar noch ein recht unauffälliges Rennen, war jedoch immer in Schlagdistanz zur Konkurrenz. In Spa-Francorchamps führte Toyota weite Teile des Rennens an, musste dann jedoch an beiden Fahrzeugen vorher noch nie dagewesene Motor-Defekte verkraften. Inzwischen wurde die Ursache dafür jedoch gefunden: Bei der Durchfahrt der legendären 'Eau Rouge' setzten die Wagen auf den Asphalt auf. Die daraus resultierenden Schläge haben die Motoren über die Renndistanz kaputt gemacht.
Die Rennen haben aber gezeigt: Toyota ist vom Speed her voll da. Das hat auch der Vortest zu den 24 Stunden von Le Mans beweisen. Zwar belegte man dort nur die Plätze fünf und sechs, doch das Abspulen von schnellen Rundenzeiten stand auch nicht auf der Agenda. Vergleicht man jedoch die Zeiten des Vortest mit denen aus dem Vorjahr fällt auf, dass Audi und Porsche auf einem ähnlichen Niveau waren wie 2015 (die LMP1 wurden ja von den Regelhütern für dieses Jahr eigentlich etwas eingebremst) Toyota aber einen Sprung von über zwei Sekunden nach vorne gemacht hatte.
Ein weiteres Plus für Toyota könnte die Reifennutzung sein. Die TS050 Hybrid sind sozusagen die Reifen-Flüsterer der Klasse. Nachteil könnte das Aerodynamik-Paket werden. Denn im Gegensatz zu Audi und Porsche ging Toyota beim 6-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps einen anderen Weg – und liess die Le-Mans-Aero zuhause. Somit geht das Aero-Paket ohne Rennerfahrung ins 24-Stunden-Rennen.
Toyota tritt (mit Unterbrechungen) bereits seit 1985 bei den 24 Stunden von Le Mans an. Mit dem 85C fuhr damals beispielsweise auch Satoru Nakajima (Vater des aktuellen Werksfahrer Kazuki Nakajima). Nach den in Japan entstanden 85C, 86C, etc. ging man ab 1991 neue Wege und liess den Toyota TS010 (Renndebüt beim WM-Lauf 1991 in Autopolis) vom Briten Tony Southgate entwickeln, mit dem man 1992 und 1993 an der Sarthe startete. Beim ersten Einsatz in Le Mans schaffte es der Wagen mit Platz zwei sogar gleich aufs Podium. Nachdem dann zunächst wieder ein Prototyp direkt aus Japan aufgeboten wurde (Toyota 94C-V) bzw. 1995/1996 abgeleitete Strassenwagen (Supra LM) kam man für 1998/1999 mit dem TS020 zurück. Dieser wurde genauso wie seine Nachfolger (TS030 Hybrid von 2012/2013, TS040 Hybrid von 2014/2015 und TS050 Hybrid ab 2016) in Köln-Marsdorf entwickelt.
Toyota in Le Mans
Bestes Ergebnis Platz 2 (1992, 1994, 1999, 2013)
Toyota beim Vortest
Nr. 5 (Davidson/Buemi/Nakajima): 3:23,197 Min. - 82 Runden
Nr. 6 (Sarrazin/Conway/Kobayashi) 3:23,721 Min. - 97 Runden