Formel 1: Die Wahrheit über Max Verstappen

Di Resta: Das Formel-1-Aus kam auf der Massagebank

Von Otto Zuber
Paul di Resta

Paul di Resta

Wir stellen in einer dreiteiligen Interview-Reihe den Menschen hinter dem Rennfahrer vor. Im dritten Teil spricht Paul di Resta über den Traum vom Formel 1-Vertrag, die Rückkehr in die DTM und den Kampf am Limit.
Paul, gab es in deiner bisherigen Karriere einen Scheideweg, der entscheidend dafür war, was danach kam? 

Zum Glück war ich nie in besonders schwierigen Situationen. Es gab Zeiten, gerade in der Anfangsphase meiner DTM-Karriere im Jahr 2008, als die Chance bestand, in die GP2 zu gehen, um dort meine Formel 1-Chancen aufrechtzuerhalten - und ich war dem nicht ganz abgeneigt. Ich war in der DTM glücklich und hatte Spaß, aber mein Traum war ganz klar die Formel 1. Aber ich bin froh, dass ich es damals nicht gemacht habe - denn ich habe es später trotzdem dorthin geschafft. Der zweite wichtige Moment war, als meine Formel-1-Zeit bei Force India zum Ende kam. Da fragte ich mich: Was ist jetzt die beste Option für mich? Aber im Hinterkopf wusste ich ganz genau, was ich wollte: Ich mochte die Leute in der DTM und wollte zurück zu Mercedes. Ja, ich hatte viele Angebote, aber manchmal muss man das machen, was dir dein Herz sagt. Und ich bereue die Entscheidung überhaupt nicht. Auch nicht, nachdem Mercedes am Ende des nächsten Jahres aus der DTM aussteigt. Ja, das ist schade, aber gleichzeitig kann die Reise auch in einem anderen Programm gemeinsam mit Mercedes-Benz weitergehen. 

Kannst du dich an den Tag erinnern, als dein Formel-1-Traum in Erfüllung ging? 

Ich kann mich an den Tag erinnern, an dem ich den Vertrag unterschrieben habe. Es war eines dieser schmerzhaften Jahre, in denen ich Ersatzfahrer war. Klar, die Absichten waren da, aber so lange du das Papier nicht in der Hand hältst, kann alles passieren. Um vier Uhr an Heiligabend war es dann soweit - es war ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk. Normalerweise gehe ich an Heiligabend nicht aus, aber an dem Tag sind wir mit Freunden und Familie in den Nachtclub meines Vaters gegangen und haben gefeiert. 

Waren deine Jahre in der Formel 1 so wie du sie dir erhofft hattest? 

Es war schwierig. Force India hatte es als Team nicht einfach, gerade mit Blick auf das Budget, aber auch einige andere Dinge. Aber die Leute im Rennteam sind unglaublich leidenschaftlich. Sie sind der Grund dafür, warum das Team funktioniert. Als Kind bin ich um sechs Uhr früh aufgestanden und habe mir die Rennen angesehen - jetzt bin ich auf einmal selbst um die Welt gereist und Formel-1-Rennen auf diesen Strecken gefahren. Ich lebte meinen Traum. Aber letzten Endes ist eine Qualifying-Runde in einem DTM-Auto genauso spannend wie in einem Formel-1-Auto. Man fährt am absoluten Limit. Natürlich würde ich gerne noch in der Formel 1 fahren, denn das sind die schnellsten Rennautos. Das fasziniert dich als Fahrer. Du gibst diesen Traum nicht auf, aber ich gehöre zu den wenigen Glücklichen, die dieses Ziel in ihrer Karriere erreicht haben. Viele haben das Talent dazu, aber schaffen es gar nicht soweit. Deshalb kann ich zurückblicken und sagen: Ja, ich habe es getan und ich habe es geliebt. 

Wie lange hast du gebraucht, um zu verarbeiten, dass deine Formel-1-Karriere zu Ende war? 

Es war sehr emotional und hart. Ich habe es vor dem Rennen in Brasilien erfahren. Ich lag gerade auf dem Massagetisch und konnte ein Gespräch im Nebenraum mithören, das ich nicht hätte hören sollen. Deshalb war es ziemlich hart, mich an diesem Abend vom Team zu verabschieden. Ich hatte einfach einen Klops im Hals. 

Hast du schon einmal darüber nachgedacht, was du nach deiner Rennkarriere machen möchtest? 

Ich glaube, dafür ist es noch etwas zu früh. Aber ich habe schon immer gesagt, dass ich viel zu lange dabei bin, um urplötzlich ganz mit dem Motorsport aufzuhören. Ich möchte auch nach meinem Karriereende noch in irgendeiner Form im Motorsport involviert sein. Ich habe einfach zu viel Erfahrung, um diese nicht in irgendeiner Form einzusetzen oder weiterzugeben. Vielleicht kann ich jungen Fahrern helfen, die gerade erst am Anfang stehen. Das bedeutet nicht unbedingt als Manager, sondern vielleicht auf technischer Seite oder als Berater. Ich interessiere mich ohnehin sehr dafür, wie ein Team funktioniert. Aber ich denke, dass ich locker noch zehn Jahre im Rennsport vor mir habe. 

Du hast bereits einen zweiten Job als TV-Experte in der Formel 1. Wie kam es dazu? 

Als Rennfahrer sieht man die andere Seite immer ungefiltert. An einem guten Tag sieht man die viele Unterstützung. Aber an einem schlechten Tag, wenn jemand dich den ganzen Tag löchert, siehst du in den Medien die Bösen, die dunkle Seite. Du willst ihnen keine Gefühle zeigen, weil du glaubst, dass sie das gegen dich verwenden werden. Aber sie wollen einfach nur ehrliche Antworten. Am Ende schreiben sie so oder so etwas über dich. Wenn du aber eine gute Beziehung zu ihnen hast und ihnen gibst, was sie möchten, kann es für beide Seiten von Vorteil sein. Du musst auf das Gesamtbild achten und an die Zukunft denken. Ein gutes Verhältnis zu anderen Menschen kann der Schlüssel dazu sein, wie sie dich als Person wahrnehmen. 
 

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