Homologation: Wenn in der DTM nichts mehr geht
Homologation: Von den Testträgern zur finalen Spezifikation
Der 1. April ist für Audi, BMW und Aston Martin ein wichtiges Datum. Denn dann werden die Autos homologiert. Homologation: Ein Begriff, der vor einer DTM-Saison immer mal wieder durch die Gegend geistert.
Doch was bedeutet das genau? Fakt ist: Für die Hersteller ist es ein wichtiger, ein einschneidender Termin, denn vereinfacht gesagt werden die Autos «eingefroren», also der Ist-Zustand nach monatelanger Entwicklungsarbeit festgesetzt. 2019 startet die Tourenwagenserie mit einem neuen Technischen Reglement in eine neue Ära, mit neuen Autos, einem neuen Vierzylinder-Turbo, mehr als 600 PS und einer veränderten Aerodynamik. Im Grunde wird diese neue Ära seit dem Saisonstart 2018 bereits intensiv vorbereitet, abgerundet durch die vergleichsweise frühen privaten Testfahrten von Audi und BMW (November und Dezember sowie März) und die bislang zwei Tests im März von Neueinsteiger und damit Nachzügler Aston Martin.
Homologation heißt in diesem Zusammenhang: Nichts geht mehr, eine technische Weiterentwicklung ist ab dem 1. April nicht mehr möglich, performancerelevante Bauteile können nicht mehr angefasst werden. Ab dann steht die finale Spezifikation der 2019er-Autos. Der Hintergrund ist klar: Kostenintensive Weiterentwicklungen während der Saison sollen verhindert werden.
Denn damit hat man zu ITC-Zeiten in den 90er Jahren genug schlechte Erfahrungen gemacht, als eine regelrechte Technikschlacht zum zwischenzeitlichen Aus der Serie führte. Seit Jahren gehen die Verantwortlichen deshalb den Weg der Einheitsbauteile, verbunden mit der Homologation teurer Performance-Bauteile, also de facto einem Entwicklungsstopp performancerelevanter Bauteile während der Rennsaison.
DMSB führt die Homologation durch
Der genaue Ablauf der Homologation wird vom Deutschen Motor Sport Bund (DMSB) festgelegt, er führt sie auch durch. «Audi, BMW und Aston Martin müssen zum Stichtag am 1. April CAD-Daten unter anderem der Außenhautoberfläche, sprich der luftumströmten Flächen der Autos, abgeben», erklärt Gordian von Schöning, Direktor Sport und Technik bei der ITR, im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. Daneben werden auch die Motorenkontingente der Hersteller zum 1. April homologiert.
CAD bedeutet Computer-Aided Design – ein Verfahren, mit dem die Boliden am Computer dreidimensional konstruiert werden. «Diese 3D-Version ihres DTM-Autos geben sie ab, damit sie vom DMSB geprüft werden kann. Anhand der Außenhaut kann der DMSB erkennen, ob das Reglement vollumfänglich eingehalten wurde», so von Schöning. Jeder Hersteller muss zudem einen Homologationsanhang ausfüllen und vor dem ersten 1. April einreichen.
Nach dem dritten Rennwochenende erfolgt dann die «physische» Abnahme der Autos. Bedeutet: Der DMSB ist an bestimmten Terminen nach diesem Event bei jedem Hersteller vor Ort, nimmt alle individuellen Bauteile ab und dokumentiert, fotografiert, wiegt und legt sie in einen sogenannten Referenzcontainer, der wiederum abgeschlossen und versiegelt wird.
Der DMSB kann im Laufe der Saison zu jedem Zeitpunkt ein Auto an der Strecke (zum Beispiel den Rennsieger) bestimmen, das Auto versiegeln, später mit dem Hersteller zerlegen und die Bauteile mit den dokumentierten Bauteilen aus dem Referenzcontainer vergleichen.
«...dann hat man ein Problem»
Der DMSB verfügt gemeinsam mit DEKRA über eine zuverlässige Messtechnik, mit der die Bauteile gemessen werden. «Als Referenz gilt dann wiederum die hinterlegte Außenhautfläche. Wenn es dann Abweichungen geben sollte, wird derjenige Hersteller disqualifiziert», so von Schöning. Man könnte also nach dem 1. April durchaus noch etwas verändern, nur würde das einer Überprüfung nicht standhalten. Heißt: «Wenn man in der Zwischenzeit etwas verändert hat, hat man ein Problem», stellt von Schöning klar.
Man muss aber dazu sagen: Eine konstruktive Weiterentwicklung mag nicht mehr möglich sein. Die Saison ist bei einem Rückstand aber nicht verloren beziehungsweise das Kräfteverhältnis ist nicht in Stein gemeißelt. Siehe Audi 2018, als die Ingolstädter nach einem desaströsen Start zur Saisonmitte den Turnaround schafften und am Ende mit René Rast nach sechs Siegen in Serie fast noch den Titel geholt hätten.
Mit intensiver Setup-Arbeit und durch das Drehen an Stellschrauben geht immer noch etwas: Speziell am Motormanagement – hier ist lediglich der Funktionsrahmen der sogenannten ECU (Engine Control Unit) von Einheitsbauteil-Lieferant Bosch festgelegt. Das Einstellen der ECU ist über die gesamte Saison möglich.
«Damit kann man im Grunde das ganze Jahr über entwickeln», betont von Schöning. «Die Hersteller werden zwar eingeschränkt, aber es ist möglich, über das Setup die Performance-Unterschiede selbst einzufangen. Wir wollen, dass die Hersteller von einem zum anderen Rennen lernen. Wir wollen nur nicht, dass hohe Kosten entstehen, indem andauernd neue Bauteile gefertigt werden.»