Formel 1: Abschied in der Unterhose

Scheider: «Erzählt nicht irgendwelche Geschichten»

Von Andreas Reiners
René Rast führt die Audi-Armada an

René Rast führt die Audi-Armada an

Timo Scheider hatte es kommen sehen: Vor dem Rennwochenende sprach der zweimalige Meister das Thema Stallorder an. Sie kam dann auch, und zwar geballt.

Timo Scheider hatte einen ziemlichen Wirbel ausgelöst. In seiner Sat.1-Kolumne hatte er es auf Audi abgesehen. Hatte mit einigen Insider-Informationen verraten, wie die Stimmung in Ingolstadt ist. «Feuer unter dem Dach» herrsche dort.

Was vor allem daran liegt, dass die Felle verteilt werden. Heißt: Es wird festgelegt, auf wen im Titelkampf gesetzt wird. Scheider kennt das aus seiner eigenen Karriere, immerhin fuhr er 16 Jahre lang in der DTM, lange auch für Audi, er holte für die Ingolstädter zweimal den Titel.

Vor Brands Hatch war klar: «Wir befinden uns jetzt in der Phase, wo sich Audi und auch BMW auf die Fahrer festlegen, die im Titelkampf unterstützt werden. Das führt intern automatisch zu Diskussionen. Und deshalb ist es auch so, dass einige Audi-Fahrer mit der jetzt einsetzenden Priorisierung der Piloten nicht einverstanden sind.»

Nicht einverstanden war am Sonntag auch Scheider, der sich nach dem zwölften Saisonrennen bestätigt fühlte: Audi spielte nach dem Qualifying mit acht Autos auf den ersten acht Startplätzen Strategie-Schach.

Daneben blieb ein Angriff des Gesamtzweiten Nico Müller auf den Gesamtführenden René Rast aus, obwohl Müller die komplette Schlussphase lang im Heck des Markenkollegen klebte.

«Wenn wir aber schon so weit sind, dass der Erste nicht mehr gegen den Zweiten kämpft, ist das schlicht langweilig», drückte Scheider die Gefühlslage noch freundlich aus.

«Audi verkauft uns freies Racing, ich habe aber ken freies Racing gesehen. Wenn ich in den letzten fünf Minuten extra Leistung und DRS habe, dann nutze ich das, wenn ich ein Rennen gewinnen kann oder will. Meine Meinung: Nico war schneller, er hätte es probieren können, er durfte aber nicht.»

Scheider weiß, wie das Titelgeschäft läuft. Dass Audi an erster Stelle steht. Rast selbst hatte die Denke nach dem Samstagsrennen offenbart, als er gefragt wurde, wer Meister wird: «Hoffentlich ein Audi.»

Deshalb wird Risiko vermieden. Was bis zu einem gewissen Grad verständlich sein mag. Wenn aber auf das Titelduell schlechthin verzichtet wird, bleibt auch das Verständnis auf der Strecke.

«Wir haben ein Prozessionsfahren bei Audi gesehen, was in Sachen Meisterschaftsentscheidung für Audi richtig ist. Die machen alles richtig, um den Titel zu gewinnen, damit ihn Rene Rast holen kann», sagte Scheider.

Ihn ärgert aber, dass so getan wird, als könnten die Titellandidaten untereinander frei fahren. Rast Prio 1, Müller nur 2, so ist die Wirklichkeit. Das solle man so auch sagen, fordert Scheider: «Dann ist das klar kommuniziert, und keiner hat die Hoffnung, dass Nico Müller angreifen kann. Das machen sie nicht. Punkt. Man gewinnt nur Meisterschaften als Team zusammen, mit Unterstützung von allen Teamkollegen, völlig legitim, völlig in Ordnung. Aber kommuniziert das bitte auch so offen und erzählt da draußen nicht irgendwelche Geschichten.»

Die Aussage von Müller, er habe konservativ gehandelt und auf den Reifendrop seines Konkurrenten gewartet, will Scheider so nicht akzeptieren. Und auch nicht glauben.

«Nico hätte sicher gewinnen wollen, wenn die Vorzeichen in den Meetings andere gewesen wären. Ich lass es mal so im Raum stehen, ich kenne aus eigener Erfahrung, wie das läuft.» Nämlich so, wie es am Sonntag am Ende lief.


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