HWA will Kohle: R-Motorsport weist Forderungen zurück
Das DTM-Projekt von R-Motorsport und HWA hat ein Nachspiel
Die Gerüchte gab es schon länger. Sie kamen immer mal wieder auf, Fakten dazu wurden aber nicht auf den Tisch gelegt. Es war so, wie das manchmal eben so ist bei Trennungen: Man liegt sich dann nicht unbedingt in den Armen, will auch eigentlich keine Schlammschlacht, Verstimmungen sickern dann aber doch irgendwie durch.
Nebengeräusche und Spekulationen kann man selten verhindern, auch wenn Details eigentlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen. Vieles liegt dann in der Natur der Sache, wenn man getrennte Wege geht. Das war im Zuge des offiziellen Endes der Zusammenarbeit zwischen R-Motorsport und HWA im vergangenen Oktober nicht anders.
Man muss klar sagen: Von R-Motorsport-Teamchef Florian Kamelger und auch von HWA-CEO Ulrich Fritz gab und gibt es keine verbalen Grätschen, beide gehen nach außen hin zurückhaltend-höflich mit der doch recht flotten Scheidung nach nur einem Jahr in der DTM um. Keine Vorwürfe, keine schmutzige Wäsche.
Streit hinter den Kulissen?
Gerüchte, dass es in dem gemeinsamen Projekt finanziell nicht stimmte, hielten sich trotzdem hartnäckig. Auch von Streit war hinter den Kulissen immer wieder die Rede, und das bereits vor der offiziellen Trennung.
So hieß es zum Beispiel, dass Rechnungen von R-Motorsport nicht wie vereinbart bezahlt worden seien, zum Beispiel in einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Das renommierte Blatt musste eine Stellungnahme von R-Motorsport veröffentlichen, die dem widersprach. Im Gespräch mit SPEEDWEEK.com bekräftigte R-Motorsport-Teamchef Florian Kamelger nochmals, dass das Gerücht, dass Rechnungen der HWA an die Vynamic GmbH von dieser nicht wie vereinbart bezahlt wurden, nicht den Tatsachen entspreche.
Kamelger: «Nach Beendigung des DTM-Engagements der Vynamic GmbH, des Joint Ventures von AF Racing und HWA, haben sich die beiden Partner darauf geeinigt, die letzten noch offenen Themen zu verhandeln, weil bis dato kein gemeinsamer Nenner gefunden werden konnte. Das ist immer noch der aktuelle Status.»
Solide finanziert
Beim Ausstieg von R-Motorsport aus der DTM am 24. Januar hatte Kamelger bereits erklärt, dass es keine finanziellen Ungereimtheiten gegeben habe: «Das Projekt war solide finanziert.» Es habe der gemeinsame unternehmerische Nenner gefehlt, betonte er. Deshalb sei es zur Trennung mit HWA gekommen. Den eigenen Rückzug begründete er mit mehreren Faktoren wie den zu hohen Kosten, verbunden mit dem geringen sportlichen Ertrag.
In der vergangenen Woche kamen dann plötzlich aber doch Zahlen auf den Tisch. Und die sorgten für Wirbel in der Szene, denn HWA verkündete per Börsenmitteilung zum einen eine Gewinnwarnung und ein Unternehmens-Minus für 2019 in Höhe von neun Millionen Euro. Zur Erklärung: Zu dieser Mitteilung ist HWA, da man an der Börse notiert ist, verpflichtet.
Dickes Loch in der Bilanz
Gleichzeitig ließ man die Hosen noch ein Stück weiter runter und verriet, dass das DTM-Projekt ein dickes Loch in die Bilanz gerissen hat. «Im Zusammenhang mit dem Joint Venture und den Aktivitäten der HWA AG für das DTM-Projekt in 2019 hatte die HWA AG einen entsprechenden Kostenaufwand, der nach aktuellem Stand von den Partnern in der DTM nicht kompensiert wird. Den in der HWA AG entstandenen Verlust des DTM Projektes trägt demnach die HWA AG alleine, was insgesamt einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag ausmacht», hieß es in der Börsen-Mitteilung.
Inklusive Ankündigung: «Gegenüber den Partnern des DTM-Engagements verfolgt der Vorstand der HWA AG die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.»
HWA hat eine betreuende Kanzlei eingeschaltet, die sich juristisch um das ganze Thema kümmert, hatte Fritz zuletzt erklärt: Fakt ist: Man will keinen Rechtsstreit, «denn wir sind daran interessiert, uns außergerichtlich zu einigen. Wir wollen keinen riesigen Gerichtsstreit, aber inwieweit wir uns da einigen können, das wird sich in den nächsten Wochen und Monaten herauskristallisieren».
Aufgrund der laufenden Gespräche will sich HWA nicht weiter zu dem ganzen Komplex äußern. Es bleibt also zum Beispiel unklar, wie sich die Kosten zusammensetzen, warum diese so hoch sind und wie viel Schadenersatz man denn genau fordert.
Aber keine Frage: Das Projekt war aus HWA-Sicht länger als nur ein Jahr geplant und daher mit einem entsprechenden Aufwand verbunden. HWA hatte die insgesamt fünf Aston Martin Vantage DTM und die Motoren gebaut, dazu das Einsatzteam gestellt. In dem Glauben, dass man mehr als eine Saison fährt.
Kompliziertes Konstrukt
Was man dazu wissen muss: Das DTM-Konstrukt ist nicht ganz simpel. So haben das Motorsport-Unternehmen AF Racing um Kamelger und seinen Geschäftspartner Andreas Baenziger mit dem eigenen Rennteam R-Motorsport sowie HWA vor dem Einstieg in die DTM die Vynamic GmbH gegründet. In dem Joint Venture Vynamic gab es nicht nur die DTM als Projekt, allerdings befindet sich das Joint Venture inzwischen in der Auflösung.
Auch bei R-Motorsport will man das Ganze eigentlich nicht öffentlich austragen. Die Schadenersatzankündigung sorgte dann aber für Stirnrunzeln und stößt auf wenig Gegenliebe, weil der Eindruck entsteht, dass man HWA auf einem Schuldenberg sitzen lässt, was in der Komplexität der ganzen Sache offenbar zu einfach ist.
Kurz gesagt: Die Forderungen werden zurückgewiesen.
«Schadenersatzansprüche der HWA sehen wir nicht», sagte Kamelger, der den Standpunkt folgendermaßen erklärt: «Die AF Racing AG hat keine Verpflichtungen gegenüber der HWA aus dem DTM-Engagement. Und die Vynamic GmbH, welche in der DTM engagiert war, ist ein Gemeinschaftsunternehmen von HWA und der AF Racing AG, bei dem beide Gesellschafter gleichermaßen in der Verantwortung stehen. Wenn aus dem Vynamic Joint Venture ein Verlust entsteht, trifft das beide Partner gleichermaßen. Wenn also über die Verluste der HWA geschrieben wird, sollte entsprechend erwähnt werden, dass es einen korrespondierenden Projektverlust der AF Racing AG gibt.»
«Der Unterschied ist lediglich, dass der Verlust der AF Racing AG nicht öffentlich ausgewiesen wird, da unser privat geführtes Unternehmen dazu nicht verpflichtet ist. Ein unternehmerischer Verlust der HWA aus dem Vynamic Joint Venture begründet aber keinen Schadenersatzanspruch der HWA gegenüber der Vynamic GmbH oder der AF Racing AG.» Keine Frage: Die Lage ist kompliziert, weshalb sich auch Anwälte damit befassen.
Nach einer schnellen Einigung sieht es also erst einmal nicht aus. Möglicherweise muss dann doch ein Gericht klären, wer Recht hat. Wie das bei Trennungen manchmal so ist.