R-Motorsport: Audi-Ausstieg zeigt fragiles DTM-System
Aston Martin hat sich im Januar aus der DTM zurückgezogen. Am Ende nicht mehr überraschend, dafür aber sehr spät. Damals, ganz zu Beginn der Coronakrise und noch Wochen vor dem Audi-Ausstieg, sah DTM-Chef Gerhard Berger den Verlust relativ nüchtern.
Vor allem auch gemessen an dem mageren sportlichen Erfolg des Schweizer Privatteams R-Motorsport, das nur eine Saison lang mitmischte und oft ohne Punkte und am Ende ohne Podestplätze blieb. «Ehrlich gesagt konnte Aston Martin nicht ums Podium kämpfen - darum ist es wie ein Schönheitsfehler», hatte Berger Anfang März erklärt.
Eine Aussage, die bei R-Motorsport offenbar nicht gut ankam. Denn Teamchef Florian Kamelger kritisierte in den Stuttgarter Nachrichten, dass dies «sicher kein Ausdruck von Wertschätzung unseres Engagements für die Serie» gewesen sei. Kamelger betonte in dem Zusammenhang nochmals, dass man der Serie mit dem vorgezogenen Einstieg (2019 statt wie geplant 2020) habe helfen wollen.
Nun ist nicht nur Aston Martin weg, auch Audi wird sich nach der Saison 2020 zurückziehen, die DTM steht damit vor einer ungewissen Zukunft. Für Kamelger ist das Audi-Aus auch ein zusätzlicher Beweis dafür, wie schwierig es war, das eigene Engagement umzusetzen. Und «wie fragil das auf Hersteller-Werksengagements basierende DTM-System ist», so Kamelger.
«Wenn es schon der Sportabteilung eines so großen Unternehmens wie Audi nicht möglich erscheint, eine DTM-Teilnahme im Konzern und der Öffentlichkeit glaubhaft zu rechtfertigen, so kann man leicht nachvollziehen, dass es für R-Motorsport ohne einen großen Hersteller im Rücken oder einer wirkungsvollen Unterstützung durch die ITR und deren Partner fast unmöglich ist, ein DTM-Programm darzustellen», so Kamelger.
R-Motorsport hatte laut eigener Aussage von 20 Millionen Euro zur Verfügung, Audi und BMW haben mindestens das Doppelte zur Verfügung. Wobei man sagen muss: Diese Unterschiede waren den Verantwortlichen auch vor dem Einstieg klar. Deshalb hatte Kamelger immer wieder darauf gedrängt, dass die Kosten weiter gesenkt werden sollen. Zwischen zwei und drei Millionen Euro kostet der Einsatz eines Class-1-Boliden für eine Saison.
Er geht deshalb davon aus, dass Privatteams die DTM meiden werden, nicht nur durch die generell herausfordernde Finanzierung, sondern auch durch die Coronakrise, die wirtschaftliche Probleme rund um den Motorsport noch verstärken wird.
«Wichtige Gründe für den fragilen Zustand der DTM sind unserer Meinung nach neben den hohen Kosten vor allem das Fehlen einer realisierbaren Vision für die zukünftige Entwicklung der Serie. Wohin soll die Reise gehen? Wie stellt sich die Serie den Herausforderungen für die Zukunft wie Elektrifizierung und anderer Energieformen wie synthetischem Kraftstoff und Wasserstoff? Wir haben ein Konzept in Form eines Videos gesehen, an der konkreten Umsetzbarkeit hätte man aber stark arbeiten müssen», sagte Kamelger.
Die jüngste Entwicklung der DTM habe gezeigt, dass der reine Werkssport allenfalls in der Formel 1 und in der Formel E eine solide Basis habe, glaubt Kamelger. «Als Alternative für den Sport mit weitgehend unabhängigen Teams bietet sich unserer Meinung nach nur der Kundensport mit GT-Fahrzeugen an wie er beispielsweise in der GT World Challenge Europe auf internationaler und im ADAC GT Masters auf nationaler Ebene mit Erfolg und großen Teilnehmerfeldern betrieben wird. Deshalb haben wir seit diesem Jahr unser Motorsport-Engagement komplett auf GT-Wettbewerbe ausgerichtet - und werden dies nach Ende der Coronavirus-Pandemie in Zukunft auch noch verstärkt tun.»