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Cockpit-Kampf in der Krise: «Es ist die dümmste Zeit»

Von Andreas Reiners
Wie geht es für die Fahrer weiter?

Wie geht es für die Fahrer weiter?

Unter der Corona-Krise leidet auch der deutsche Motorsport. Die Serien, die Teams, die Fahrer. Für die Piloten ist der Kampf um die Cockpits kein Selbstläufer.

Fabio Scherer mag ein Rookie sein. Blauäugig ist der Schweizer nicht. Er weiß, dass er langsam damit anfangen sollte, abzuliefern, denn viel Werbung für sich selbst konnte er noch nicht machen. Er ist der einzige Fahrer in der DTM, der noch keinen Punkt geholt hat.

Das Wichtigste ist deshalb, dass er noch Highlights setzen kann. Denn die Saison kommt in eine Phase, in der die Weichen für 2021 gestellt werden. Dabei ist vieles anders als früher. Denn unter der Corona-Krise leidet auch der deutsche Motorsport. Die Serien, die Teams, die Fahrer.

Fakt ist: Durch die Krise wird alles nicht nur schwieriger, es verschiebt sich auch. So spät wie nie können sich die Piloten in Stellung bringen, was auch daran liegt, dass sich jüngst erst entschied, dass die DTM als Plattform bestehen bleibt.

Unklar ist aber, ob sie für die Fahrer interessant bleibt. Denn die DTM erhält ab 2021 nicht nur ein neues (GT3)-Reglement, sondern auch ein neues Konzept, weg vom Hersteller-, hin zum Kundensport. Im Fokus stehen nun also Privatteams, die den Einsatz irgendwie finanzieren müssen.

«Es ist die dümmste Zeit, als junger Nachwuchsfahrer im Profirennsport anzukommen. Es gibt so viele Fahrer wie noch nie und die Kategorien, in denen man Geld verdienen kann, werden weniger. Es ist hart. Man muss sich Gedanken machen, was noch Sinn macht», sagte SchererSPEEDWEEK.com. Er fährt für das Audi-Kundenteam WRT und hat einen Sponsor im Rücken, der seinen Platz mitfinanziert. Doch natürlich sind auch Sponsoren von der Krise betroffen.

Weshalb sich wiederum die Teams mit Zusagen zurückhalten, ob sie in der neuen DTM an den Start gehen werden. Eine Werksunterstützung von Audi und BMW wie bislang wird es nicht mehr geben. «Wir fangen an, mit den Teams zu sprechen, sie müssen sich organisieren, wie sie eine Teilnahme finanzieren können. Wir müssen sehen, wie wir sie unterstützen können, damit Autos in der Startaufstellung stehen. Aber es ist weit entfernt von einer Werksunterstützung, es ist viel mehr ähnlich wie im Kundensport, wo man auch Unterstützung erhält», bringt es Audis Motorsportchef Dieter Gass auf den Punkt.

Nicht auszuschließen ist zum Beispiel, dass Audi die Werksfahrer vermittelt und auch weiter bezahlt, oder auch nur zum Teil. Eine Entscheidung ist da aber noch nicht gefallen.

Die Fahrer bleiben deshalb unverbindlich. «95 Prozent der DTM-Fahrer werden bezahlt. Mal sehen, wie es im kommenden Jahr läuft, wie die Hersteller den Privatteams helfen werden. Und wie viel Geld es da geben wird», sagte Audi-Routinier Loic Duval. Brauchen die Teams Paydriver, also Fahrer, die Geld mitbringen? Oder sollen die Fahrer bezahlt werden? Für die Piloten natürlich die essentielle Frage. «Das spielt eine Rolle, denn darauf basiert unser Leben, damit wir unsere Rechnungen bezahlen können. Selbst wenn wir das Racing lieben, können wir das nicht kostenlos machen», so der Franzose.

Selbst die etablierten Fahrer wie der zweimalige Meister Marco Wittmann hängen in der Luft. «Die Plätze im Motorsport sind begrenzt», weiß der BMW-Pilot, der allerdings noch einen Vertrag für 2021 hat. Sowieso sollten Fahrer wie er, Titelverteidiger Rene Rast oder Gesamt-Spitzenreiter Nico Müller wenig Probleme bei der Cockpit-Suche haben. Die Gespräche beginnen jetzt, in den kommenden Wochen werden Nägel mit Köpfen gemacht. «Wir schauen uns unsere Programme an und verteilen die Fahrer auf die Programme», sagte BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt, der zum Beispiel für die Formel E noch einen Fahrer neben Maximilian Günther benötigt. Philipp Eng soll da der Favorit sein. «Man muss jetzt über den Tellerrand hinausschauen, was Sinn macht», weiß Wittmann.

Auch Müller ist zurückhaltend. Das freie Audi-Cockpit in der Formel E dürfte an seinen Markenkollegen Rast gehen, er selbst fuhr in der zurückliegenden Saison für Dragon.

Wie es weitergeht? Ist offiziell offen. Und ja, dass Interesse ist da an der neuen DTM. Verbunden mit dem in diesen Tagen üblichen Aber: «Wir müssen schauen, welche Teams zusagen, mit welchen Herstellern sie zusammenarbeiten. Es sind noch viel Punkte offen, die eine Entscheidung aus Fahrersicht beeinflussen können.»

Jeder Fahrer hat seine eigene Herangehensweise. Ferdinand Habsburg vertraut zum Beispiel auf seinen Glauben. Seit dem plötzlichen Ausstieg von Aston Martin weiß er, wie es sich anfühlt, wenn man plötzlich, von jetzt auf gleich, ohne Cockpit da steht.

«Stress ist nur, dass deine Erwartungen höher als deine Kapazität sind. Du musst darauf vertrauen, dass du deine Kapazitäten auslotest und der Rest von alleine kommt. Wenn ich mich stressen würde, würde es bedueten, dass ich meine Erwartungen ins Universum geschickt habe», sagte er SPEEDWEEK.com.

Er absolviert eine etwas wilde Saison bei WRT, mit einigen Highlights, aber auch Patzern. Unter dem Strich zeigt er, dass er seinen Platz in der DTM verdient hätte. «Ein Christ glaubt daran, dass zum richtigen Zeitpunkt alles klappt. Man kann nur so viel machen, wie man machen kann. Es gibt im Leben ein Element von Vertrauen, dass es passiert, wie es passieren soll», so Habsburg.


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