Martin Tomczyk: «Habe wieder neu Blut geleckt»
Mit BMW ins Trainingslager: Martin Tomczyk
Herr Tomczyk, mit BMW geht es jetzt ins Trainingslager nach Italien. Wie wichtig ist Teambuilding in der DTM?
Für mich oder auch für BMW ist es extrem wichtig. Wir sind da in guten Händen und es ist immer schön, wenn alle Fahrer zusammenkommen. Wir machen ausgiebige Fitnesstests, aber der Spass kommt auch nicht zu kurz und man versucht, im Team verschiedene Sportarten zu machen. Es ist einfach wahnsinnig schön, eine Woche zusammen zu sein und mal nicht nur über Motorsport zu reden, sondern sich auch ein bisschen abseits auszutoben. Das Ganze schweisst sehr zusammen. Vor der Saison ist das genau das Richtige, um sich einzustimmen und auch noch mal das Teambewusstsein zu stärken.
Sie geben Motivationskurse. Machen Sie das für das Team auch?
Nein. Ich beschränke mich da auf andere Unternehmen und versuche, denen den Motorsport näher zu bringen und die Verbindung zum Motorsport herzustellen. Denn der Teamgeist darf in keinem Unternehmen fehlen. Wir bei BMW wissen genau, wie wichtig das Zusammengehörigkeitsgefühl ist; deswegen machen wir so eine Woche.
Wie lernt man Motivation?
Am besten lernt man sie, wenn man die richtige Leistung bringt, dann ist die Lektion automatisch da. Wenn das nicht der Fall ist, kann man auch durch solche Events die Motivation stärken. Ich glaube, da ist der Motorsport das beste Beispiel dafür. Das versuche ich zu vermitteln.
Sie gehen jetzt in Ihr 13. DTM-Jahr. Was hat sich alles verändert?
Sehr viel. Ich habe mir zuletzt wieder ein Video angesehen von meinem ersten Rennen 2001, da wird das sehr deutlich. Das Auto hat sich weiter entwickelt, aber auch die ganze Organisation oder die Boxenstopps. Auch die Formate der DTM haben sich verändert: Von Sprintrennen auf ein Rennen über stehenden Start, über fliegenden Start oder das ganze Wochenend-Programm. Vom Grundsatz her hat sich aber nie etwas verändert. Das DTM-Auto ist immer ein DTM-Auto geblieben mit den ganzen Weiterentwicklungen. Und die Spannung war eigentlich jedes Jahr genauso hoch wie der Nervenkitzel in einem DTM-Auto selbst.
Wie fällt Ihr Fazit aus?
Ich kann glücklich sein. Ich bin damals als jüngster DTM-Pilot aller Zeiten eingestiegen und mittlerweile einer der dienstältesten DTM-Piloten, und das Ganze mit 31 Jahren. Ich bin natürlich überglücklich, so lange dabei sein zu können. Mit dem Wechsel zu BMW letztes Jahr habe ich den richtigen Schritt gewählt. Ich fühle mich dort wohl und habe wieder neu Blut geleckt. Das ist nach so langer Zeit auch wichtig und mir ganz gut gelungen.
Wie lange wollen Sie noch fahren?
Für mich ist das recht einfach: Solange ich schnell bin und solange ich Spass daran habe. Denn der Spass darf bei der ganzen Ernsthaftigkeit nicht fehlen, und der ist nach wie vor immer noch sehr präsent. Diese zwei Faktoren sind ausschlaggebend, wenn ich mir irgendwann überlege, ob es nicht besser ist woanders hin zu wechseln oder mit dem Motorsport aufzuhören. Aber ich glaube, dass ich noch sehr lange Spass am Motorsport haben werde.
Was ist Ihnen lieber: Jäger oder Gejagter?
Nach meinem Wechsel zu BMW waren die Prioritäten von Anfang an andere. Für uns hiess es, ein Auto zu entwickeln. Für mich war alles neu bei BMW, und da vergisst man sehr schnell, dass man eigentlich die Nummer 1 auf dem Auto hat. Deswegen war die Titelverteidigung am Anfang gar nicht so präsent, sondern die Tatsache, dass wir unser Auto schnell konstant und siegfähig machen müssen. Zum Saisonstart war mir klar, dass wir ein siegfähiges Auto haben. Dann hab’ ich natürlich auch umgedacht und geschaut, dass die Nr. 1 auf dem Auto bleibt. Ich weiss, wie es ist, die Nummer 1 auf dem Auto zu haben. Es ist ein verdammt gutes Gefühl, und deswegen spornt es mich als Jäger dementsprechend mehr an dieses Jahr.
Was war für Sie in all den Jahren DTM das Highlight?
Ganz klar die Meisterschaft 2011 im Vorjahreswagen zu gewinnen. Es gab aber auch Einzelergebnisse wie 2006: Den ersten DTM-Sieg in Barcelona, den vergisst man nicht. Man erlebt sehr viele Highlights in der DTM, wenn man weiss, wie stark umkämpft die DTM und wie schwierig es ist, immer konstant vorne mitfahren zu können. Deswegen sollte man sich als Fahrer die Zeit nehmen und gewisse Momente eben dementsprechend geniessen. Wer weiss, wann sie wiederkommen.
Und was war der bitterste Moment?
In 13 Jahren erlebst du viele bittere Momente. Das hat mich sehr geprägt in den letzten 13 Jahren. Es hat sehr viele Höhen und Tiefen bei mir gegeben. Aber das Wichtigste ist, dass du danach immer wieder aufstehst und sagst: ‹Hey, jetzt greifen wir an.› Das macht dich dann letztendlich stärker und macht dich zu einem kompletten Rennfahrer. Der bin ich definitiv geworden.