Kritik an DTM-Rennleitung: «Dann tut sich einer weh»
Robert Wickens schießt Timo Scheider und Nico Müller ab
«Das geht nicht. So können wir auf der Rennstrecke nicht fahren. Und da wird sich früher oder später auch mal einer wehtun», sagte Gass im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.
Auslöser war der Zwischenfall zwischen Nico Müller und Christian Vietoris beim vergangenen Saisonrennen. Der Mercedes-Mann hatte den Schweizer in einer schnellen Kurve von der Strecke geräumt und war straffrei davongekommen. Diese Entscheidung hatte bereits Müller auf die Palme gebracht (Zum Bericht).
Auf dem Nürburgring hatte zuvor Robert Wickens zunächst Audi-Routinier Timo Scheider abgeschossen, der dann wiederum in Müllers Auto gekracht war. Aus für beide Audi-Piloten, Mercedes-Pilot Wickens ging straffrei aus.
«Das ist komplett der falsche Weg. Ich bin überhaupt nicht einverstanden damit. Und da müssen wir wieder auf einen Weg zurück, auf dem wir eigentlich früher gewesen sind. Wir haben in der Vergangenheit durchaus gute und richtige Entscheidungen gehabt, um – sagen wir mal – die Fahrerei auf der Strecke ein bisschen im Rahmen zu halten», so Gass.
Doch es fällt auf, dass in den letzten Rennen das «no further action», also der Hinweis, dass die Rennleitung nach einer Untersuchung nichts unternehmen wird, öfter zum Einsatz kommt. Was wiederum dazu führt, dass die Piloten ihre Möglichkeiten natürlich austesten. «Rennfahrer lernen. Und wenn die sehen, dass man einem anderen in die Kiste fahren kann, ohne dass man dafür bestraft wird, dann machen sie das natürlich», so Gass.
Negativer Höhepunkt des Strafenärgers in dieser Saison war der Eklat um Robert Wickens in Spielberg, als Mercedes den Kanadier die Durchfahrtsstrafe wegen eines angeblichen «Unsafe Realease» nicht antreten ließ und er disqualifiziert wurde. Danach beschwerte sich Mercedes durch einen offenen Brief in aller Öffentlichkeit über die fehlende Durchgängigkeit bei den Strafen. Seitdem wirkt es, als halte sich die Rennleitung bewusst zurück. «Da ist möglicherweise ein Zusammenhang. Ob das ursächlich zusammenhängt, vermag ich nicht zu beurteilen», sagte Gass.
DMSB-Sprecher Michael Kramp bestätigte gegenüber SPEEDWEEK.com, dass sich seit der Kritik nach Spielberg tatsächlich etwas verändert hat. «Dass wir eher etwas nach dem Rennen verhandeln. Denn nach dem Rennen kann man noch eine Incident-Kamera zusätzlich auswerten», so Kramp.
Einen Zusammenhang zwischen dem offenen Brief und den Entscheidungen in den letzten Rennen oder gar Absicht sieht er jedoch nicht. «Es fließen bei der Beurteilung immer verschiedene Informationen ein: die Erfahrungen aus den Fällen der bisherigen Saison. Und die Meinung des jeweiligen Race-Consultants.» Es gebe aber keine Order, dass man weniger kleinlich vorgehen solle. «Man muss sich ans Reglement halten. Da ist immer ein gewisser Spielraum drin. Aber da ist kein System dahinter, weniger Strafen zu verhängen als vorher.»
So oder so, es muss sich in der kommenden Saison etwas tun. «Wir wollen kein Rodeo betreiben. Ziel muss sein, dass wir die Nebenkriegsschauplätze in den Griff bekommen und vernünftig regeln. Es muss den einen oder anderen Kontakt geben können. Aber was ich nicht sehen möchte: Dass Fahrer anderer Hersteller unsere Autos abschießen und straffrei bleiben», betonte Gass.