DTM-Baustellen 2017: Stimmiges «Gesamtpaket» gesucht
Die DTM 2017: Einige Baustellen
Gut Ding will Weile haben, sagt man. In der DTM kommt es nicht selten vor, dass Entscheidungen über Monate reifen, ehe sie endgültig getroffen werden. Nicht immer trifft dann eingangs erwähnter Spruch zu, denn Weile bedeutet nicht immer Gut Ding.
Die viel diskutierten Performance-Gewichte aus der Vorsaison sind dafür ein gutes Beispiel. Sie sind aber gleichzeitig auch ein gutes Beispiel für die sogenannten Stellschrauben, an denen gedreht wird. Die Regelung der Gewichte wurde vor der aktuellen Saison intensiv überarbeitet, inzwischen spricht niemand mehr darüber. Vor allem nicht negativ.
Für 2017 hat sich die DTM allerdings einiges vorgenommen, es sind zahlreiche Baustellen, die in Angriff genommen und seit Monaten diskutiert werden. Es ist das ebenfalls eingangs zitierte «Gesamtpaket», das für die kommende Saison geschnürt werden soll. Seit Monaten diskutieren die Hersteller, wie die einzelnen Baustellen oder Bausteine der neuen DTM zusammengefügt werden können. Auf der eine Seite, ohne die Kosten aus dem Rahmen fallen zu lassen. Auf der anderen Seite aber auch ohne die DTM kaputt zu sparen.
SPEEDWEEK.com gibt einen Überblick, woran die DTM derzeit arbeitet.
Autos:
2017 sollen nur noch sechs Autos pro Hersteller an den Start gehen. Neben den Kosten für die Boliden würden BMW, Audi und Mercedes unter anderem auch den Aufwand für das Personal einsparen können.
Denn nicht nur die Fahrer würden ihre Jobs in der DTM verlieren, sondern wohl auch mindestens ein komplettes Team pro Hersteller. Von rund acht Millionen Euro ist die Rede, sollte auf zwei Autos pro Hersteller verzichtet werden.
«Es ist ein Weg, wie man einfach und schnell Kosten reduzieren kann. Die DTM muss für die Hersteller ein erschwingliches Produkt sein, bei dem der Preis und der Gegenwert für die eingesetzten Mittel stimmen müssen», sagte Mercedes’ DTM-Leiter Ulrich Fritz: «Ich sage nicht, dass die 18 Autos die Königslösung ist. Aber wir müssen Wege finden, wie der Sport erschwinglich bleibt. Da gehört Kostenreduktion dazu.» Sein Kollege von Audi, Dieter Gass, stellte klar: «Es geht rein um die Kosten. Wenn wir nicht sparen würden, wäre die DTM schon längst kaputt.» Eine endgültige Entscheidung soll am Freitag im Rahmen des Rennwochenendes auf dem Nürburgring getroffen werden.
Reglement:
Die DTM will 2017 Autos, die noch spektakulärer sind, die das Racing noch besser machen und den Fahrer noch mehr in den Vordergrund stellen. Und da gilt es, an drei Stellschrauben zu drehen.
Denn der aktuelle Vorwurf lautet: Zu viel Aerodynamik, zu viel Grip und zu wenig Power. Die Fahrer bemängeln, dass die Autos grundsätzlich zu einfach zu fahren seien, bei der kleinsten Berührung aber oft unfahrbar würden. «Daran müssen wir über das Technische Reglement drehen, aber so, dass die Kosten nicht davonfliegen», sagte BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt.
Gary Paffett formulierte seinen Wunsch für 2017 so: «Wir brauchen drei Dinge: Weichere Reifen, die abbauen. Denn die Performance des Autos ist zu konstant während der Rennen. Überholen ist somit unmöglich, weil die Rundenzeiten praktisch identisch sind. Haben wir aber einen weicheren Reifen, der abbaut, muss der Fahrer auf die Reifen achten und es kommt zu unterschiedlichen Rundenzeiten und somit auch zu Überholmanövern. Gleichzeitig wird so auch die Strategie wichtiger und interessanter. Um das Griplevel der Reifen zu kompensieren müssen wir zudem den Abtrieb ein wenig reduzieren. Je mehr Abtrieb man hat, desto mehr Abtrieb verliert man, wenn man hinter einem Auto herfährt. Was wir ebenfalls brauchen, sind mehr PS. Für das Griplevel, das wir haben, sind die Autos zu unterpowert. Aus Aerodynamik-Sicht: Weg mit den ganzen Flicks! Sie sehen vielleicht toll aus, aber wenn man im Moment ein anderes Auto nur leicht berührt, verliert man zwei oder drei Zehntel pro Runde. Dein Rennen ist damit im Endeffekt beendet. In der DTM brauchen und wollen wir aber Duelle Reifen an Reifen, Lackaustausch. Im Moment sind die Autos genauso fragil wie ein Formel-1-Auto.»
Reifen:
Nach dem Rennwochenende in Budapest bleiben die Hersteller noch zwei Tage vor Ort, um einen weiteren Reifentest mit Partner Hankook zu absolvieren. «Der Reifen ist ein riesiger Faktor, weil er hinsichtlich der Rennaction und der Spannung einer der großen Treiber sein kann», sagte Marquardt.
Beim letzten Reifentest auf dem Lausitzring im Juni wurden deshalb verschiedene Reifenkonstruktionen und Gummimischungen gefahren. Dabei wurde geschaut, wie sich die einzelnen Mischungen auf den verschiedenen Boliden verhielten. Im Idealfall ist der Test in Budapest der letzte, um sich auf einen Reifen für 2017 festzulegen.
Kalender:
Mehr Rennen hätten in der DTM alle gerne. Neun Events in einer Saison sind in der Tat recht übersichtlich. Das Problem: die Saison wird innerhalb weniger Monate durchgepeitscht, danach verschwindet die Serie erst einmal für sechs Monate vom Bildschirm. Mit mehr Events könnte man die Winterpause deutlich verkürzen. Klar ist aber auch: Mehr Rennen kosten wieder mehr Geld.
«Durch mehr Events kommt mehr Laufleistung für die Motoren. Wenn der Motor die Laufzeit nicht hat, braucht man eventuell bei mehr Events auch mehr Motoren», sagte Marquardt. Da werden die Fragen gestellt: Was bringt mehr? Ein Auto pro Hersteller mehr? Ein spannenderes Paket? Ein Event mehr? «Es ist ein Gesamtpaket, an dem wir arbeiten. Und deshalb ist es auch nicht so einfach zu sagen: „Das ist es jetzt“. Erst wenn ich ein paar Punkte habe, kann ich sehen, wie das Gesamtpaket aussieht. Und ist es in dem Rahmen, den wir uns gesteckt haben? Es macht wenig Sinn, eine Sache festzunageln und man stellt ein paar Wochen später fest, dass man es sich doch nochmal anschauen muss», so Marquardt.
«Es wäre eher kontraproduktiv, über weniger Autos nachzudenken und dann zehn Veranstaltungen zu machen. Wenn man das macht, muss man auch zwangsläufig wieder am Technischen Reglement drehen», sagte wiederum Mercedes’ DTM-Leiter Ulrich Fritz.