Der Eisspeedway-Nachwuchs stirbt aus
Max Niedermaier muss sein Russland-Training nun selbst organisieren
Das für die Woche nach dem Grand Prix in Togliatti angesetzte internationale FIM-Nachwuchs-Trainingslager musste abgesagt werden. Zu wenige Fahrer nahmen die Einladung des Weltverbandes FIM und des Vereins Mega Lada Togliatti an.
Beim Eisspeedway-Grand-Prix in Krasnogorsk am letzten Wochenende bekam man es zum wiederholten Mal vor Augen geführt: Nicht nur, dass die Russen nach wie vor dominierend sind. Der Altersdurchschnitt bei den Westeuropäern lässt befürchten, dass es bald niemanden mehr gibt, der sich dem Kampf gegen die Russen stellen wird.
Der spektakulärste Motorsport der Welt – vier Fahrer jagen sich mit messerscharfen Spikes, ohne Bremsen, mit Körperkontakt und der Schulter auf dem Eis liegend –, ist mehr denn je vom Aussterben bedroht.
In Russland floriert Eisspeedway – Nachwuchsmangel Fehlanzeige. Gejammert wird nur auf ganz hohem Niveau. Ganz anders in Westeuropa: Von den neun nicht-russischen GP-Fahrern ist nur einer unter 30 Jahre jung. Kann man in zehn Jahren noch Eisspeedway-Rennen mit konkurrenzfähigen Europäern veranstalten, oder ist diese Spezie kurz vor dem Aussterben?
Anders als in den Vorjahren hat man bei der FIM den Missstand erkannt und die «FIM Ice Speedway Academy» ins Leben gerufen. Der Standard der westeuropäischen Nachwuchsfahrer soll gefördert werden. Am kommenden Montag hätte es in Togliatti mit einem stramm durchgeplanten Ablauf losgehen sollen. An fünf Tagen hätten die Westeuropäer neben Fahreinheiten auch Unterricht in Sachen Theorie und Technik erhalten und hätten im angeschlossenen Fitnesscenter schwitzen müssen. Für Freitag war ein Abschlussrennen vorgesehen.
Eigens dafür schaffte sich der Club «Mega-Lada» vier zusätzliche Eisspeedway-Maschinen an und hätte insgesamt sechs Motorräder zur Verfügung gestellt. Fahrer, die nicht mit eigenen Maschinen anreisen wollten, hätten sich also nur ein Visum und ein Flugticket besorgen müssen. Sogar vom Flughafen wären sie abgeholt worden. Lediglich für die Unterkunft hätten die Fahrer selbst aufkommen müssen. Ansonsten wäre die Akademie für alle kostenlos gewesen.
Und obwohl die in der WM-Führenden Daniil Ivanov und Dmtri Khomitsevich als Trainer rund um die Uhr zur Seite gestanden hätten, meldeten sich anstatt der anberaumten 30 Teilnehmer nur fünf.
Nur drei ambitionierte Schweden, unter ihnen Shooting-Star Jimmy Olsen, sowie Chris Kirchner und Max Niedermaier mussten nicht lange überlegen, als sie die Einladung zur FIM Academy bekommen hatten. Anderswo hörte man die Argumente zu weit, zu teuer, zu gefährlich, keine Zeit.
Kirchner und Niedermaier waren bereits in Russland, als sie die Absage erreichte und müssen sich nun selbst um Trainingseinheiten irgendwo in Russland kümmern. Der 16-jährige Schwede Jimmy Olsen bleibt auf den 1700 Euro Kosten für Flüge und Visagebühren sitzen.
Offensichtlich gibt es nicht mehr genügend Fahrer die ambitioniert genug sind, um in die Fusstapfen eines Günther Bauer oder Franz Zorn zu treten und materiell sowie ideell dazu in der Lage wären.