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Porsche 919 in Le Mans: Zielankunft ein Erfolg

Von Tom Vorderfelt
Wolfgang Hatz mit Porsche-Werksfahrer Timo Bernhard

Wolfgang Hatz mit Porsche-Werksfahrer Timo Bernhard

Porsche Forschungs- und Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz im Interview zum Comeback von Porsche in der Topklasse bei den 24h von Le Mans.

Als Entwicklungsvorstand ist Wolfgang Hatz Hausherr im Porsche-Entwicklungszentrum in Weissach, in dem auch die Motorsportabteilung ihr zu Hause hat und nominell ranghöchste Motorsportler im Hause Porsche. Hatz lebt seinen Job: Kein Rennen und kaum eine Testfahrt bei dem Vorstand nicht in der Box steht. Im Interview spricht der Vorstand für Forschung und Entwicklung über das Comeback von Porsche in der Sportwagen-Königsklasse 16 Jahre nach dem letzten Triumph der Schwaben bei dem bedeutendsten Langstreckenrennen der Welt.

Herr Hatz, wann und weshalb beschloss Porsche die Rückkehr in die Spitzenklasse der Sportwagen-Weltmeisterschaft WEC und nach Le Mans?

Wolfgang Hatz: «Das war 2011. Wir waren und sind ja im GT-Bereich bestens aufgestellt, aber für die Marke war es an der Zeit, wieder in den Spitzensport einzusteigen. Die Optionen dafür sind überschaubar. Es gibt die Formel 1, und es gibt die WEC mit Le Mans. Ein wesentliches Entscheidungskriterium war der Wunsch, das Projekt eigenständig bei Porsche anzusiedeln, damit das Knowhow im Haus erarbeitet wird und bleibt. Die Langstrecken-Weltmeisterschaft inklusive Le Mans passt bestens zu uns, das ist echter Teamsport. Das gilt vor allem für die Fahrermannschaft. Aber auch dafür haben wir erst die Infrastruktur schaffen müssen – neue Gebäude, ein Team von 230 Leuten, von denen jeder zweite Ingenieur ist.»

Hat die historische Verbindung zu Le Mans auch eine Rolle gespielt?

«Porsche gehört zu Le Mans, und Le Mans gehört zu Porsche. Das passt. Aber aus Nostalgie tätigt man keine solchen Investitionen, sie müssen auf die Zukunft einzahlen. Soweit ich mich entsinnen kann, gab es nie ein Reglement, das den Ingenieuren so viel Freiheit gegeben und so viel Innovationskraft abverlangt hat. Die Verpflichtung zur Hybridisierung und die Effizienzformel sind revolutionäre Herausforderungen. Ich bin stolz, dass sich unsere Ingenieure am weitesten von allen vorgewagt haben. Und am Ende wird der Porsche-Kunde davon profitieren.»

Können Sie das laienverständlich erklären?

«Unser Verbrennungsmotor ist das feinste und effizienteste Triebwerk, das Porsche je entwickelt hat. Dieser kompakte Zweiliter-Vierzylinder-Turbomotor mit Benzin-Direkteinspritzung und einer Leistung von über 500 PS treibt die Hinterachse an. Er ist der kleinste Motor mit der geringsten Zylinderzahl in der Topkategorie des Rennens. Mit ihm haben unsere Ingenieure außerdem ein fundamental neues Abgasenergie-Rückgewinnungssystem kombiniert. Das hat kein anderer. Die aus dem sonst nutzlos entweichenden Abgasstrom gewonnene Energie speichern wir in einer Batterie. In derselben Batterie speichern wir Energie, die wir beim Bremsvorgang an der Vorderachse generieren. Wenn der Fahrer aus diesem Speicher mit Batteriezellen neuester Bauart Energie abruft, treiben mehrere hundert PS die Vorderachse an. In diesen Phasen hat er einen kraftvollen Allradantrieb zur Verfügung. Unser Auto ist das einzige im Feld, das nicht nur beim Bremsen, sondern auch beim Gas geben Energie wandelt und nutzbar macht, die sonst einfach verpuffen würde. Das hat immenses Potenzial für zukünftige Straßensportwagen.»

Geht das Effizienzreglement nicht zu Lasten des schieren Racings?

«Überhaupt nicht, das haben die Rennen in Silverstone und Spa-Francorchamps gezeigt. Die Prototypen haben jede Menge Power zur Verfügung, ob aus dem Verbrennungsmotor oder elektrisch spielt ja keine Rolle. Die gesamte Energie müssen sie in jeder Runde nutzen, sonst ist sie verschenkt. Da kann man nichts sparen. Diese Langstreckenrennen sind Sprints über unglaubliche Distanzen.»

Die WM umfasst acht Läufe, aber der Fokus liegt auf Le Mans. Wann wäre der Werkseinsatz ein Erfolg?

«Es wäre grandios, wenn die GT-Mannschaft an den Vorjahreserfolg anknüpfen könnte. Allerdings wird das buchstäblich schwerer, weil wir per Reglement Gewicht zuladen mussten. Das Porsche Team Manthey um Hartmut Kristen verfügt über große Erfahrung, das kann in Le Mans entscheiden. Beim Porsche Team um Fritz Enzinger in der LMP1-Klasse liegt der Fall komplett anders: Da haben wir gar keine Erfahrungswerte. 2014 ist ein Lehrjahr. Das nicht zuzugeben, hieße Le Mans zu verkennen. Der Porsche 919 Hybrid hat in Spa-Francorchamps mit der Poleposition und der schnellsten Runde des Wochenendes eindrucksvoll gezeigt, dass der Speed da ist. Unsere Mitbewerber wissen, mit uns ist zu rechnen. Aber der 919 Hybrid hat noch keine komplette Le-Mans-Distanz unter Rennbedingungen durchgehalten. Insofern wäre es ein Erfolg, wenn wir einen LMP1 durchbringen. Es mit beiden zu schaffen, wäre super.»

In Silverstone sah man Sie bewegt bei strömendem Regen dem Podestplatz im Gesamtklassement applaudieren. Ist das nicht der Anspruch von Porsche?

«Das war ein toller Moment der Freude. Aber deswegen verliere ich ja nicht den Blick für die Realität. Wir waren in Silverstone nicht spitze. Da haben wir auch von Problemen der Konkurrenz profitiert. Aber wir hatten das erste Sechsstundenrennen bewältigt mit diesem technisch verflixt komplexen Auto und einem Team, das gemeinsam noch niemals am Rennplatz war. Die ganzen Abläufe, zumal bei chaotischen Wetterbedingungen, da hat bei der Premiere ganz viel funktioniert. Und dafür haben alle extrem hart gearbeitet. Die Fahrer haben alle ihr enormes Können aber auch viel Disziplin gezeigt. Das Podium war Balsam für uns alle. Und in der GT-Klasse hatten wir einen Doppelsieg eingefahren. Das Bild am Sonntag in England war bärenstark.»

Wo werden Sie sich das 24-Stunden-Rennen anschauen?

«Ich bin da im Einsatz und kein Zuschauer. Die meiste Zeit verbringe ich natürlich in der Box. Ich gehe zu jedem Rennen und war auch bei fast allen Tests vor Ort. Meistens übrigens an der Seite von unserem Vorstandsvorsitzenden Matthias Müller, und das wird am 14./15. Juni auch so sein. Komme, was wolle.»

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