Die Aerodynamik-Pakete des Audi R18 e-tron quattro
Detailaufnahme der Front des Audi R18 e-tron quattro: Hier die Le-Mans-Variante
Eigentlich war die Sache bei den LMP1-Sportwagen in der Vergangenheit ganz klar. Es gab zwei verschiedene Aerodynamik-Pakete: Eine Standard-Konfiguration (High-Downforce) sowie ein Low-Downforce-Paket für die Hochgeschwindigkeitsstrecke in Le Mans. Seit dem letzten Jahr ist dies jedoch nicht mehr so eindeutig. Durch den Dreikampf der Werkswagen von Audi, Porsche und Toyota hat sich nicht nur der Wettbewerb in der Klasse verschärft, sondern (als Folge) auch die Bedeutung der Aerodynamik.
Jüngstes Beispiel ist der Audi R18 e-tron quattro. Während die Wagen des Ingolstädter Herstellers beim Saisonstart in Silverstone mit der Standard-Aerodynamik ausrückten, setzte man beim zweiten Saisonlauf in Spa-Francorchamps zwei Fahrzeuge im Le-Mans-Trimm ein. Nur der dritte R18 e-tron quattro fuhr in Belgien noch mit der Standard-Konfiguration. Somit agierte Audi in Spa anders als in der Vergangenheit, wo zumeist zwei Standard-Wagen und ein nur Le-Mans-Wagen antraten. Schon da deutete vieles darauf hin, dass die Le-Mans-Aerodynamik auch auf anderen Strecken gut funktionieren würde. Insbesondere eine Zeiten-Analyse des kurvenreichen zweiten Sektors von Spa liess dies vermuten.
So war es keine Überraschung, dass Audi zum Lauf auf dem Nürburgring auch mit der Le-Mans-Aero aufkreuzte, obwohl die Grand-Prix-Strecke des Rings vom Layout her eigentlich ja eher ein High-Downforce-Kurs ist. Es schien ausgemacht: Wenn der Le-Mans-Kit also schon am Nürburgring drauf ist, wird er auch den Rest der Saison genutzt werden. Doch das steht noch nicht fest.
«Wir haben zwei Pakete und somit immer die Entscheidung, welches wir jeweils nehmen können», erklärt Motorsportchef Wolfgang Ullrich im Gespräch mit SPEEDWEEK.com, «wir haben uns am Nürburgring entschieden mit einer Anpassung des Le-Mans-Autos zu fahren. Wir haben aber genauso noch das andere Fahrzeug zur Verfügung.» Ullrich gibt damit Gerüchten eine Absage, die besagen, die Aero-Variante von Audi stünde bis zum Saisonende fest. Schaut man auf die Layoute der vier verbleibenden Strecken im Kalender 2015, könnte die High-Downforce-Variante theoretisch noch in Austin und in Bahrain eingesetzt werden. Shanghai und vor allem Fuji wird tendenziell wohl eher mit dem am Ring gefahrenen Le-Mans-Paket bestritten.
Beschäftigt man sich im Detail mit den einzelnen Aerodynamik-Paketen fällt etwas auf: Die am Nürburgring verwendete Variante ist zwar grundsätzlich die Le-Mans-Aero, jedoch wurden daran einige kleinere Änderungen vorgenommen. «Das ist sicherlich nicht einhundert Prozent das Le-Mans-Auto. Es sieht von aussen nur sehr ähnlich aus», bestätigt auch Motorsportchef Wolfgang Ullrich. Denn die Le-Mans-Aero vom Nürburgring tendiert eher in Richtung der Le-Mans-Aero, die in Spa verwendet wurde.
Somit ist eines klar. Der verschärfte Konkurrenzkampf bringt die LMP1-Klasse auf eine ganz neue Ebene. Denn er macht auch vor der Aerodynamik nicht halt. Und: Die Grenzen zwischen Standard- und Le-Mans-Areodynamik sind inzwischen fliessend.