Blick hinter die Kulissen des Porsche 919 Hybrid- T2
Diese Männer stehen für den Erfolg des Porsche 919 Hybrid: Technischer Direktor Alexander Hitzinger (li.) und Leiter-LMP1 Fritz Enzinger
Herr Hitzinger, lassen Sie uns auf 2016 blicken. In welchen Bereichen wird das Fahrzeug für die kommende Saison verbessert?
Alexander Hitzinger: Da haben wir uns schon einige Dinge überlegt. Doch darüber kann ich zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch nicht sprechen. Was ich aber sagen kann: Es wird eine kleine Anpassung am Technischen Reglement geben. Der gesamte Energieverbrauch pro Runde ,also für Elektro- und Verbrennungsmotor, soll für alle LMP1-Unterklassen um 10 Megajoule reduziert werden. Da der Porsche 919 Hybrid in der 8-MJ-Klasse homologiert ist, sinkt für uns der Verbrauch des Verbrennungsmotors in Le Mans von 134,9 auf 124,9 Megajoule pro Runde. Im gleichen Verhältnis soll auch der maximal Durchfluss des Treibstoffs reduziert werden. Ziel ist es, die Autos langsamer zu machen. Ganz einfach deswegen, weil die LMP1-Wagen aktuell schneller sind, als die FIA und der ACO das haben möchten.
Welche Auswirkungen werden diese Änderungen auf der Stoppuhr haben?
Die Reduzierung um 10 Megajoule werden uns in Le Mans ungefähr vier Sekunden kosten. Im Gegensatz dazu muss man natürlich auch schauen, wie viel Zeit wir durch die Weiterentwicklungen wieder gewinnen. Aber trotzdem: Da wir für 2016 keine vier Sekunden zulegen werden, wird es nächstes Jahr auf jeden Fall insgesamt etwas langsamer werden.
Vor dem Rennen am Nürburgring hat Porsche verkündet, das Projekt in der FIA WEC bis mindestens 2018 fortzuführen. Wie wirkt sich diese Entscheidung auf die Entwicklung der Fahrzeuge aus?
Wir diskutieren aktuell mit dem ACO, der FIA und den anderen Herstellern an Reglementsänderungen bis ins Jahr 2020. Darum war es für uns von Porsche jetzt auch wichtig, das Projekt nach hinten hinaus zu verlängern. Denn wir wollen keine Diskussionen darüber, warum man sich das eine oder andere anschaut, obwohl es für diesen Zeitraum noch kein abgesegnetes Reglement gibt. Jetzt haben wir Fakten geschafften und müssen somit nicht argumentieren. Denn eigentlich war sowieso klar, dass es weitergehen wird. Das, was Porsche da aufgebaut hat, macht man nicht für zwei oder drei Saisons. Es war immer klar, dass der Top-Level-Motorsport eine langfristige Strategie für Porsche ist. Deswegen bringt es auch nichts, da etwas hinauszuschieben.
Sie dürfen also langfristig planen, müssen dabei jedoch Schwerpunkte setzen. Wie ist denn die prozentuale Aufteilung der Entwicklungsarbeit an den Fahrzeugen der einzelnen Jahrgänge?
Bei uns ist es so: Wir machen alles parallel und alle machen alles. Es gibt keine Projektgruppen für das Auto eines Jahrgangs. Wir haben nur eine Entwicklungsmannschaft. Natürlich kreieren wir innerhalb des Teams verschiedene Projekte, aber die Schlüsselleute sind immer die Gleichen. Und die teilen sich ihre Zeit selbstständig ein. Das ist ein sehr dynamischer Prozess. Wenn zum Beispiel am 2015er Auto etwas brennt, dann fällt schon einmal 90 Prozent des Fokus auf dieses Modell und nur noch zehn Prozent auf die Wagen von 2016 und 2017. Andererseits, wenn man bestimmte Meilensteine für das 2017er Auto einhalten will, macht man auch mal kurzfristig sehr viel für dieses Fahrzeug. Wie schon gesagt, alles ist sehr dynamisch. Aktuell liegt der Schwerpunkt jeweils ungefähr bei 40-50 Prozent auf dem aktuellen Auto sowie dem für 2016. Die längerfristigen Projekte nehmen somit momentan ca. 10-20 Prozent ein.
Sie haben es bereits erwähnt: Sie stehen in ständigem Austausch mit der FIA und dem ACO. Können Sie uns schon einen kleinen Einblick geben, wie sich das Reglement der LMP1-Klasse in Zukunft entwickeln wird?
Der logische Schritt ist, die aktuelle Philosophie weiterzuführen. Das heisst: Kraftstoffverbrauch weiter runter und Hybridisierung hoch. Das kann auch gegenüber der Öffentlichkeit sehr gut kommunizieren werden. Denn in der Serienentwicklung von Kraftfahrzeugen sind die Themen momentan ja sehr ähnlich. Wenn dann im Technischen Reglement eine weitere Hybrid-Klasse definiert wird, etwa mit 10 Megajoule elektrischer Energie, und man gleichzeitig mit weniger Kraftstoff auskommen muss, werden irgendwann jedoch die physikalischen Grenzen erreicht. Dann müssen Überlegen angestellt werden, wie man das hinbekommen kann. Ein drittes Hybridsystem würde in diesem Zusammenhang sicher Potential bieten.
Hier geht es zum ersten Teil des Interviews mit Alexander Hitzinger.