Formel 1 nach Bernie Ecclestone: Chance und Risiko
Einer wie keiner: Bernie Ecclestone
Bisher hat der US-Medienriese Liberty Media knapp 20 Prozent der Formel-1-Muttergesellschaft Delta Topco erworben. Im nächsten Jahr sollen weitere Anteile den Besitzer wechseln, sodass der Konzern von Medien-Mogul John Malone am Ende als Mehrheitseigner auftreten kann. Das schürt grosse Hoffnungen im Fahrerlager. Schliesslich hat die Königsklasse des Motorsports genau da Aufholbedarf, wo die Kompetenzen der amerikanischen Medien-Profis liegen.
So verriet etwa Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn im SPEEDWEEK.com-Interview: «Wir müssen uns fragen: Wo brauchen wir Unterstützung in diesem Sport? Es ist ja nicht im Bereich der Regeln, die kann man diskutieren, genauso wie das Sportliche. Wo wir aber zulegen können, ist im Bereich der Kommerzialisierung. Da sehen wir auch die grösste Konkurrenz von anderen grossen Sportveranstaltungen, die uns immer näher kommen. Deshalb denke ich, es ist gut, dass wir nun mit einem solchen Branchenprofi den richtigen Zugang haben werden. Die kennen dieses Geschäft.»
Auch der dreifache Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart erklärt im Interview mit dem Kollegen des «SonntagsBlick»: «Wir müssen optimistisch sein. Die Amerikaner müssen alles synchronisieren, wie ein Getriebe. Doch im Moment gibt es nicht viele Dinge, die man ohne Bernie Ecclestone machen kann. Wenn er mit den neuen Besitzern kooperiert, ist das super. Für alle, also auch für die Fans, die endlich wieder in den Vordergrund rücken müssen.»
Und der Vermarktungsprofi betont: «Es wird nie, nie einen anderen Bernie Ecclestone geben. Er ist einzigartig – in der gesamten Welt des Sports. Nie hat ein Mann so viel Geld gemacht. Für sich und das grosse Umfeld.»
Der 77-jährige Schotte ist überzeugt, dass noch kein Nachfolger für den geschäftstüchtigen Baumeister der neuen Formel 1 in Sicht ist: «Liberty Media muss da noch eine Lösung finden.» Doch er erinnert auch daran, dass sich durch den Abgang eine Chance ergibt, noch besser zu werden: «Als in der NFL die grosse Figur Pete Rozell 1996 mit 70 Jahren starb, dachten alle, das ist das Ende der National Football League. Doch sie wurde noch besser, grösser. Weil neue Leute eine andere Kultur einbrachten und neue Wege gingen.»
Auch Toro Rosso-Chef Franz Tost glaubt: «Es sieht verheissungsvoll aus.» Im Gespräch mit den Kollegen der Tiroler Tageszeitung warnt er aber auch: «Man muss etwas aufpassen. Das Motorsport-Verständnis zwischen den USA und Europa ist sehr unterschiedlich. Bei den Amerikanern geht es nur um die Show, bei uns nur um die Technologie. Für die Formel 1 sind beide Extreme schlecht.»