Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Regeln 2017: Welche sinnvoll sind, was Sorgen macht

Von Mathias Brunner
Breitere Pirelli-Reifen am Testfahrzeug von Mercedes mit Pascal Wehrlein

Breitere Pirelli-Reifen am Testfahrzeug von Mercedes mit Pascal Wehrlein

​Die Formel 1 soll 2017 schneller werden, die Renner werden aggressiver wirken. Aber die beiden früheren Ferrari-Werkspiloten Stefan Johansson und Jean Alesi glauben nicht an mehr Spektakel.

Die Vorgabe für die neue Formel 1 2017: Aggressiver aussehende Autos, nicht zuletzt durch breitere Reifen, Rundenzeiten, die um bis zu fünf Sekunden sinken, dank erhöhten Abtriebs. Aber ist das der richtige Weg?

Ex-Ferrari-Pilot Stefan Johansson hat in seinem hervorragenden Motorsportblog mehrfach betont: «Jeder kann ein Auto mit mehr Abtrieb fahren, es ist kein Heldenmut gefragt, wenn ein Rennwagen förmlich auf dem Asphalt klebt. Die Rennen werden noch viel mehr zu einer Art Videospiel. Heldenmut, das ist für mich: Auf der Rasierklinge durch eine Kurve reiten, wenn du dich wirklich an der Haftgrenze befindest in Highspeed-Kurven, so wie das einst in der Eau Rouge von Belgien war. Nein, 2017 wird das so werden: In den schnellen Kurven kannst du keine Zeit gutmachen, weil fast alle Autos gleich schnell sein werden. Die Autos werden zudem den Rennstrecken entwachsen. Als Fahrer kannst du dann nur noch in mittelschnellen und langsamen Kurven Zeit gewinnen, und dort brauchst du Finesse, keinen Mut.»

Johansson ist nicht der einzige frühere Grand-Prix-Fahrer, der Kritik übt. Jean Alesi sagt in seinem jüngsten Interview mit der Gazzetta dello Sport: «Ich glaube nicht daran, dass wir ein grösseres Spektakel erleben. Wenn es grosse Änderungen im Reglement gibt, dann profitiert immer einer mehr als die anderen. Wer das schafft, Mercedes, Red Bull Racing oder Ferrari, das weiss auch ich nicht. Aber ich fürchte, es wird so kommen. Und wenn die Autos schneller werden, so erwidere ich – wer bekommt das vor dem Fernseher denn mit? Die Leute wollen packende Überholmanöver erleben, und davon werden wir kaum mehr zu sehen bekommen.»

Wir haben uns die ganzen Änderungen nochmals angeschaut, mit einer kurzen Einschätzung, wie sinnvoll die neuen technischen und sportlichen Regeln sind.

Die wichtigsten Änderungen 2017

Es gibt kein Wertmarkensystem mehr, das die Entwicklung der 1,6-Liter-V6-Motoren einschränkt. Die so genannten Token sind Geschichte. Einschätzung: Das war höchste Zeit. Die meisten Fans haben das Token-System ohnehin nie verstanden.

Pro Fahrer und Saison dürfen nur noch maximal vier Antriebseinheiten verwendet werden (2016 waren es fünf). Einschätzung: Wenn die Motorenbauer es schaffen, die Saison mit fünf Aggregaten über die Bühne zu bringen, dann schaffen sie es auch mit vier.

Die Kosten für die Motoren müssen für Kundenteams um eine Million Euro verringert werden. Einschätzung: Ein Schritt in die richtige Richtung – die Kosten müssen endlich runter. Aber da muss noch viel mehr passieren.

Die Formel 1 erhält breitere Reifen: Der Mailänder Formel-1-Alleinausrüster Pirelli baut Vorderreifen, die von 245 auf 305 Millimeter verbreitert werden, die Hinterreifen werden von 325 auf 405 Millimeter aufgestockt. Die neuen Grössen der Slicks betragen somit 305/670 13 für die Vorderreifen und 405/670 13 für die Hinterreifen. Der Gesamtdurchmesser erhöht sich von aktuell 660mm auf 670mm. Der Felgendurchmesser der Reifen bleibt jedoch auf Wunsch der Teams unverändert bei 13 Zoll. Die neuen Vorderreifen sind somit mehr als sechs Zentimeter breiter als die aktuellen Slicks, bei den Hinterreifen beträgt der Zuwachs mehr als acht Zentimeter. Einschätzung: Mit den breiteren Reifen wird einem langjährigen Wunsch vieler Formel-1-Fans entsprochen – bravo!

Die breiteren Reifen führen übrigens zu einer Erhöhung des Mindestgewichts, von 702 auf 722 Kilogramm. Den Teams ist es gestattet, 105 Kilogramm Sprit zu verwenden (fünf mehr als 2016).

Mit der Vorgabe, dass die GP-Renner zwischen vier und fünf Sekunden pro Runde schneller werden sollen, verändert sich die Aerodynamik: Die Autos werden breiter (200 cm statt 180), sie erhalten einen breiteren Frontflügel (180 cm statt 165 cm), der Heckflügel wird um 15 cm niedriger angeordnet (auf 80 cm über Bodenplatte, zuvor 95 cm) und um 20 cm nach hinten gerückt. Er darf 95 cm statt wie bis anhin 75 cm breit sein. Einschätzung: Für die Optik ist das eine feine Sache, weil die Autos gedrungener und bulliger wirken. Wir teilen aber die Bedenken der GP-Piloten, was das Überholen angeht.

Die Luftleitelemente hinter den Vorderrädern dürfen weiter vorne angeordnet werden. Das vereinfacht die Luftführung. Der Diffusor (das aufsteigende Ende des Unterbodens) ist geräumiger, das erzeugt einen grösseren Saugnapfeffekt. Die Motorabdeckung dürfte wie in den Jahren 2009 und 2010 segelartige Fortsätze haben, um Turbulenzen auf den Heckflügel entgegen zu wirken. Einschätzung: Schön wird das nicht. Als die ersten Teams vor Jahren diese Fortsätze einführten, kursierte unter den Fans die spöttische Bezeichnung Kombis.

Es wird nicht mehr erlaubt sein, an einem GP-Wochenende mehrfach Motoren zu wechseln und sich so sein Motorkontingent aufzustocken, ohne eine härtere Strafe zu erhalten als ans Ende des Feldes zu rücken. Einschätzung: Eine Regellücke ist endlich geschlossen. Gut so.

Sollten Regen oder nasse Bahn einen Start hinter dem Safety-Car erfordern, wird Bernd Mayländer das Feld um den Kurs führen, bis die Verhältnisse als vertretbar eingestuft werden. Dann aber gibt es keinen fliegenden Start mehr, sondern die Autos stellen sich erneut auf die Startaufstellung. Einschätzung: Eine feine Sache. Starts sind für die meisten Fans ein Leckerbissen, auf nasser Bahn erst recht.

Präsentationen 2017

23. Februar: Mercedes in Silverstone
24. Februar: Ferrari in Fiorano

Wintertests 2017

27. Februar bis 2. März: Barcelona
7. bis 10. März: Barcelona

Formel-1-WM 2017

26. März: Australien (Melbourne)
9. April: China (Shanghai)
16. April: Bahrain (Sakhir)
30. April: Russland (Sotschi)
14. Mai: Spanien (Barcelona)
28. Mai: Monaco (Monte Carlo)
11. Juni: Kanada (Montreal)
25. Juni: Aserbaidschan (Baku)
9. Juli: Österreich (Spielberg)
16. Juli: Grossbritannien (Silverstone)
30. Juli: Ungarn (Budapest)
27. August: Belgien (Spa-Francorchamps)
3. September: Italien (Monza)
17. September: Singapur
1. Oktober: Malaysia (Sepang)
8. Oktober: Japan (Suzuka)
22. Oktober: USA (Austin)
29. Oktober: Mexiko (Mexiko-Stadt)
12. November: Brasilien (São Paulo) *
26. November: Abu Dhabi (Insel Yas)
* Finanzierung nicht gesichert

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