Vor Aserbaidschan-GP: So wirkt sich Baku-Piste aus
Baku: Heisses Wetter, neuer und dunkler Asphalt
Die Verbindung zwischen Fahrer und Rennauto dürfte die bekannteste im Fahrerlager sein. Eine genauso wichtige Beziehung ist jedoch jene zwischen den Autos, deren Reifen und dem schwarzen Belag darunter – der Streckenoberfläche. Die breiten Pirelli-Reifen stellen die Verbindung zwischen dem Auto und der Strecke dar. Das Zusammenspiel zwischen Reifen und Streckenoberfläche erzeugt das magische Wort Grip, Haftung. Und ohne Haftung geht gar nichts.
Kaum eine Presserunde vergeht, ohne dass die Streckenoberfläche in Zusammenhang mit der Fahrzeugabstimmung thematisiert wird – normalerweise in Bezug auf die endlose Suche nach der perfekten Balance.
Unterschiedliche Streckenoberflächen verändern jenen Grip, den der Reifen erzeugt, komplett. Sie beeinflussen alles, vom Set-up bis zur Strategie. Entsprechend ist es entscheidend, dass die Teams genau verstehen, wie sich dieses Zusammenspiel an jedem Wochenende entwickelt.
Auf einer besonders glatten Strecke (wie etwa in Baku oder Mexiko-Stadt) ist die Oberfläche weniger rau. Auf solchen Pisten fällt der Reifenabbau normalerweise geringer aus, und es ist im Allgemeinen etwas einfacher, auf die Reifen zu achten – ausser bei extremen Temperaturen. Dies führt dazu, dass die weicheren Reifenmischungen eine realistische Option sind. Das liegt daran, dass kein Teil des Gummis sich verformt, wenn der Reifen unter Last auf die Streckenoberfläche gedrückt wird.
Wenn der Asphalt gelegt wird, enthält er Steine und Bitumen. Zunächst dienen die Bitumen als Schicht über den Steinen. Dadurch ist der Belag sehr glatt. Aber im Verlauf der Jahre nutzt sich die Oberfläche immer mehr ab. Diese natürliche Entwicklung von Streckenoberflächen sorgt für deutliche Unterschiede beim Verhalten der Reifen.
Bahrain und Barcelona sind Beispiele für Kurse, die die Ingenieure als harte Strecken bezeichnen würden. Dort kann man die Höhen und Tiefen in der Oberfläche erkennen. Wenn ein Reifen über diese Oberfläche fährt, wird der Gummi belastet, was nicht nur Auswirkungen auf das Grip-Niveau hat, sondern auch zu mehr Rutschen führt. Das wiederum erhöht den Reifenabbau. Strecken mit schnellen Kurven, hohen Kurvenkräften und altem Asphalt sind besonders aggressiv mit Blick auf den Reifenabbau. Ein Paradebeispiel dafür ist Suzuka.
Schlussendlich lassen sich Formel-1-Ingenieure von keinem Oberflächentyp aus der Ruhe bringen. Für sie zählt nur, dass sie wissen, auf welcher Oberfläche sie fahren. Dann können sie das Auto entsprechend abstimmen, um den nötigen Grip zu erzielen.
Wenn der Asphalt unterschiedlich wäre, würde ein identisches Setup selbst auf zwei ähnlichen Streckenkonfigurationen auf jeder Strecke eine gänzlich andere Balance hervorrufen. Mit Blick auf die Strategie hat die Streckencharakteristik einen erheblichen Einfluss auf die Reifenabnutzung und den Reifenabbau.
Ein weiterer nennenswerter Multiplikator sind die Temperaturen. Neuer Asphalt ist normalerweise sehr dunkel. Aus diesem Grund erreicht er sehr hohe Temperaturen, wenn er direktem Sonnenlicht ausgesetzt ist. In Baku lag die Höchsttemperatur im vergangenen Jahr zum Beispiel bei 55 Grad. Damit erreichte sie den Punkt, an dem es extrem schwierig wird, die Reifen unter Kontrolle zu behalten. Da die Oberfläche zu heiss wurde, verloren die Teams Grip, was wiederum direkten Einfluss auf den Abbau und die Abnutzung hatte und damit die Strategie-Entscheidungen am Kommandostand beeinflusste.
Extreme Temperaturen beeinflussen die Reifenperformance auf unterschiedichen Streckenoberflächen allerdings nicht immer auf die gleiche Weise. Tatsächlich kann selbst die Wissenschaft hinter diesen Berechnungen nicht jeden Aspekt der Beziehung zwischen Temperaturen, Reifen und Streckenoberfläche erklären. Es ist eine stetige Lernkurve für alle Teams im Feld, die aber gemeistert werden muss, um ein erfolgreiches Wochenende in Baku zu haben.