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McLaren: Trennung von Boullier keine Panikreaktion

Von Mathias Brunner
Zak Brown und Eric Boullier

Zak Brown und Eric Boullier

​McLaren-Direktor Zak Brown wehrt sich gegen die Darstellung, die Umstellung beim Traditionsrennstall seien eine Panikreaktion. Vor dem britischen Grand Prix hat Teamchef Eric Boullier gekündigt.

Es war vielleicht die Freddo-Affäre, die bei McLaren den Kessel zum Explodieren brachten. Zur Erinnerung: Freddo (eigentlich Freddo, der Frosch) ist ein Schokoriegel, ursprünglich aus Australien, heute aus dem britischen Hause Cadbury. Und diese Süssigkeiten sollen im McLaren-Werk als Leckerli verteilt werden, wenn die Fachkräfte besonders hart und lange gearbeitet haben. Dies jedenfalls berichtete die Daily Mail und berief sich dabei auf eine anonyme Quelle. Dieser angebliche McLaren-Insider erzählt, wie vergiftet die Atmosphäre beim Traditionsrennstall sei, wie verhasst die Freddo-Verteilungen, wie sich die mittlere Führungsebene dafür schäme, Schokoriegel verteilen zu müssen. Die leitenden Angestellten hätten jeden Respekt vor den Angestellten verloren. Die Darstellung erweckt den Anschein, als stehe bei McLaren eine Meuterei unmittelbar bevor.

Am Circuit Paul Ricard stellte sich dann McLaren-Teamchef Eric Boullier den Fragen der Presse. Phil Duncan von der Press Association wollte wissen, ob der Whistleblower gesucht und bestraft werde. Boullier: «Das ist eine interne Angelegenheit. Wir müssen herausfinden, warum es unzufriedene Mitarbeiter gibt.» Dann fragte Jonathan McEvoy von der Daily Mail: «Übernehmen Sie Verantwortung für die Unzulänglichkeiten dieses Autos? Und treten Sie zurück?» Boullier lachte an diesem Punkt nicht mehr: «Wir sind alle verantwortlich für die Leistungsfähigkeit des Autos. Und nein, ich werde nicht zurücktreten. Ich weiss, dass Sie einige Artikel geschrieben haben. Ich bin nun zwanzig Jahre in diesem Sport, ich habe Rennen und Titel mit jedem Rennstall gewonnen, bei dem ich engagiert gewesen bin. Ich sehe mich auf einer Reise. Wir sind nicht dort, wo wir gerne sein würden, und wir sind nicht glücklich damit. Aber wir sind auf gutem Weg, um die Probleme zu lösen.»

Jetzt hatten sich die britischen Berichterstatter festgebissen. Alan Baldwin von Reuters: «Aber ist die Atmosphäre bei McLaren vergiftet? Sind Sie unantastbar? Kämpfen Sie um ihren Job?»

Boullier antwortet: «Nein. Wir kennen alle unsere Verantwortung. Ich fand diese Story lustig zu lesen. Wir haben tonnenweise E-mails von Leuten bekommen, die sagen – das ist doch ein Witz! Vielleicht handelt es sich ja um eine Person, die einen Groll gegen die Firma hegt. Wir haben 800 Angestellte, da kann der eine oder andere auch mal unzufrieden sein. Aber solche Menschen sollen zu uns kommen, statt aus dem Hintertürchen zu sprechen.»

McEvoy: «Erwarten Sie, dass Sie in Silverstone noch einen Job haben?»

Boullier: «Ja, natürlich. Das ist eine Reise. Das ist nicht einstecken und abspielen. Das ist eine Reise, die man sich erarbeiten muss. Sie wollen offenbar meinen Kopf.»

McEvoy: «Aber Sie werden von ihren eigenen Angestellten, vom Management kritisiert.»

Boullier: «Ich denke, da lügen Sie.»

Viele belächeln die britischen Boulevardblätter, aber deren Berichterstatter haben einen untrüglichen Riecher, wenn etwas im Busch ist: McLaren bestätigte am Mittwoch, dass Eric Boullier seinen Posten zur Verfügung gestellt habe.

McLaren krempelt um: Simon Roberts, COO von McLaren Racing, kümmert sich ab sofort um die Abteilungen Produktion, das Engineering und die Logistik. Der langjährige Alonso-Renningenieur Andrea Stella ist ab neuer «Performance Director» und damit für die Aktivitäten an der Rennstrecke verantwortlich. Der frühere IndyCar-Star Gil de Ferran übernimmt die neue Rolle des Sportdirektors. Damit soll die Effektivität des Managements verbessert werden.

Klar kursiert im Fahrerlager von Silverstone: Ist das alles eine Panikreaktion auf die schwache McLaren-Form? Sind das Umstellungen, um verzweifelt Superstar Fernando Alonso bei der Stange zu halten?

McLaren-Direktor Zak Brown bei einem Konferenzgespräch: «Wir sind nicht leistungsfähig genug, wir verkaufen uns unter Wert, wenn ich daran denke, welch fabelhafte Fachkräfte wir beschäftigen und mit welchen technischen und finanziellen Mitteln wir arbeiten. Wir müssen endlich die Weichen stellen, um wieder siegfähig zu werden. Das schulden wir unseren Partnern, unseren Fans, den Medien. Die heutige Situation ist nicht akzeptabel.»

«Wir müssen unser Haus in Ordnung bringen. Aber das ist keine Panikreaktion. Nun brauchen wir eine Phase der Stabilität, um stärker zu werden. Diese Situation ist nicht über Nacht entstanden. Also lässt sie sich auch nicht über Nacht reparieren. Die Kündigung von Eric kam nicht überraschend.»

Die Frage bleibt: Wurde Eric Boullier geopfert, um Fernando Alonso zu beweisen, dass bei McLaren etwas passiert? Zak Brown äussert sich nicht direkt dazu. Der Kalifornier sagt lediglich: «Fernando ist ein Mann, den ich aufgrund seiner gewaltigen Erfahrung immer um Rat frage. Er weiss, was ein WM-siegfähiges Team braucht, und ich schätze seine Meinung. Alonso ist Teil des Prozesses, McLaren vorwärts zu bringen.»

Oder vielleicht auch seitwärts: Anhalten wird davon gesprochen, dass Alonso 2019 weiter einen Papaya-Renner fahren werde – aber in der IndyCar-Serie.

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