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Lohr: Frauen und Formel 1 ein komplettes Trauerspiel

Von Andreas Reiners
Ellen Lohr

Ellen Lohr

Seit Jahren wartet der GP-Sport auf eine Frau, die sich den Herren stellt. Stellen darf. Viele Ansätze sind im Keim steckengeblieben, unter dem Strich ist es mehr als 40 Jahre her, dass eine Frau in der Formel 1 fuhr.

Dabei gab es durchaus Kandidatinnen, doch die Gründe, warum es am Ende doch nichts wurde, waren vielfältig. Susie Wolff spürte den entscheidenden Rückhalt von Williams nicht und hörte auf. Die Sauber-Tests von Simona De Silvestro führten aufgrund von Finanzquerelen ins Nichts. Das Engagement von Carmen Jordá bei Lotus verhinderte mehr als dass es half, weil der Spanierin schlicht die Fähigkeit fehlt, konkurrenzfähig Formel 1 zu fahren. Die Formel 1 braucht keine Frau, die belächelt wird. Sie braucht eine Frau, die ernst genommen werden muss.

Ellen Lohr kennt das Problem. Die frühere DTM-Pilotin hielt zuletzt erst einen Vortrag zu dem Thema. Dafür recherchierte sie und hat sich erschrocken, wie schlecht es wirklich aussieht. «Das Thema Frauen und die Formel 1 ist ein komplettes Trauerspiel. Eine Betonwand, die man durchbrechen muss», sagte sie im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

«Mir wurde da erst so richtig klar, wie weit Susie es dann doch gebracht hat. Daran merke ich aber auch, dass es langsam aufbricht. Es gab ewig nichts Ernstzunehmendes. Erst gab es Ablehnung, dann gab es lange nichts, dann waren die Frauen Marketing-Tool. Susie war dann die erste Frau, die auch wirklich Leistung in Testfahrten gezeigt hat, die überhaupt Testfahrten bekommen hat», sagte Lohr.

Wolff kämpft, um Frauen zu inspirieren: Im Zuge ihres Rücktritts hatte sie Anfang 2016 ein Projekt gestartet, um mehr Frauen für den Rennsport zu begeistern. «Traue dich, anders zu sein» («Dare To Be Different») nennt sich Wolffs Projekt, das in Zusammenarbeit mit dem britischen Motorsportverband MSA gegründet wurde. Motorsport soll damit für Mädchen attraktiv gemacht werden. Das Projekt ist freilich langfristig angelegt, beim Start 2016 setzte Wolff das Ziel, dass in zehn Jahren eine Frau in der Formel 1 fährt. Sie betonte zuletzt: «Wir machen langsame aber stetige Fortschritte.»

Immerhin schnuppert aktuell in Sauber-Testfahrerin Tatiana Calderón eine Frau mal wieder Königsklasse-Luft. Die Kolumbianerin bestreitet in diesem Jahr ihre dritte GP3-Saison. «Sie kann es weiter aufweichen. Die Einschläge kommen inzwischen in kürzeren Abständen. Es bricht auf, aber das denke ich seit 20 Jahren.» Das Gute: Es sieht nicht überall so düster aus. «Im normalen Motorsport sind wir ganz gut vertreten. Da bin ich positiv gestimmt.»

Wie kann man es denn schaffen, dass bald mal eine Frau in der Formel 1 mitmischt? «Es müsste endlich mal jemand kommen, der den Sprung tatsächlich schafft. Tatiana könnte weit kommen. Sie hat das Talent, die richtigen Denkansätze und sie hat Geld hinter sich. Das ist fast noch am wichtigsten. Ohne Kohle schafft man es kaum noch in die Formel 1», sagte Lohr, weiß aber gleichzeitig auch: «Die Entwicklung ist im Allgemeinen mega bedenklich.»

Lohr hat es selbst erlebt, als man noch aus einer kleinen Familie ohne Geld sehr weit kommen konnte. Die Zeiten sind allerdings vorbei. Zu ihrer Zeit in den 80er und 90er Jahren reichten 15.000 Euro als Budget für eine ganze Saison, das Auto wurde gestellt. «Damit konnte man Meister werden, da konnte sich Talent durchsetzen. Und das Niveau war enorm hoch. Als ich Formel Ford und Formel 3 fuhr, waren Jungs wie Schumacher, Frentzen, Wendlinger oder Bartels dabei», erinnert sich Lohr.

Eine mögliche Lösung: «Alles viel einfacher machen.» Doch das ist auch ein Zwiespalt. «Du willst die Kinder perfekt ausbilden. Aber dann kannst du keinen preiswerten Motorsport mehr machen., Und sobald er preiswert ist, wird er ausgelacht. Deswegen kommen fast nur noch reiche Kinder oben rein, was unseren Sport komplett versaut.»

Frauen am Steuer in der Formel 1

1958/1959: Maria Teresa de Filippis (I) – 3 GP (10. in Belgien 1958)
1974–1976: Lella Lombardi (I) – 12 GP (Rang 6 in Spanien)
1976/1978: Divina Galica (GB) – 0 GP (drei Mal nicht qualifiziert)
1980: Desiré Wilson (ZA) – 0 GP (einmal nicht qualifiziert)
1992: Giovanna Amati (I) – 0 GP (drei Mal nicht qualifiziert)
2002: Sarah Fisher (USA) – 0 GP (nur Demo-Fahrt in Indianapolis)
2005: Katherine Legge (GB) – 0 GP (Test mit Minardi)
2011/2012: María de Villota (E) – 0 GP (Tests und Demo-Fahrten mit Renault und Marussia)
2012–2015: Susie Wolff (GB) – 0 GP (Tests und Trainings mit Williams)
2014: Simona De Silvestro (CH) – 0 GP (Tests mit Sauber)
2015: Carmen Jordá (E) – 0 GP (Entwicklungspilotin von Lotus, keine Tests)
Seit 2017: Tatiana Calderon (COL) – 0 GP (Entwicklungspilotin von Sauber, keine Tests)

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