Ghosn verteidigt sich: Opfer von Komplott und Verrat
Carlos Ghosn: «Ich werde nicht fliehen»
Vor knapp einer Woche bestimmte auch der Renault-Konzern eine neue Führungsspitze: Der bisherige Michelin-Chef Jean-Dominique Senard wurde zum neuen Verwaltungsratspräsidenten und der bisherige Interimschef Thierry Bolloré wurde zum Generaldirektor ernannt, der sich um das operative Geschäft von Renault kümmert.
Damit endete die Ära Carlos Ghosn auch bei den Franzosen, nachdem sich Nissan bereits bei der Verhaftung des früheren Leiters der Autokonzerne Renault, Nissan und Mitsubishi von ihm getrennt hatte. Ghosn sitzt seit dem 19. November 2018 in Tokio in Untersuchungshaft. Ihm wird finanzielles Fehlverhalten und Untreue beim japanischen Autobauer vorgeworfen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
In seinem ersten grossen Interview seit seiner Inhaftierung weist der 64-Jährige im Gespräch mit den Kollegen der Zeitung «Nikkei» alle Vorwürfe von sich und spricht davon, ein Opfer von «Komplott und Verrat» seitens der Nissan-Verantwortlichen zu sein. Dies, weil er das Bündnis zwischen Renault, Nissan und Mitsubishi habe vertiefen wollen, was die Nissan-Führungsspitze ablehne.
Mit Blick auf die umstrittenen Zahlungen und Immobiliengeschäfte, die im Mittelpunkt der gegen ihn erhobenen Vorwürfe stehen, betonte Ghosn, dass diese Geschäfte genehmigt gewesen waren. Auch dass er unzulässige Zahlungen von Nissan und Mitsubishi erhalten habe, entspreche nicht den Tatsachen, sondern sei eine Verdrehung derselben. Der Manager, dessen Antrag zur Entlassung auf Kaution bereits zweimal abgelehnt wurde, kündigte angesichts einer möglichen Haftentlassung kämpferisch an: «Ich werde nicht fliehen, ich werde mich verteidigen.»
Seit der Inhaftierung von Carlos Ghosn bröckelt das Bündnis zwischen Renault, Nissan und Mitsubishi. Senard soll das wieder ins Lot bringen und mittelfristig eine neue Beteiligungsstruktur schaffen. Derzeit hält Renault 43,4 Prozent Anteile an Nissan, die Japaner sind mit 15 Prozent an Renault beteiligt. Nissan hält zudem 34 Prozent Anteile an Mitsubishi.
Bereits Carlos Ghosns Tochter Caroline hatte als Reaktion auf die Inhaftierung und die Vorwürfe gegen ihren Vater von einer Verschwörung gesprochen. Nicholas Maxfield, Sprecher von Nissan, sagte dazu: «Diese Behauptungen sind komplett haltlos. Die Familie Ghosn hatte keinen Einblick in Gespräche über die Zukunft von Nissan. Hier geht es nicht um eine Fusion, hier geht es um Fehlverhalten, wie firmeninterne Untersuchungen gezeigt haben.»