Vorwürfe an Pirelli: Rennchef Mario Isola wehrt sich
Sebastian Vettel und Mario Isola
Die letzten vier Rennen in Österreich, England, Deutschland und Ungarn waren der Hammer. Aber noch immer hält sich im Fahrerlager Unmut über Pirelli. Das Gerücht will einfach nicht weggehen, dass der Mailänder Formel-1-Alleinausrüster für 2019 einen Reifen gebaut habe, der wie massgeschneidert sei auf den Silberpfeil.
Tatsächlich hat sich an den meisten GP-Wochenenden gezeigt: Die Techniker von Mercedes-Benz verstanden es in der Regel am besten, mit ihrem Rennwagen das Maximum aus den 2019er Pirelli-Reifen zu holen. Der 2019er Mercedes baut tüchtig Anpressdruck auf, das bringt genügend Energie in den Reifen, um den diesjährigen Gummi mit der dünneren Lauffläche nachhaltig aufzuheizen und im besten Betriebsfenster zu halten.
Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner forderte keck: «Am liebsten wäre mir, wir würden zu den 2018er Reifen zurückkehren.» Aber das wird nicht passieren, wie Pirelli-Rennchef Mario Isola beteuerte. Der Mailänder meinte: «Auf gewisse Kritik weiss ich schlicht nichts zu sagen. Aber eines kann ich mit Bestimmtheit sagen – wir bauen keinen Reifen ausschliesslich für Mercedes.»
«Der Schritt zu einer um 0,4 Millimeter dünneren Lauffläche kam aus dem Bestreben heraus, die Überhitzungsneigung zu verringern. Genau das haben wir geschafft. Bei unserem Vorgehen waren alle jederzeit im Bilde: Teams, Fahrer, FIA, FOM. Im vergangenen Jahr haben sich die Piloten über Blasenbildung beklagt, also haben wir entsprechend gehandelt. Das ist alles. Wir haben diese Reifengeneration zum Schluss der Saison 2018 in Abu Dhabi den Teams zum Testen gegeben. Die Fahrer erhielten einen direkten Vergleich zum vorherigen Reifen. Beim Wintertest wurden diese Reifen ebenfalls eingesetzt. Ich kann mich nicht an Kritik erinnern.»
«Der Grund, wieso Mercedes in diesem Jahr vor allem im ersten Teil der Saison so stark gewesen ist, das liegt nicht an den Pirelli-Reifen, sondern an einem guten Auto. Die neuen Reifen verlangen, dass mehr Energie in den Gummi gebracht wird, und das Mercedes-Chassis tut genau das, weil es eben ein schnelles Fahrzeug ist.»
«Die Leute dürfen nicht vergessen: Wir müssen gemäss Reglement am 1. Dezember des Vorjahres die Reifenspezifikation festlegen. Danach kann sich Vieles ändern. Die neuen Autos kommen, sie werden entwickelt, punkto Chassis, punkto Motor, die Mechanik wird verbessert, die Aerodynamik. Der Reifen bleibt immer gleich. Das führt halt dazu, dass einiges mit den Walzen besser zurechtkommen als andere.»
«Um einen Reifen zu ändern, müssen sieben von zehn Teams zustimmen. Wir haben keine entsprechende Anfrage erhalten, weder von Teams, noch von der FIA.»
Realistisch war diese 7-von-10-Regel nie umzusetzen: Mercedes hat kein Interesse daran, einen anderen Reifen zu wünschen, die Mercedes-Kunden Racing Point und Williams werden sich nicht gegen ihren Partner stellen. Und da McLaren die Reifen gut findet, kommt die notwendige Mehrheit nicht zustande.
Isola fügt hinzu: «McLaren kommt mit den Reifen gut zurecht, Toro Rosso und Renault waren fallweise auch sehr schnell. Wir haben also durchaus Teams, welche die Reifen ins beste Wirkungsfenster bringen. Wenn ich auf die letzten Jahre zuschaue, dann ergibt sich dieser Trend: Es gibt immer Rennställe, welche es schneller schaffen, die aktuelle Reifengeneration zu verstehen, als andere Teams. Mal ist es Ferrari, mal Red Bull Racing, mal Mercedes.»
«Wir haben im Anschluss an den Grossen Preis von Spanien auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya Reifen getestet. Sebastian Vettel hat dabei Walzen mit dünnerer und dickerer Lauffläche verglichen und hat gemeint – die Reifen mit der dünneren Lauffläche sind besser. Ich glaube einfach nicht daran, dass ein solcher Reifen für ein bestimmtes Team ein Vorteil ist.»