Florian König: «Mick Schumacher muss vorne fahren»
Der Tübinger Florian König wird am kommenden Sonntag für RTL vom Grossen Preis von Spanien berichten – aber nicht vor Ort aus Katalonien, so wie in einem normalen Formel-1-Mai, sondern vom virtuellen Grand Prix aus dem Kölner Studio: WM-Läufe sind frühestens Anfang Juli möglich, wenn die Königsklasse unter grössten Sicherheitsvorkehrungen bei abebbender Coronakrise in Österreich antritt.
Im ersten Teil unseres Gesprächs mit dem RTL-Sportreporter ging es um die Champions Lewis Hamilton und Sebastian Vettel, also die Situation bei Mercedes-Benz und Ferrari. Nun sprechen wir von der Situation im hart umkämpften Mittelfeld.
Daniel Ricciardo ist Ende 2020 frei. Sollte er sich weiter bei Renault reinhängen oder die Franzosen verlassen? Florian König gibt zu bedenken: «Viele Menschen haben damals nicht verstanden, wieso er von Red Bull Racing weggegangen ist. Man könnte nicht behaupten, dass er sich bei Renault sportlich bewährt hätte. Gewiss, er befindet sich bei den Franzosen in einer anderen Gehaltsklasse als zuvor, aber wenn er wieder um Siege und vielleicht den Titel mitreden will, dann muss er sich bei Renault verabschieden. Doch so viele Cockpits bei Top-Teams sind nicht frei. Bei Red Bull Racing war er schon, bei Mercedes-Benz sehe ich ihn eher nicht, bliebe nur noch Ferrari – sofern es dort mit Vettel keine Einigung gibt.»
Sergio Pérez ist bis Ende 2022 bei Racing Point unter Vertrag, die ab 2021 als Aston Martin antreten. Im zweiten Auto sitzt ein Lance Stroll, der wegen seines Vaters, Teambesitzer Lawrence Stroll, so gut wie unkündbar ist. Florian König bestätigt: «Wenn dem Vater das Team gehört, ist es schwer vorstellbar, dass der eigene Sohn vor die Tür gestellt wird. Aber ich bin nicht der Ansicht, dass der junge Stroll so schlecht ist, dass er keinen Platz in der Formel 1 verdient. Ich sehe da für die kommenden Jahre viel Stabilität.»
Fans des «Iceman» fragen sich: Wird Kimi Räikkönen 2021 nochmals eine Saison bei Alfa Romeo anhängen? «Ja, das könnte ich mir vorstellen», meint Florian König. «Denn bei Alfa Romeo kann er sich aufs Fahren konzentrieren, der Wirbel drumherum, mit Marketing- und Medienterminen, wird ihm zuliebe minimiert. Was das reine Rennfahren angeht, so wittere ich bei ihm genug Freude, um ein weiteres Jahr anzutreten.»
Eigentlich waren die Weichen so gestellt, dass Ferrari-Jüngling Mick Schumacher 2021 zur Formel-1-Ausbildung in einem Alfa Romeo sitzt. Auch weil Antonio Giovinazzi bislang zu wenig überzeugt, um ihn über 2020 hinaus zu beschäftigen oder gar zu Ferrari zu hieven. Florian König findet: «Alles wird davon abhängen, wie Mick sich in seiner zweiten Formel-2-Saison schlägt. Der Anspruch der Formel 1, aber gewiss auch von Mick an sich selber lautet – er muss weiter vorne fahren als 2019 und konstante Spitzenränge einfahren, um es in die Formel 1 zu schaffen. Ich traue ihm das zu, und dann ist der Platz bei Alfa Romeo das logische Cockpit für einen Ferrari-Juniorpiloten.»
Die Abkommen von Romain Grosjean und Kevin Magnussen laufen beide aus, beim Haas-Rennstall herrscht Stagnation. Auch Florian König ist der Ansicht, dass hier ein wenig frischer Wind nicht schaden könnte. «Ich bedaure den Stillstand dort, denn ich mag Teamchef Günther Steiner und finde den Ansatz des US-amerikanischen Rennstalls interessant. 2019 fiel hier die Entscheidung, Romain Grosjean zu behalten und Nico Hülkenberg nicht zu holen. Letztlich hängt alles davon ab, wie viel Geld Teambesitzer Gene Haas investieren will.»
Bei Williams ist Mercedes-Zögling George Russell für 2021 gesetzt. Der zweite Platz beim Traditions-Team wird dadurch diktiert, wer das dickste Portemonnaie mitbringt, «denn Williams ist chronisch knapp bei Kasse», weiss König. «Ihre grossen finanziellen Schwierigkeiten sind kein Geheimnis, und Nicholas Latifi stammt aus einer sehr wohlhabenden Familie. Ich gehe davon aus, dass bei Williams auch in Zukunft mindestens ein Fahrer ordentlich Geld mitbringen muss, im Idealfall sogar beide.»
Der nächste Formel-1-Lauf findet virtuell statt, erneut kommentiert von Florian König und Heiko Wasser. Der Spanien-GP vom 10. Mai wird ab 19.00 Uhr auf dem YouTube-Kanal der Formel 1 übertragen, dazu auf Twitch, Weibo und Facebook. Darüber hinaus als Livestream auf rtl.de, sport.de, ntv.de sowie auf ORF Sport+ und tvthek.ORF.at