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50 Jahre Sauber Motorsport: Vom Käfer zur Formel 1

Von Mathias Brunner
​Am 15. Mai 1970 gründete der Zürcher Peter Sauber die Firma «PP Sauber AG». Aus dem Rennwagenbau im elterlichen Keller wurde der viertälteste Formel-1-Rennstall hinter Ferrari, McLaren und Williams!

«Ich hatte nie Benzin im Blut», pflegt Rennstallgründer Peter Sauber (76) zu sagen. So richtig geglaubt habe ich ihm das nie. Wer in der Schweiz im elterlichen Keller einen Sportwagenbau zusammenbaut, mit Mercedes in Le Mans gewinnt und das inzwischen viertälteste GP-Team nach Ferrari, McLaren und Williams stellt, der ist ein Racer und basta.

Die PP Sauber AG wurde 1970 als unabhängiger Konstrukteur von offenen zweisitzigen Sportwagen im schweizerischen Hinwil gegründet. Peter Sauber fuhr zunächst in einem modifizierten VW Käfer selber Rennen, dann mit einem Hegglin-Spyder, aufgrund seiner Form überaus passend «Käseschnitte» genannt. Sein erster Rennwagen, der Sauber C1 (C für den Vornamen seiner Frau Christiane), gewann 1970 die Schweizer Sportwagenmeisterschaft. Das C wurde Markenzeichen der Sauber-Rennwagen und wird bis heute verwendet.

Sauber wurde mit dem Modell C5 international bekannt, mit welchem der unvergessene Herbert Müller 1976 die Interserie-Meisterschaft gewann. Mit Marc Surer und dem C5 rückte Sauber auch nach Le Mans aus.

1982 war ein bedeutendes Jahr für Peter Sauber:  Der Schweizer Hersteller von Verbundmaterialien Seger & Hoffmann beauftragte den Zürcher mit dem Bau eines Autos für die Gruppe C der Sportwagen-Weltmeisterschaft. Damit war der Sauber SHS C6 geboren. Mit dem C7 gelang Sauber ein Achtungserfolg – neunter Schlussrang in Le Mans, hinter acht der überlegenden Porsche 956. Seger & Hoffmann stellte einen Kontakt zu drei Ingenieuren von Mercedes her.

Erfolg mit Mercedes-Benz

1986 baute Sauber mit Hilfe von Mercedes-Technikern (aber ohne offizielle Unterstützung der Marke mit dem Stern) den C8 in Farben von Kouros. Der Neuseeländer Mike Thackwell und der Franzose Henri Pescarolo siegten beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring. Bestärkt durch dieses Ergebnis überzeugte Peter Sauber Mercedes nach über 30 Jahren Abwesenheit zur Rückkehr in den internationalen Motorsport. Damit begann ein neues Kapitel und ab 1988 trat Sauber als offizielles Mercedes-Werksteam auf.

Sauber und Mercedes gewannen 1989 sowohl den Fahrer- als auch den Herstellertitel in der Sportwagen-Weltmeisterschaft. Darüber hinaus erzielte der Rennstall einen Doppelsieg im legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans. 1990 folgte ein zweiter WM-Titel.

Sauber stellte mit Jochen Neeprasch ein Nachwuchsprogramm auf. Die ersten drei Mercedes-Junioren sollten es alle bis in die Formel 1 schaffen – Michael Schumacher, Heinz-Harald Frentzen und Karl Wendlinger.

Vernünftiger Schritt in die Unvernunft

Der «vernünftige Schritt in die Unvernunft» (so Peter Sauber über den Formel-1-Einstieg 1993) wurde zum Alleingang: Der Mercedes-Vorstand entschied sich gegen die Rückkehr der Silberpfeile auf die Grand-Prix-Pisten. Der Vertrag zwischen Mercedes, Sauber und Michael Schumacher – um Schumi beim F1-Einstieg im Wagen zu haben – wurde nie eingelöst.

Bis zum Herbst 1992 waren die ersten Tests im von einem Ilmor-Motor angetriebenen C12 angelaufen, auf der Motorhaube prangten ein Stern und der Schriftzug «concept by Mercedes-Benz». Zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma knapp 70 Mitarbeiter. Mercedes stand Sauber in den ersten Jahren finanziell zur Seite.

Am 14. März 1993 standen die beiden von Karl Wendlinger und JJ Lehto pilotierten Sauber-C12-Rennwagen beim Grossen Preis von Südafrika am Start. Der Finne Lehto holte mit Rang 5 auf Anhieb Punkte.

1995 und 1996 agierte Sauber als Werksteam für den Motorenhersteller Ford. Die mit Red Bull und Petronas im Jahr 1995 abgeschlossenen Verträge verschafften dem Schweizer Rennstall eine solide Basis, um sich in der Formel 1 zu etablieren. 1995 erzielte die Mannschaft durch Heinz-Harald Frentzen im Sauber C14 mit dem dritten Platz beim Grossen Preis von Italien in Monza ihr erstes Podiumsergebnis.

Von 1997 bis 2005 dienten Ferrari-Motoren als Antriebsaggregate der Autos – Titelsponsor war Petronas. 2001 sicherte sich Sauber mit Rookie Kimi Räikkönen und dem verlässlichen Nick Heidfeld den vierten Platz in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Im gleichen Jahr unternahm Sauber eigene Schritte im Hinblick auf die technische Entwicklung der Werkseinrichtungen. Die Firma wurde in Sauber Motorsport AG umbenannt und der Bau des Windkanals begann. Im Dezember 2003 wurde die dem neuesten Stand der Technik entsprechende Anlage offiziell eingeweiht und nahm im Frühjahr 2004 ihren Betrieb auf. Bis heute gilt der Windkanal als eine der besten Anlagen der Welt mit zahlreichen Kunden.

Erfolg und Ernüchterung mit BMW

Die neue Windkanalanlage und die Beharrlichkeit Saubers weckten das Interesse von BMW. Der Automobilhersteller, der seit 2000 mit Williams in der Formel 1 unterwegs war, wollte ein eigenes Werksteam auf die Beine stellen. Am 22. Juni 2005 gab BMW den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung am Schweizer Rennstall bekannt, der damit zu einem reinen Werksteam – dem BMW Sauber F1 Team – wurde.

2008 sollte den nächsten Meilenstein in der Geschichte des Rennstalls markieren. Das Team erzielte in Kanada einen Doppelsieg, mit Robert Kubica vor Heidfeld. BMW-Sauber wurde WM-Dritter.

Nach einem schwierigen Start in die Saison 2009 gab BMW seinen Rückzug aus der Formel 1 zum Ende der Saison bekannt. Ende 2009 schloss Peter Sauber einen Vertrag zum Rückkauf seines Unternehmens von BMW ab, womit ein weiteres Kapitel der Geschichte des Teams begann. Peter Sauber hatte keine andere Wahl. Sein Lebenswerk zugrunde gehen zu sehen, hätte er nie ertragen. Nur mit Hilfe von Banken konnte er die Firma zurückkaufen. Ein jahrelanger finanzieller Leidensweg begann.

Am 11. Oktober 2012 trat Peter Sauber als Teamchef zurück und übergab den Stab an Monisha Kaltenborn, die damit zur ersten weiblichen Teamchefin der Formel-1-Geschichte wurde. Die folgenden Saisons wurden für das Sauber F1 Team immer schwieriger. Tiefpunkt: 2014 wurde Sauber punkteloser WM-Letzter, auch 2016 und 2017 konnte Sauber nur WM-Zehnter werden.

Die Weichen zu einer besseren Zukunft wurden 2016 gestellt: Die in der Schweiz ansässige Investmentfirma Longbow Finance mit Finn Rausing im Hintergrund (Erbe des Verpackungskonzerns Tetra Laval) erwarb die Firmenanteile. Auf Monisha Kaltenborn folgte der Franzose Frédéric Vasseur als Teamchef.

Sauber wird Alfa Romeo

Am 2. Dezember 2017 gaben Alfa Romeo und Sauber eine mehrjährige Partnerschaft bekannt, bei der Alfa Romeo Titelsponsor des Rennstalls wurde. Eingefädelt wurde das Abkommen vom damaligen Fiat/Chrysler-Chef Sergio Marchionne. 2018 fuhr Ferrari-Junior Charles Leclerc für die Schweizer.

2019 wurde das Abkommen zwischen Alfa Romeo und Sauber vertieft: Der Rennstall tritt seiter als «Alfa Romeo Racing» an, erstmals seit dem WM-Einstieg 1993 fehlte der Name Sauber in der Rennstallbezeichnung. Die Typenbezeichnung hat sich nicht geändert (der 2020er Renner heisst C39), und an den Flanken der Rennwagen von Kimi Räikkönen und Antonio Giovinazzi steht weiterhin «SAUBER Engineering», zusammen mit dem weissen S auf rotem Grund.

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