Jean Todt zu Ferrari und Vettel: Mangel an Eintracht
Sebastian Vettel und Jean Todt in Montreal 2017
Sebastian Vettel hat noch eine letzte Chance, mit Ferrari Weltmeister zu werden, in der Coronavirus-verkürzten Saison 2020. Aber Hand aufs Herz: Gegen die bei den Wintertests bärenstarken Autos von Mercedes, gegen Max Verstappen im Auto von Red Bull Racing-Honda sowie gegen seinen eigenen Ferrari-Stallgefährten Charles Leclerc wird das eine sehr schwierige Aufgabe.
In aller Wahrscheinlichkeit wird der Heppenheimer Ende 2020 Ferrari ohne Titel verlassen, den er seit 2015 jagt. Damit würde er das grosse Ziel verpassen, wie sein Vorbild und Freund Michael Schumacher zusammen mit Ferrari den Weltmeistertitel zu erobern.
Auch Jean Todt hat sich Gedanken gemacht, was schiefgelaufen ist. Der 74jährige Franzose wurde 1993 bei Ferrari Formel-1-Teamchef, später wurde er sogar Geschäftsleiter von Ferrari, bevor er im Oktober 2009 Präsident des Automobil-Weltverbands FIA wurde. Unter Todt fuhr Ferrari die grössten Erfolge ein: Fünf WM-Titel in Serie mit Michael Schumacher, das ist bis heute unerreicht.
«Die Ergebnisse haben immer eine Erklärung», findet der Franzose, «egal ob sie gut oder schlecht sind. Als wir damals mit Michael diese ganzen Titel erobert haben, da war die Eintracht in diesem Team ausserordentlich gross, jeder hat den Anderen unterstützt, ganz besonders dann, wenn etwas nicht gut gelaufen ist», so Todt gegenüber Sky Sports. «Das ist wichtig. Denn es ist einfach, miteinander zu leben, wenn alles gut läuft. Aber wie gut ein Matrose ist, erweist sich erst bei schwerer See. Wir sassen damals im gleichen Boot, und das hat den Unterschied ausgemacht.»
Todt ist ein grosser Bewunderer von Sebastian Vettel. «Er ist eines der grössten Talente, das ich im Motorsport je gesehen habe. Ich bin sicher, es gibt noch Gelegenheiten für ihn. Ich kann ihm nur das Beste wünschen, und ich weiss – wer immer sich seine Dienste sichert, der kann sich sehr glücklich schätzen.»
«Für mich steht fest: Mit dem richtigen Auto könnte er wieder Weltmeister werden. Als Michael Schumacher damals 1996 zu Ferrari kam, hat er in seiner ersten Saison nur drei Rennen gewinnen können – weil das Auto einfach nicht gut genug war. Wir haben dann einige Zeit gebraucht, um ein Fahrzeug zu bauen, das es ihm erlaubte, um den Titel zu kämpfen. Es muss schon alles stimmen. Wenn Hamilton nicht in einem Siegerauto sässe, dann würde er auch keine WM-Titel einfahren. Wir haben das mit Fernando Alonso gesehen und jetzt mit Sebastian Vettel.»