Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Endlich: Max Verstappen beendet Mercedes-Dominanz

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton und Max Verstappen

Lewis Hamilton und Max Verstappen

Der Sieg des Niederländers Max Verstappen mit Red Bull Racing-Honda in Frankreich zeigt: Die jahrelange Dominanz von Mercedes-Benz in der Turbohybrid-Ära der Formel 1 ist gebrochen – endlich.

Zweitletzte Runde dieses hochspannenden Grossen Preises von Frankreich auf dem Circuit Paul Ricard: Max Verstappen hat mit seinem Red Bull Racing-Honda zu Leader Lewis Hamilton aufgeschlossen, und der Niederländer fackelt nicht lange – dank der besseren Rennstrategie und mit frischeren Reifen lässt er dem siebenfachen Weltmeister keine Chance, Sieg in Le Castellet!

Aber Frankreich 2021 wird vielleicht nicht einfach als der 13. GP-Triumph des 23jährigen Verstappen in die F1-Geschichtsbücher eingehen oder als der 68. Formel-1-Erfolg des Rennstalls Red Bull Racing aus Milton Keynes.

Nein, der tolle Erfolg von WM-Leader Verstappen bedeutet: Erstmals in der Turbohybrid-Ära seit Anfang 2014 ist die Dominanz von Mercedes-Benz gebrochen – endlich gebrochen, wie viele Fans feststellen.

Denn nicht nur, dass Verstappen und Red Bull Racing-Honda auf einer Piste gewonnen haben, die als klassischer Mercedes-Kurs galt; dies ist erst das zweite Mal seit Ende 2013, dass Mercedes in drei Rennen hintereinander ohne Sieg geblieben ist. Das erste Mal passierte, als Ferrari 2019 im Spätsommer einen tollen Lauf hatte und in Belgien, Monza (mit Charles Leclerc) sowie in Singapur gewann (mit Sebastian Vettel).

Parallel dazu hat Red Bull Racing nun das erste Mal seit Ende 2013 drei Mal in Folge jubeln dürfen, also der erste Hattrick in der Epoche der Antriebseinheiten mit Mehrfach-Energierückgewinnung (Verstappen in Monaco, Pérez in Baku, Verstappen in Le Castellet). Nur Red Bull Racing-Honda hat nach dem Frankreich-GP geschafft, Mercedes in der Konstrukteurs-Meisterschaft um 37 Punkte abzuhängen.

Zudem hat Max Verstappen den ersten Hattrick seiner Formel-1-Karriere geschafft, also Pole-Position, beste Rennrunde und Sieg am gleichen Wochenende.

Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko in der ServusTV-Sendung «Sport und Talk aus dem Hangar-7»: «Wir müssen diesen Schwung jetzt nutzen, unsere derzeitige Leistungsfähigkeit passt. Mercedes ist diese Situation nicht gewohnt, weil sie in den Jahren zuvor punkto Motor immer Reserven hatten.»

Mercedes-Teamchef Toto Wolff gibt sich gelassen: «Unser Speed hat gestimmt, wir hatten wahrscheinlich sogar das schnellere Auto. Aber wir haben das Rennen beim ersten Boxenstopp verloren.»

Der Wiener vertieft: «Wir dachten, dass wir genügend Vorsprung hatten, um nach dem Stopp vorne zu bleiben, aber das war nicht der Fall. Von da an waren wir im Hintertreffen. Wir müssen jetzt verstehen, woher das starke Tempo der Red Bull Racing-Autos auf ihren Outlaps kam. Das werden wir uns ansehen, um uns weiter zu verbessern.»

Mercedes hatte in Portugal und Spanien das schnellere Auto, Red Bull Racing-Honda war besser auf den Strassenkursen von Monte Carlo und Baku. In Le Castellet würden wir sagen: Die Autos trafen sich ungefähr auf Augenhöhe, Red Bull Racing hat dank der klügeren Strategie und des toll fahrenden Verstappen gewonnen.

Aber wie geht das nun weiter? Wird das Pendel die ganze Zeit hin- und herschwingen? Ist ein gutes Reifen-Management dabei wichtiger als ein Rennauto, das zur Charakteristik einer bestimmten Piste ideal passt?

Lewis Hamilton auf diese Frage von SPEEDWEEK.com am Circuit Paul Ricard: «Die Reifen sind ein enormes Thema, mehr denn je. Sie arbeiten in einem unheimlich engen Betriebsfenster. Wenn du das Beste aus den Reifen holst, ist alles leichter. Die Fahrzeugbalance geht Hand in Hand mit der Reifennutzung.»

«Dann gibt es Strecken, wo die aerodynamische Einstellung des Autos starken Einfluss hat auf das Verhalten des Autos in Sachen Reifen. Wir haben auch Pisten, wo es auf eine Runde einfacher ist, das Beste aus dem Auto zu holen, als im Rennen. Und es gibt genau den umgekehrten Fall. Generell finde ich es dieses Jahr schwieriger denn je, in Sachen Reifen das Beste aus dem Gesamtpaket zu holen.»

Falls noch jemand Zweifel daran hatte, ob Max Verstappen 2021 mit Red Bull Racing-Honda titelfähig ist, hat der Verlauf des Frankreich-GP diese Frage beantwortet. Verstappen siegte, obschon er in der ersten Kurve kurz neben der Bahn war und obwohl er grosse Probleme mit dem Sprechfunk hatte.

Der langjährige Formel-1-Fahrer Martin Brundle: «Le Castellet war die Nagelprobe für Red Bull Racing. Die Strassenkurse von Monaco und Baku haben ihre eigenen Gesetze, aber Mercedes auf einer Bahn zu schlagen, auf welcher die Dauer-Weltmeister zuvor leichtes Spiel hatten – also das ist schon eine starke Ansage!»

Der frühere Mercedes-Teamchef Ross Brawn, heute Sportdirektor der Königsklasse: «Meine Frau hat mich im Rennen gefragt: ‘Was würdest du jetzt machen, wenn du am Kommandostand von Mercedes sitzen würdest?’ Ich sagte zu ihr: ‘Ich bin heilfroh, sitzt ich nicht dort, denn das Geschehen wäre nicht gut für meinen Blutdruck!»

«Wir erleben jetzt erstmals seit 2016 einen echten Titelkampf. Aber noch besser: Dieser Kampf spielt sich nicht Rennstall-intern ab, wie damals zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg, sondern zwischen Piloten aus zwei verschiedenen Rennställen. Wie sehr uns das in den letzten Jahren gefehlt hat!»

«Das ist ein Duell mit Zähnen und Klauen, um jeden Punkt; dies in einem Klima, das ich als gesund bezeichnen würde. Es ist normal, dass es zwischen den Teamchefs Geplänkel in Sachen Technik gibt, siehe Diskussion im biegsame Flügel, das gehört zur normalen Landschaft der Formel 1.»

Der sechsfache GP-Sieger Ralf Schumacher weist darauf hin: «Mercedes ist nun seit drei Rennen ohne Sieg. Die neue Konstruktion respektive die aerodynamische Situation hat dem Team nicht wirklich geholfen in diesem Jahr. Das heißt: dieser viel zitierte Anstellwinkel von der Vorder- zur Hinterachse, der bei Red Bull Racing viel höher ist, spielt eine große Rolle.»

Sky-Experte Schumacher wittert: «Allerdings hat Mercedes auch ein anderes Grundsatzproblem, nämlich das Grip-Fenster des Reifens zu finden. Selbst in Le Castellet, wo es 50 Grad Asphalttemperatur hatte, hätte Hamilton im Qualifying noch eine Aufwärmrunde gebraucht. Das zeigt, dass man den Reifen nicht optimal nutzt und dementsprechend Probleme hat.»

Nochmals Martin Brundle: «Wir hatten seit Anfang 2014 auf einen echten WM-Kampf gewartet zwischen Mercedes und einem anderen Team. Red Bull Racing und Ferrari waren zwischendurch immer wieder Herausforderer, aber zu wenig konstant stark, um Mercedes am Titel zu hindern.»

«Das Warten hat sich gelohnt: Jetzt geht es um Speed, Konstanz, List, Rennhandwerk, kalkuliertes Risiko und darum, die Leistung in jedem Qualifying und in jedem Rennen auf den Punkt zu bringen.»

«Nach Le Castellet folgen zwei Rennen auf dem Red Bull Ring. Dort hat Max Verstappen mit seinen Siegen 2018 und 2019 gezeigt, dass er Mercedes-Benz schlagen kann. Und da lag Red Bull Racing nicht so auf Augenhöhe wie heute. Die Frage wird jetzt sein: Können Max und RBR die Führung ausbauen, oder schafft es Mercedes, zurückzuschlagen?»

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