Verstappen gegen Hamilton: Stimmen vor dem Finale
Alexander Wurz mit dem Fahrer-WM-Pokal
Die WM-Anwärter Max Verstappen und Lewis Hamilton gehen aus der ersten Startreihe ins alles entscheidende Finale auf dem Yas Marina Circuit. Auch langjährige Racer sind nicht sicher, wie das alles enden wird.
Der zweifache Le Mans-Sieger Alexander Wurz (47) sagt gegenüber SPEEDWEEK.com: «Alles wird zunächst mal vom Start abhängen. Wenn Max die Führung behaupten kann, muss er darauf achten, sich schnell von Lewis abzusetzen. Ideal für Verstappen wäre, ein kleines Polster auf Hamilton herauszufahren und dann seine weichen Reifen zu schonen. Es muss für ihn möglich sein, die rot markierten Pirelli 14 oder 15 Runden am Leben zu erhalten, dann auf die harte Mischung zu wechseln und bis ins Ziel zu fahren. Fällt er trotz weicher Reifen hinter Hamilton zurück, wird es für ihn ganz schwierig.»
Lewis Hamilton: «Ich bin so gut vorbereit, wie ich es mir vorstellen kann. Ich will auf der Strecke einfach mich selber sein und mich jeder Situation anpassen, mit positiver Energie alles geben. Wir wissen noch nicht, wo das heute in Sachen Strategie hinführt. Wir glauben, wir sind mit dem mittelharten Reifen gut aufgestellt.»
Max Verstappen: «Wir glauben, dass wir gut aufgestellt sind. Wir denken, die Reifen werden sich anständig verhalten, und für den Start bin ich mit weichen Reifen prima aufgestellt. Ich erwarte einen so heissen Tanz wie schon das ganze Jahr.»
Valtteri Bottas: «Wir sind mit dem mittelharten Reifen auf der richtigen Mischung. Wir haben mehr strategischen Spielraum als unsere Gegner.»
Sergio Pérez: «Start und erste Runde sind extrem wichtig, ich will sofort vordringen, um Max zu helfen.» (Der Mexikaner startet als Vierter.)
Die deutsche Rennfahrerlegende Hans-Joachim Stuck (70) meint: «Was ich mir wünschen würde, ist ein fairer Zweikampf oder im Idealfall sogar ein Vierkampf, wenn Bottas oder Pérez auch da vorne mitfahren können. Ich halte Verstappen für den stärksten Fahrer im Feld. Wenn man sieht, mit wie viel Konsequenz er beim zweiten Re-Start in Saudi-Arabien an Hamilton vorbeigezogen ist und wie viel später er dabei gebremst hat. Für mich hat Verstappen aktuell fahrerisch definitiv eine Ausnahmestellung.»
Der 13-fache GP-Sieger David Coulthard (50): «Wir haben in diesem Jahr gesehen – Max wird in einem Rad-an-Rad-Kampf nicht vom Gas gehen. Und für Lewis gilt das Gleiche. Da ist auch eine erneute Fahrzeugberührung nicht auszuschliessen.»
Red Bull Racing-Pilot Sergio Pérez (31): «Für uns ist noch alles drin. Den Titel bei den Konstrukteuren zu holen, dürfte schwierig werden, aber in der Formel 1 kann alles passieren. Im Team herrscht eine gute Stimmung, wir alle wollen Max zum Titel verhelfen.»
Formel-1-CEO Stefano Domenicali (56): «Wir sind stolz darauf, dass wir vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Pandemie eine solche Saison zeigen durften mit diesem spannenden Finale als Krönung. Der Schlüsselmoment wird der Start sein, und ich wünsche mir, dass diese Saison nicht auf einer unschönen Note endet, sondern mit einem sauberen Rennen.»
Der sechsfache GP-Sieger Ralf Schumacher (47): «Speziell Max Verstappen muss vorsichtig sein, dass keine Absicht zu erkennen ist, sollte es zu einer erneuten Kollision kommen. Sonst hätte diese wunderbare Saison einen bitteren Beigeschmack. Kracht es dennoch und beide fallen aus, dann müssen wir uns darauf einstellen, dass die Angelegenheit nach Paris zur FIA geht, wo sicherlich nicht am Sonntag entschieden wird. Nach dem Rennen nicht zu wissen, wer nun Weltmeister ist – das kann keiner brauchen.»
Damon Hill (61), Formel-1-Weltmeister von 1996: «Kein Fahrer geht mit der Absicht in ein Rennen, den Gegner abzuschiessen. Als Sportsmann wünsche ich mir eine faire Entscheidung. Von den sechs Mal, wenn Lewis von Startplatz 2 ins Rennen gegangen ist, hat er nur einmal gewonnen – auf kontroverse Art und Weise in Silverstone. Rein statistisch sieht das also für Lewis nicht so gut aus, aber in Abu Dhabi ist alles drin. Max liegt vor Lewis und darf diese Führung nicht verlieren, aber selbst von Rang 2 aus gibt es strategische Möglichkeiten. Red Bull Racing hat den Wagen mit einem flach gestellten Heckflügel auf hohe Top-Speed getrimmt.»
Formel-2-Europameister Marc Surer (70): «Es wird ein taktisches Rennen geben. Lewis weiss, dass er mit dem mittelharten Reifen einen grösseren strategischen Spielraum hat. Er muss nicht sofort attackieren, sondern kann abwarten. Aber ich habe den Freitag nicht vergessen, als Verstappen auf weichen Reifen mit viel Sprit an Bord bärenstarke Rundenzeiten erzielt hat. Wenn Verstappen es schafft, seine weichen Walzen am Leben zu erhalten, dann hat er gute Chancen. Mercedes rechnet damit, dass diese weichen Reifen einbrechen, sollte das nicht passieren, haben sie ein Problem.»
Ex-Formel-1-Teamchef Eddie Jordan (73): «Max hat in Abu Dhabi vor einem Jahr gewonnen, aber Lewis hat derzeit einen wahnsinnigen Lauf. Was die beiden WM-Anwärter in den vergangenen Rennen mit ihren Autos gezeigt haben, ist beste Werbung für unseren Sport. Bei Max frage ich mich, ob er sein Temperament zügeln kann. Die Ausgangslage ist überaus fesselnd, und ganz ehrlich – ich habe keine Ahnung, wie das enden wird.»
Rennlegende Sir Jackie Stewart (82): «Ich habe das Bauchgefühl, dass Mercedes über die Renndistanz stärker sein wird. Ich würde in der Formel 1 gerne eine Veränderung sehen, aber am Ende werden wohl doch wieder Mercedes und Hamilton die Nase vorn haben.»
Sportwagen-Weltmeister Martin Brundle (62): «Ich hoffe, das letzte Rennen ist so spannend wie die ganze Saison. Mercedes ist im Training an purem Speed unterlegen, aber ich bin sicher, Red Bull Racing wäre es lieber, mit dem mittelharten Reifen ins Rennen gehen zu können. Andererseits hat RBR durch die Pole Spitzenposition und damit die Kontrolle. Wenn Lewis gewinnen will, muss er im Rennen früher oder später an Verstappen vorbei.»
Formel-1-Weltmeister Jenson Button (41): «Max kann von der Spitze aus das Rennen kontrollieren, aber Mercedes hat durch den mittelharten Reifen mehr strategische Möglichkeiten. Ich sehe Hamilton in einer guten Lauerstellung.»
Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg (36): «Max hat am Samstag unter grösstem Druck eine wahrlich grosse Runde gefahren. Und er ist am Freitag im Dauerlauf auf weichen Reifen nur so geflogen. Aber das waren lediglich sieben Runden, nun müssen seine rot markierten Reifen mehr als doppelt so lang halten. Am Ferrari von Leclerc sind die Reifen nach 14, 15 Runden besorgniserregend eingebrochen. Alles wird davon abhängen, ob Max in Führung gehen und wie gut er seinen Reifen dann Sorge tragen kann.»
Qualifikation, Yas Marina Circuit (Abu Dhabi)
01. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB16B-Honda, 1:22,109
02. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W12, 1:22,480
03. Lando Norris (GB), McLaren MCL35M-Mercedes, 1:22,931
04. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing RB16B-Honda, 1:22,947
05. Carlos Sainz (E), Ferrari SF21, 1:22,992
06. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W12, 1:23,036
07. Charles Leclerc (MC), Ferrari SF21, 1:23,122
08. Yuki Tsunoda (J), AlphaTauri AT02-Honda, 1:23,220
09. Esteban Ocon (F), Alpine A521-Renault, 1:23,389
10. Daniel Ricciardo (AUS), McLaren MCL35M-Mercedes, 1:23,409
11. Fernando Alonso (E), Alpine A521-Renault, 1:23,460
12. Pierre Gasly (F), AlphaTauri AT02-Honda, 1:24,043
13. Lance Stroll (CDN), Aston Martin AMR21-Mercedes, 1:24,066
14. Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo C41-Ferrari, 1:24,251
15. Sebastian Vettel (D), Aston Martin AMR21-Mercedes, 1:24,305
16. Nicholas Latifi (CDN), Williams FW43B-Mercedes, 1:24,338
17. George Russell (GB), Williams FW43B-Mercedes, 1:24,423
18. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo C41-Ferrari, 1:24,779
19. Mick Schumacher (D), Haas VF-21-Ferrari, 1:24,906
20. Nikita Mazepin (RUS), Haas VF-21-Ferrari, 1:25,685*
*Corona-positiv getestet, kann nicht starten