Nicolaus Otto: Erfinder des Verbrennungsmotors
Nicolaus Otto
Auch wenn die Erfindung des Verbrennungsmotors den eigentlichen Einstieg in die Mobilisierung darstellt, so wurde diese nicht einfach nur gemacht, sondern ist das Ergebnis des ständigen Reifeprozesses technischer Entwicklungen und der Wissenschaft. So ebneten zum Beispiel die Dampfmaschine, die Lokomotive und der Lenoirsche Gasmotor den Weg für Verbrennungsmotoren und Fahrzeuge. Mancherorts wurde geforscht und entwickelt.
Ideen anderer Techniker wurden aufgegriffen und eigene geboren, weiterverfolgt oder verworfen. Bei der Patentierung kam es dann häufig zu Unstimmigkeiten. Manche Erfindungen ähnelten sich und waren doch grundverschieden. Die Erfindung des Viertakt-Motors wird nichtsdestotrotz an der Person Nicolaus Otto festgemacht.
Somit müsste man annehmen, dass Otto ein ausgebildeter Techniker gewesen sei, doch weit gefehlt. Der am 10. Juni 1832 in Holzhausen an der Haide im Taunus geborene Nicolaus August Otto war Reisender in Kaffee, Tee und Zucker, sprich Kaufmann. Das war sein Broterwerb.
Sein besonderes Interesse galt allerdings der aufstrebenden Technik. Da er sehr viel herumkam, sah und hörte er einiges vom Stand dieser. In Frankreich hatte ein gewisser Jean Lenoir eine Gaskraftmaschine konstruiert und auch gebaut, doch musste diese stationär, eben mit Gas, betrieben werden.
Ottos weitergeführte Gedanken brachten ihn auf die explosionsfähigen Dämpfe von Petroleum und Spiritus, von denen er sich eine Unabhängigkeit von Gasleitungen versprach.
Nicolaus Otto war aber weder Physiker noch Techniker, sondern eher Tüftler. Seine nicht immer wissenschaftlich begründeten Ideen ließ er in Köln an Hand von Skizzen von einem Mechaniker-Meister in die Tat umsetzen.
Im Mai 1862 gab schließlich erstmals ein Otto-Motor erste Lebenslaute von sich. Eine Patentierung des Objekts lehnte die preußische Regierung allerdings zunächst noch ab. Vorbehalte dürfte wohl auch die Tatsache geliefert haben, dass seit dem 26. Oktober 1860 der in Österreich geborene und inzwischen in München lebende Uhrmacher Christian Reithmann ein Patentrecht auf einen Verbrennungsmotor beanspruchte. Allerdings erlosch dieses 1861 bereits wieder.
Auch der französische Eisenbahn-Ingenieur Alphonse Beau de Rochas hatte 1862 ein Patent auf einen Viertaktmotor angemeldet, doch konnte dieser in der Praxis nicht verwendet werden.
Nach diversen Gerichtsverfahren und Ausgleichszahlungen an Christian Reithmann ließ dieser Ende 1894 von seinem berechtigten Anspruch ab, sodass Nicolaus Otto weiterhin als Erfinder des Viertaktmotors geführt wurde, zumal sich dieser auch technisch durchsetzte.
Nach dem Durchbruch kam die Weiterentwicklung von Ottos Projekt zwar auf Grund Finanzmangels eher schleppend voran, doch durch die Kooperation mit dem gut betuchtem Ingenieur Eugen Langen schaffte man es dennoch, die Gaskraftmaschine bis zur Pariser Weltausstellung des Jahres 1867 so weit zu verbessern, dass sie auch längere Zeit störungsfrei lief. Die Gaskraftmaschine arbeitete nach dem atmosphärischen Prinzip, wobei kurzum der Kolben durch die Explosionskraft in die eine und durch einen Unterdruck gegenüber dem äußeren Luftdruck in die andere Richtung bewegt wurde.
Wohlgemerkt sprechen wir bei diesem 0,5 PS leistenden Motörchen von 80 bis 100 Kolbenhüben pro Minute. Um die unterschiedlichen Geschwindigkeiten von Kolbenvor- bzw. Rückhub zu gewährleisten, hatte Langen einen Freilauf konstruiert. Ein weiterer Vorteil des Otto-Motors war sein geringer Gasverbrauch.
Die 1867er-Weltausstellung war somit der Durchbruch. Otto und Langen wurden nun häufig zu Vorträgen an Polytechniken, so hießen damals die technischen Hochschulen, eingeladen. Auch Technik-Zeitschriften berichteten in großem Rahmen über den Motor.
Bereits ein Jahr später konnten 46 Motoren verkauft werden und damit auch etwas Kapital aus der Erfindung gezogen werden. Doch die Finanzdecke des jungen Unternehmens blieb trotzdem recht dünn.
Der Umzug in neue Fabrikhallen des Kölner Vorortes Deutz machte eine weitere Kooperation notwendig. Aus England holte Langen den deutschstämmigen Geschäftsmann Roosen-Runge zurück, der das Unternehmen sanieren sollte. Nach dessen Umstrukturierungsmaßnahmen und Umbenennung in «Gasmotorenfabrik Deutz AG», wurden Nicolaus Ottos Kompetenzen mehr und mehr beschnitten, bis er schließlich nur noch für den kaufmännischen Bereich verantwortlich zeichnete.
Als technischen Direktor verpflichtete man Gottlieb Daimler, der wiederum den damaligen «König der Konstrukteure», Wilhelm Maybach, mitbrachte. Wirtschaftlich ging es dem Unternehmen hervorragend. Aktionäre erhielten zeitweise bis zu 15 Prozent Dividende.
Doch Nicolaus Otto war mit seiner Rolle nicht zufrieden. Nach wie vor an der Technik interessiert und von der Idee beseelt, die Gasverbrennung effizienter zu nutzen, konnte er durchsetzen, wieder Versuche durchführen zu dürfen, was Gottlieb Daimler nicht ohne weiteres hinnehmen wollte. Daimler hatte im Unternehmen eine Sonderstellung, führte sehr autoritär, schaffte es aber auch innerhalb von nur drei Jahren den Motorenabsatz zu verzehnfachen.
1876 gelang es Otto schließlich, den argwöhnischen, echten Technikern des Unternehmens einen Motor zu präsentieren, der mit vorverdichtetem Gas-Luftgemisch arbeitete. Der Viertakt-Motor war geboren. Das daraufhin erwirkte, neue Patent war auch aus wirtschaftlicher Sicht nicht unerheblich, zumal der Patentschutz für den Motor der ersten Generation gerade abgelaufen war.
Nach ständigen Querelen mit Otto verließ Gottlieb Daimler 1882 das Unternehmen. Nun konnte sich Otto wieder häufiger technischen Belangen hingeben. Otto war ständig an der Weiterentwicklung interessiert, schließlich hatte er schon auf seinen strapaziösen Reisen per Kutsche von motorgetrieben Fahrzeugen geträumt.
Ein großes Problem für Otto, aber auch für andere Erfinder, war, dass sie in der Weiterentwicklung beschnitten wurden. Um ihre Erfindung wirtschaftlich zu nutzen, brauchten sie Investoren. Diese wiederum wollten schnellstmöglich eine Produktion aufbauen und ihren Kapitaleinsatz gewinnbringend amortisiert wissen.
Otto arbeitete auch an einem Motor, der im Zweitaktverfahren arbeiten sollte. Bezüglich der Wirtschaftlichkeit des Prinzips gegenüber dem Bewährten entstanden dann aber Zweifel, sodass man dieses Ziel nicht weiter verfolgte.
1885 gelang es Otto schließlich seinen Motor ebenfalls mit Flüssigkraftstoff zu betreiben und an Stelle der Glührohr- eine magnetelektrische Zündung einzusetzen. Die Motoren mussten nun nicht mehr stationär betrieben werden. Die (Auto-) Mobilisierung konnte beginnen.
Noch vor Nicolaus August Ottos Ableben am 26. Januar 1891 in Köln wurde ihm eine Ehre der besonderen Art zu Teil. Die Universität Würzburg verlieh ihm die Ehrendoktorwürde – was ihn als ungelernten Techniker mit besonderem Stolz erfüllte.