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Rennlegende Hans Herrmann: «Hans im Glück» ist 95

Kolumne von Rainer Braun
​Am 23. Februar vollendet der älteste deutsche Grand Prix-Pilot seinen 95. Geburtstag. Im Hause Herrmann im Sindelfinger Ortsteil Maichingen wird es dann wohl nur so wimmeln von Gratulanten.

Die deutsche Rennlegende Hans Herrmann ist 95 Jahre alt. Auch die Repräsentanten von Mercedes und Porsche werden wieder ihre Aufwartung bei dem Mann machen, der diesen Unternehmen so viele große Rennsport-Erfolge beschert hat.

Als noch junger Reporter und Sprecher habe ich Hans persönlich erst kennengelernt, als er seine Laufbahn als F1-Pilot schon hinter sich hatte. Erste Kontakte mit ihm ergaben sich Anfang der 1960er-Jahre bei der Europa-Bergmeisterschaft und bei diversen Flugplatzrennen.

Damals war Hans Nummer-1-Fahrer im Werksrennstall von Carlo Abarth, steuerte alles vom kleinen Abarth 1000 TC über den GT 2000 bis hin zum Spyder.

Von da an entwickelte sich ein fast freundschaftliches Verhältnis. Auf meine Fragen gab er mir immer ehrliche Antworten und wertvolle Tipps. Das Flugplatzrennen Wien-Aspern 1963 war eines der ersten Rennen, bei dem ich als Streckensprecher gleich drei Abarth-Siege von Hans Herrmann an einem Tag begleiten durfte.

Ausgerechnet vom ebenso strengen wie gefürchteten Carlo Abarth bekam Hans damals auch das größte Kompliment: «Ich kenne keinen Rennfahrer, der mit so wenig Risiko so schnell Autofahren kann.»

Dafür, dass der schwierige und streitbare Rennstallchef seine Piloten regelmäßig beschimpft und zum Teufel gejagt hat, war dieses überlieferte Zitat eine echte Sensation. «Ich hab’s selbst kaum glauben können, als er das gesagt hat», feixt Hans noch heute.

Seine Rennen und Siege für Mercedes, Porsche und Abarth, für Borgward, BRM, Cooper und Maserati sind inzwischen Legende, weshalb auch seine Popularität nach wie vor ungebrochen ist.

Der dreimalige deutsche Sportwagenmeister hat in seiner aktiven Zeit zwischen 1952 und 1970 wirklich alle Fegefeuer des Rennsports erlebt.

In der Formel 1 und im Sportwagen fuhr und siegte er gegen die Besten seiner Epoche, gegen Moss, Fangio, Siffert, Bonnier und die anderen Superstars. Und er hat sie fast alle überlebt, ebenso wie zwei Horrorunfälle auf der Avus und in Monaco. Er hat sich dabei nahezu alle Knochen gebrochen. «Überleben heißt auch Glück haben», sagte er immer wieder, «und davon hatte ich reichlich.»

Das gilt auch für seine spektakuläre Entführung vor 33 Jahren, wo er bis zu seiner Befreiung 48 Stunden gefesselt und geknebelt in einem dunklen Kofferraum Todesängste ausstand. «Wenn du das alles überlebt hast, dann weißt du, was Glück bedeutet.»

Sogar in seinem allerletzten Rennen begleitete ihn das Glück, als er 1970 mit Dick Attwood im Porsche 917 die 24 Stunden von Le Mans gewann und damit für Porsche den ersten Sieg in diesem Langstrecken-Klassiker sicherte. «Le Mans zu gewinnen und dann aufzuhören, das ist wie ein schöner Traum.»

Seine Frau Madelaine begleitet ihn seit fast 60 Jahren durchs Leben und sorgt auch heute noch dafür, dass es «meinem Hänschen immer gut geht».

Gut ging’s ihm eigentlich immer, auch als Geschäftsmann mit seiner Firma «HH Autotechnik». Das Unternehmen für Fahrwerksteile für die Automobilindustrie hatte er nach Ende der Rennfahrerkarriere als neue Existenz aufgebaut. Der Betrieb ist aber längst verkauft.

Aktuell geht’s Hans nach Aussage seiner Frau «richtig gut, trotz eines Beckenbruchs vor zwei Jahren ist noch 16 Stunden am Tag auf den Beinen».

Nach wie vor geht er zu allen möglichen Stammtischen und Treffen mit seinen Porsche- oder Mercedes-Freunden. «Und wenn er dann nach Hause kommt», so Madelaine, «dann lässt er sich in den Sessel fallen und mimt den Pflegebedürftigen.»

Sogar das Autofahren hat Hans noch nicht aufgegeben, mit seinem Smart düst noch selbst durch die Gegend, während der dicke Mercedes fast unbenutzt in der Garage steht.

Das Fernsehen ist seine große Leidenschaft, da sitzt er stundenlang davor und guckt alles, was irgendwie mit Spannung und Action zu tun hat. Und natürlich lässt er auch kein Formel-1-Rennen aus, andere Rennserien interessieren ihn jetzt nicht mehr so sehr.

Sehr stolz sind die Herrmanns auch auf ihre Söhne Kai (53) und Dino (57). Der Ältere lebt mit seiner Familie in Los Angeles und betreibt dort ein Musik-Studio. Der Jüngere kümmert sich im heimischen Maichingen um die Betreuung seines Vaters und der Familien-Immobilien im Raum Stuttgart.

Mit den Worten «der Hans schafft sicher auch noch die 100» hat Madelaine Herrmann das Telefonat mit mir beendet. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, außer meiner persönlichen Verneigung vor einem ganz Großen des deutschen Rennsports.

Lieber Hans, halt dich weiter tapfer. Du hast fast alle deine Racing-Kollegen von damals überlebt. Die ganze Motorsport-Welt freut sich, dass es dich noch gibt. Und wir alle möchten hoffen, dass du noch lange unter uns bleibst und Geschichten aus deiner Motorsport-Welt zum Besten geben kannst. Geschichten für eine Nachwelt, die dir staunend, ehrfürchtig und bewundernd zuhört.

Happy Birthday, lieber «Hans im Glück».

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