MotoGP: Für Marc Marquez endet eine Ära

Zum Tod von Alfred Noell: Der Mann mit dem 7. Sinn

Von Rainer Braun
Alfred Noell ist zwei Monate nach seinem 90. Geburtstag gestorben. Der Motorsport-Filmemacher, Regisseur produzierte Jahrzehntelang die Sendung «7. Sinn», die heute Kult-Status besitzt.

Er ging still und leise, sein Herz blieb einfach stehen. Alfred Noell, der hauptsächlich für seinen Haussender WDR und die ARD mit Begeisterung und Hingabe Motorsportbeiträge produzierte, ist am 7. Juni in seiner Heimatstadt Bergisch Gladbach gestorben.

Noch ein paar Wochen vor seinem Tod haben wir bei der Geburtstagsfeier eines Freundes zusammen an einem Tisch gesessen und in Erinnerungen an gemeinsame Zeiten geschwelgt. Etwa wie ich ihm für seine täglichen Filmberichte von der Rallye Monte Carlo als Chauffeur zugeteilt wurde. In einem schwachbrüstigen Ford 12 M hat er mich Mitte der 60er-Jahre durch die Seealpen gejagt, ließ sich auf der Motorhaube festschnallen und filmte bei voller Fahrt. Dabei ging’s ihm nie schnell genug, ständig trieb er mich zu maximaler Gangart an.

Oder wie seine Renn-Beiträge vom Nürburgring auf Schleichwegen mit mutigen Motorrad-Kurieren nach Köln zum WDR gelangten, damit sie pünktlich in der Sportschau um 18 Uhr gesendet werden konnten. Überhaupt lieferte er in seiner 25 Jahre andauernden Arbeit für die ARD-Sportschau manchmal unter den abenteuerlichsten Reise-Bedingungen die Beiträge für mehrere hundert Sendungen, darunter von der kompletten Rallye-WM einschließlich der East African Safari.

Aber «Ali» fing mit seinem Kamerateam noch viel mehr ein als nur Rennen und Rallyes. Da war vor allem der legendäre «7. Sinn» den er mit seiner Firma «Cine Relation» ab 1966 für die ARD-Tagesschau produzierte. 39 Jahre lang rief Noell einmal pro Woche im «7. Sinn» Auto- und Motorradfahrer sowie auch Fußgänger zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr auf.

In mehr als 1700 Folgen zeigte Noell mit drastischen Aufnahmen und Beispielen gängige Fehler und Leichtsinn auf. Vor allem seine zahlreichen Beiträge über «Frau am Steuer» sind noch immer ein Hit im Netz – heute würden die Inhalte einen Sturm der Entrüstung auslösen. «Aber damals», sagte Ali Noell noch vor kurzem mit breitem Grinsen, «konntest du sowas noch ohne Protestgeschrei machen.»

Immerhin wurden die Produktionen des Rheinländers mit mehr als 60 Auszeichnungen honoriert, darunter das Bundesverdienstkreuz, acht Christophorus-Preise und die Graf Berghe von Trips-Medaille. 2005 stellte der WDR die Ausstrahlung zwar ein, aber da hatte der Siegeszug der Serie im Ausland schon begonnen. So begleitete Noell als Berater den Export des Konzepts ins chinesische Fernsehen. Den Deal hatte seine Partnerin und «Cine Relation»-Mitgesellschafterin Angela Recino seinerzeit im Auftrag von Volkswagen China in Peking und Shanghai realisiert.

Mit zunehmendem Alter wandte sich der TV-Mann mit Begeisterung der historischen Motorsport-Szene zu, unternahm viel mit seinem Fiat Dino Coupe und einem Mercedes 280 SL. Dazu pflegte er weiter freundschaftliche Kontakte zu früheren Weggefährten wie Hans Herrmann, Rauno Aaltonen oder den alten Kölner Ford-Seilschaften. Schließlich war Noell «zwischendurch und mehr aushilfsweise» für kurze Zeit auch noch Pressechef des Konzerns.

Zum Schluss noch eine wunderbare Noell-Anekdote aus der Anfangszeit von Walter Röhrl im Rallyesport. Als Ali bei der Monte 1974 ein Interview mit dem Langen und dessen deutlich kleineren Co Jochen Berger machen wollte, stellte er fest, dass der Größenunterschied im TV-Bild nicht so gut rüberkommt. Also befehligte er Berger auf einen Unterbau in Gestalt einer spikebereiften Felge. Und weil der Interviewer Noell selbst auch nicht gerade als groß gewachsen daherkam, stieg auch er zum Ausgleich auf eine Felge. Das Resultat konnte sich sehen lassen – am Ende waren fast alle gleich groß, aber das TV-Bild endete sicherheitshalber in Brusthöhe...

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