Grand Prix in Las Vegas: Fremdschämen in den USA
Greg Maffei, Geschäftsleiter von Formel-1-Besitzer Liberty Media, hat klagemacht, wo die Reise hingehen soll: «Die Formel 1 boomt in den USA, diesen Schwung wollen wir nutzen. Die Zeit ist reif für einen dritten WM-Lauf in unserem Land.»
Seit 2012 Austin in Texas, seit 2022 Miami in Florida, jetzt also wieder Las Vegas in Nevada. Was viele Fans der Generation Netflix nicht wissen: Es gab schon mal einen Formel-1-WM-Lauf in Las Vegas, und der war der Königsklasse unwürdig. So wie es vor Austin schon einen Grand Prix in Texas gab, ebenfalls ein Reinfall.
Zunächst Las Vegas: Ausgerechnet das WM-Finale 1981 fand auf dem riesigen Parkplatz des Caesars Palace-Hotels statt, wo ein Micky-Maus-Kurs ohne Charakter eingezwängt wurde.
Drei Piloten konnten damals noch Weltmeister werden: Williams-Fahrer Carlos Reutemann (49 Punkte), Brabham-Pilot Nelson Piquet (48) sowie Ligier-Fahrer Jacques Laffite, der 43 WM-Zähler nach Nevada mitbrachte.
Ein Problem für die Fahrer: Der Kurs führte gegen die Uhrzeigerrichtung. Zudem war es im Training ungewöhnlich warm für die Jahreszeit. Piquet musste sich von jenem Masseur behandeln lassen, der sich normalerweise um den Boxer Sugar Ray Leonard kümmerte.
Reutemann fuhr Pole-Position, neben ihm ging Williams-Stallgefährte Alan Jones ins Rennen. Der Australier und der Argentinier waren sich spinnefeind, Jones machte vor dem Rennen klar, dass es keine Hilfe für Reutemann geben würde.
Im Rennen ging Jones sofort in Führung, während Reutemann gleich zurückfiel und nur als Fünfter aus der ersten Runde zurückkehrte. In Runde 2 kam es für Carlos knüppeldick: An seinem Williams hatte sich der vierte Gang verabschiedet. Als er später auch noch vom WM-Rivalen Piquet überholt wurde, war Reutemann so gebrochen wie sein vierter Gang. Er wurde nur Achter.
Piquet hatte andere Probleme: Sein Nacken machte schlapp. Er rettet sich nur 1,5 Sekunden vor Laffite als Fünfter ins Ziel, das waren exakt jene zwei Punkte, die er brauchte, um Reutemann in der WM zu überholen – der Brasilianer wurde erstmals Weltmeister.
Das Rennen ein Jahr später war auch nicht besser. Der besagte Parkplatz wurde 2003 überbaut. Die neuen Formel-1-Grossaktionäre von Liberty Media machen das mit dem kommenden Las-Vegas-GP besser – gefahren wird in der Nacht und unter Einbezug des weltberühmten Vegas Strip.
Und wie war das nun in Texas?
Wir wissen nicht, wer für die GP-Premiere von Dallas 1984 die Schnapsidee absegnete, ausgerechnet im Juli nach Texas auszurücken. Wir wissen nur, dass sich bei Temperaturen um die 40 Grad die Piste aufzulösen begann und in aller Eile notdürftig repariert werden musste. Schnellhärtender Beton war nur teilweise die Lösung. Reifentechniker von Goodyear trauten ihren Augen kaum, als sie die Pistentemperatur massen – 66 Grad! Williams-Fahrer Keke Rosberg trotzte der Hitze am besten und gewann.
Die dritte Peinlichkeit in Sachen USA-F1-Strecken: Phoenix.
Es gehört zur skurrilen Historie um den drei Jahre lang veranstalteten Formel-1-Lauf in Phoenix, dass ein Rennen mit Straussen mehr Zuschauer anlockte als im gleichen Jahr der Formel-1-WM-Lauf (nein, wirklich!).
Wir waren zwar nicht beim Straussenrennen, aber wir waren beim Strassen-GP, und daher wissen wir: Der Zuschaueraufmarsch zum Grand Prix war ab dem Jahre 1989 wirklich peinlich. Dazu ein völlig einfallsarmer Kurs, eine Ansammlung von 90-Grad-Kurven. Wie populär die Formel 1 damals war, zeigt meine Taxifahrt. Ich kam am Flughafen an und bat den Fahrer naiv, mich zur Rennstrecke zu bringen.
Wir endeten an einer Hunderennbahn.