Dr. Helmut Marko über Monaco: «Man muss etwas machen»
Das achte GP-Wochenende des Jahres fand auf dem Strassenkurs von Monte Carlo statt, und in den Häuserschluchten des Fürstentums war Lokalmatador Charles Leclerc eine Klasse für sich. Der Ferrari schwebte im Schwimmbad förmlich über die Randsteine, deshalb war er ausser Reichweite.
Wir hatten mehr Mühe mit dem Ritt über die Kerbs, bei uns war hingegen das Känguru im Spiel. Das wurde für das Qualifying relativ gut adaptiert und wir könnten davon ausgehen, dass Max in die erste Startreihe gefahren wäre. Aber wenn du natürlich ein Auto hast, das derart nervös ist, dann kann auch einem Fahrer wie Max ein Fehler passieren.
Hinzu kommt, dass er im ersten Sektor versucht hat, das Optimum an Zeit herauszuholen, denn das war der einzige Sektor, in dem wir schneller als die Ferraris waren. Und er gab alles, um den Zeitverlust in den anderen Sektoren zu minimieren.
Das Problem fängt im Simulator an, der signalisiert hat, dass das Auto bestens über die Randsteine geht. Einfach gesagt, heisst das, dass der Simulator und die Realität nicht korrelieren. Und Monaco war nicht die erste Rennstrecke, auf der wir dieses Problem hatten, das war erstmals relativ stark in Singapur der Fall. Da hat der Simulator etwas ausgespuckt, das nicht der Realität entsprach. Das ist der erste Punkt, an dem wir ansetzen werden.
Wir sind optimistisch, dass wir zumindest einmal herausfinden können, warum der Simulator solche Daten hervorbringt, die nicht der Wirklichkeit entsprechen. Aber auch Montreal könnte ein schwieriges Wochenende für uns werden.
Sergio Pérez hatte in der ersten Runde einen kostspieligen Crash, der uns zwischen zwei und drei Millionen Euro kostet. Das ist natürlich durch die Budgetobergrenze ein gravierender Nachteil, denn so ein Schaden wirkt sich auf das Entwicklungsbudget aus. Wir wissen auch noch nicht, ob wie Getriebe und Motor aussehen, da könnte der Crash auch noch zusätzlich Strafen nach sich ziehen, wenn wir das erlaubte Kontingent überschreiten müssen.
Pérez war auf der Racing-Linie, Magnussen ist da optimistisch rein, aber wir müssen das hinnehmen, das Risiko für solche Unfälle ist nun einmal da, und wir müssen die Kosten dann tragen.
Ein weiterer Unfall in der ersten Runde, der für Diskussionen sorgte, war der Crash zwischen den beiden Alpine-Teamkollegen Pierre Gasly und Esteban Ocon. Wir hatten das bei Red Bull Racing zwei Mal, dass sich die Teamkollegen in die Quere kamen, einmal 2018 mit Daniel Ricciardo und Max Verstappen in Baku, und einmal mit Mark Webber und Sebastian Vettel 2010 in der Türkei.
Wir haben in beiden Fällen beide Fahrer in die Firma zitiert und das offen mit ihnen besprochen und ihnen klar gemacht, dass solche Kollisionen mit Teamkollegen einfach nicht akzeptabel sind. Ricciardo hat uns dann am Saisonende verlassen und mit Webber gab es keinen solchen Zwischenfall mehr, die haben das akzeptiert, dass es so nicht geht.
Maßnahmen sind in einem solchen Fall schwierig umzusetzen, denn man müsste einen klaren Vorsatz nachweisen können, und das ist ja nicht der Fall. Der Fahrer sagt dann, er habe sich verschätzt, und damit ist der Vorsatz schon nicht mehr gegeben. Das Problem bei Alpine ist aber, dass es nicht das erste Mal war, und ich glaube, das kommt erschwerend hinzu.
Nach der roten Flagge war der Monaco-GP eine Prozession, dennoch kann man sich eine Formel 1 ohne Monaco nicht vorstellen, denn diese Strecke ist unter den Strecken das, was Ferrari unter den Formel-1-Teams ist. Aber man muss etwas machen. Das Einfachste wäre eine Streckenänderung, und da gibt es schon Pläne und Ideen.
Eine andere Möglichkeit wäre es, beispielsweise zwei Pflicht-Boxenstopps vorzuschreiben, oder dass alle drei Reifensorten verwendet werden müssen, damit ein bisschen Strategie ins Geschehen kommt. Die Regeländerung 2026 sieht vor, dass die Autos etwas leichter und kleiner werden, aber das alleine wird das Problem nicht lösen. Wir müssen entweder die Anzahl der Reifenwechsel vorschreiben oder eine Streckenführung haben, auf der zumindest eine realistische Überholchance gegeben ist.