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Ayrton Senna: Porsche-Gastspiel am Ring

Von Rainer Braun
Vor 40 Jahren: Wir erinnern uns daran, wie Formel-1-Ikone Ayrton Senna beim ersten Sportwagen-Start seine Mitfahrer Henri Pescarolo und Stefan Johansson samt Teamchef Reinhold Joest überraschte.

Fast auf den Tag genau zwei Monate nach seiner Gala-Vorstellung beim Champions-Race mit identischen Mercedes 190E 2.5 anlässlich der Eröffnung des Nürburgring GP-Kurses erschien Jungstar Ayrton Senna erneut am Ring – diesmal zu seiner Premiere als dritter Mann in einem Joest-Porsche 956 beim 1000 km-Rennen am 14./15. Juli 1984.

Es wurde sein erster und einziger Sportwagen-Einsatz. Dass es überhaupt dazu kam, war laut seinem Vertrauten und für Deutschland-Belange zuständigen Berater Domingos Piedade mit viel Überredungskunst bei Teamchef Reinhold Joest verbunden.

Joest zählte bei der Fahrerwahl schon immer Erfahrung vor Jugend. So setzte der Porsche-Rennstall fast nur Piloten mit viel Routine und einem gewissen Alter ein. Junge Himmelsstürmer waren Joest schon immer irgendwie suspekt. «Die sind zu ungestüm und machen zu viel kaputt», argumentierte Joest gerne. Umso mehr Geduld und Begeisterung musste Piedade aufbringen, um Überzeugungsarbeit zu leisten. Hilfreich war dabei auch die Tatsache, dass Piedade damals als Teilzeit-Teammanager bei Joest an der Box stand.

Aber Joest zögerte trotzdem lange, bevor er endlich zustimmte, den damals 24 Jahre alten Senna als dritten Mann für die gemeldete Stammbesatzung Henri Pescarolo/Stefan Johansson zu akzeptierten. Dennoch musste der Jungstar bis zur Schlussphase des Abschlusstrainings warten, bevor ihn das Team endlich zu ein paar Pflichtrunden ins Cockpit des gelben Newman-956 ließ.

Pescarolo und Johansson hatten bis dahin solide Zeiten erreicht, die schon mal einen Platz im vorderen Feld garantierten. Und dann staunten die beiden gestandenen Profis nicht schlecht: Senna fuhr in seinem ersten und einzigen Quali-Stint die schnellste Runde innerhalb der Dreierbesatzung des Porsche 956 mit der Startnummer 7.

Auch im Rennen entpuppte sich Senna als schnellster Mann des Trios im gelben Newman-Porsche, vor allem bei phasenweise nasser Strecke. Leider erzwangen technische Probleme außerplanmäßige Boxenstopps, so dass das Trio Pescarolo/Johansson/Senna mit zehn Runden Rückstand auf die Sieger Bellof/Bell nur auf Platz acht abgewinkt wurde.

Teamchef Reinhold Joest zeigte sich dennoch von der Leistung des Piedade-Schützlings tief beeindruckt. Vor allem gefiel ihm der technische Input, den Senna präzise und auf den Punkt übermitteln konnte. Trotz der Top-Vorstellung blieb dieses Gastspiel im Sportwagen das einzige in der grandiosen Karriere von Ayrton Senna.

Zum Schluss noch eine kaum bekannte Episode, die sich am Abend des Renntags auf dem Weg vom Ring nach Köln zum Flughafen zutrug. Erzählt hat mir die Geschichte Domingos gleich am nächsten Tag, verbunden mit der Bitte, das nicht an die große Glocke zu hängen. Ich habe deshalb damals auch nicht darüber geschrieben.

Domingos chauffierte den Leihwagen mit seinen Schützling auf dem Beifahrersitz über die abschüssige, kurvenreiche Kreisstraße 111 in Richtung Niederzissen. Mit Rücksicht auf seinen Fahrgast und die regennasse Straße bewegte Domingos das Auto mit der gebotenen Zurückhaltung.

Dem Herrn Superstar ging die Talfahrt jedoch zu langsam vonstatten, weshalb er Domingos bat anzuhalten, um selbst das Lenkrad zu übernehmen. Senna trieb das Auto nun weitaus zügiger bergab, allerdings nur bis zu jener tückischen Linkskurve kurz vor der Ortschaft Wollscheid. Die Kurve ist eine Art Doppellinks, die an ihrem vermeintlichen Ende noch mal so richtig schön «zumacht».

Es passierte, was nicht hätte passieren dürfen – viel zu spätes Anbremsen, blockierende Räder, deftiger Einschlag in die Leitplanke und eine verbogene rechte Frontseite des Leihwagens. Domingos feixend zu seinem Kumpel Ayrton: «Jetzt hast du dich hier für immer verewigt». Seitdem hieß diese berühmte Linkskurve «Senna-Bogen», zumindest bei denen, die davon wussten.

Nochmal Domingos: «Dass ihm so ein Anfängerfehler passiert ist, war dem Ayrton richtig peinlich.» Die beiden erreichten zwar den Flughafen noch rechtzeitig, aber der Leihwagen war anschließend vorne rechts renovierungsbedürftig. «Und wer durfte sich um die Abwicklung mit der Leihwagen-Firma und der Versicherung kümmern – natürlich ich».

Seinen Flieger hat Ayrton Senna jedenfalls noch rechtzeitig bekommen.

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