Formel-1-Fahrer ermordet: Hintergründe im Dunkeln
In der Formel-1-Historie finden wir drei Piloten aus Kolumbien: Der bekannteste davon ist Juan Pablo Montoya (sieben Siege), einige Renn-Fans erinnern sich noch an Roberto Guerrero, aber der Name des ersten F1-Fahrers aus Kolumbien ist so gut wie vergessen – Ricardo Londono-Bridge.
Ricardo Londono-Bridge stammte aus Medellin, einer Hochburg des Drogenhandels. In jungen Jahren war er ein guter Motorrad- und Autorennfahrer mit einer stattlichen Siegerpokalsammlung. Bei Rennen in den USA (CanAm, IMSA) entpuppte er sich Ende der 70er Jahre nicht eben als der nächste Mario Andretti, aber komplett blamiert hat er sich auch nicht.
Das kam erst, als er in einem Anfall von Grössenwahn glaubte, er könne aus heiterem Himmel Formel 1 fahren.
Er wurde vom ehemaligen Ensign-Teamchef Mo Nunn angeheuert, den Brasilien-GP 1981 zu fahren. Londono hatte zuvor einen Lotus 78 bei der nationalen britischen Aurora-Meisterschaft in Silverstone pilotiert (ohne Erfolg und ohne Punkt).
Doch nach dem Vortest zum Brasilien-GP wurde ihm wegen einer Kollision mit Keke Rosberg im Fittipaldi die nötige Superlizenz verweigert. Er scheiterte damit, die Zuteilung des Dokuments mit einer Beschwerde zu erwirken.
Der Autoverband gab an, dass die erforderlichen Unterlagen für den Formel-1-Führerschein namens Superlizenz nicht vorliegen würden. Der Schweizer Marc Surer übernahm seinen Platz und wurde mit dem Ensign im Rennen von Jacarepagua bei Rio de Janeiro sensationeller Vierter, zudem fuhr der Basler im strömenden Regen die schnellste Rennrunde.
Londono-Bridge war also der erste Kolumbianer, der an einem Formel-1-WM-Wochenende teilnehmen wollte. Solche eine Chance sollte es nie wiedergeben – stattdessen bestritt er einige Formel-2-Rennen für das Docking-Spitzey-Team (beste Platzierung: Neunter in Pau), fuhr danach wieder Rennen in den USA.
Dann verschwand er in der Rennwelt vom Radar, zog sich 1988 nach Kolumbien zurück, wo er Flugzeuge, Hubschrauber und Boote an Drogenschmuggler verkauft haben soll. Im Jahr 2000 wurde ein Grossteil seiner Vermögenswerte samt zahlreicher Oldtimer mit dem Vorwurf konfisziert, das sei alles mit Drogenhandel finanziert worden, die Rede war von zehn Millionen Dollar.
Im Juli 2009 wurde Ricardo in seiner Heimat Opfer eines Anschlags – der 59-jährige Londono-Bridge hatte mit Freunden eine Wellnessanlage in San Bernardo del Viento bei Cispata im Norden seines Heimatlandes verlassen, als er mit zwölf Schüssen niedergestreckt wurde, drei trafen ihn in den Kopf. Auch seine Begleiter wurden erschossen. Die Täter flüchteten auf Motorrädern. Einer der mutmasslichen Mörder wurde 2010 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Die Hintergründe des Anschlags bleiben bis heute im Dunkeln.