Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Patrick Friesacher über Monza: «Eine enge Kiste»

Kolumne von Patrick Friesacher
Patrick Friesacher: «In der Formel 1 musst du immer am Drücker sein»

Patrick Friesacher: «In der Formel 1 musst du immer am Drücker sein»

Patrick Friesacher betont: Das Formel-1-Wochenende in Zandvoort hat gezeigt, dass Nuancen in der Königsklasse große Wirkung haben. Er prophezeit: In Monza werden die Fans einen engen Spitzenkampf mit 4 Top-Teams erleben.

Patrick Friesacher, Red Bull Ring-Instruktor und ehemaliger Formel-1-Pilot, geht inmitten des Double-Headers in den Niederlanden und Italien exklusiv für SPEEDWEEK.com auf das letzte Rennen in Zandvoort ein, schickt voraus, warum er sich auf Monza freut, weshalb es für junge Fahrer derzeit schwierig ist, in die Formel 1 aufzurücken und warum er glaubt, dass Max Verstappen trotz der aktuellen Überlegenheit von McLaren den WM-Titel 2024 holen wird.

«Nach der Sommerpause funktionieren die Updates bei McLaren sehr gut. In der Formel 1 musst du immer am Drücker sein. Wenn du nur ein Zehntel zurück liegst, ist es extrem schwer, dieses Zehntel wieder aufzuholen. Schließlich schlafen die anderen Teams auch nicht. Lando Norris hat in Zandvoort verdient gewonnen. Den Start kriegen sie bei McLaren zwar nicht so gut hin, aber er hat den Fehler schnell wieder wett gemacht. Vielleicht liegt es an der Einstellung der Kupplung, der Motor fällt in den Keller, oder du hast durchdrehende Räder. Max setzt das Startprozedere immer perfekt um. Bis zur ersten Kurve hast du in Zandvoort nur 170 Meter. Wie er von Startplatz 2 aus an Lando vorbeigegangen ist, das war großartig von ihm.»

«Red Bull Racing hat sich in Zandvoort mit der Einschätzung hinsichtlich Reifenverschleiß sehr schwergetan. Sie sind mit deutlich mehr Downforce gefahren, weil sie geglaubt haben, dass es ihnen zugutekommt. Im Endeffekt waren sie dadurch auf den Geraden langsamer. Aber auch auf McLaren-Seite hatte Oscar Piastri so seine Probleme mit den Reifen. Oft sind es Kleinigkeiten, nur ein paar Millimeter in der Einstellung entscheiden, oder sonstige Einflüsse, die du nicht kontrollieren kannst, wie zum Beispiel die Außentemperatur. Jedes Auto reagiert auf diese Einflüsse anders. Ein paar Zehntel sind schnell verloren.»

«Bei Mercedes hat man gesehen, wie schnell es gehen kann. In Belgien haben sie noch gewonnen, fast einen Doppelsieg eingefahren, und in Zandvoort können sie sich selbst nicht erklären, was falsch gelaufen ist. Es geht um Nuancen. Jedes Team versucht, das Maximum herauszuholen. Im Windkanal oder im Simulator schauen die Daten gut aus, aber in der Realität funktioniert es dann nicht so, wie auf dem Papier.»

«Zandvoort ist keine Strecke, auf der man leicht überholen kann. Einzig in der Steilkurve sieht man oft ein paar unterschiedliche Linien und sonst eignet sich im Grunde nur Start-Ziel zum Überholen. Es ist eine Oldschool-Strecke, die keinen Fehler erlaubt. Sie hat nur wenig Auslaufzonen. Wenn man einen Fehler macht, ist man sofort in der Leitschiene, wie auch Logan Sargeant gesehen hat. Das war eindeutig ein Fahrfehler von ihm. Er ist aufs Gras gekommen und trotzdem voll am Gas geblieben.»

«Logan wird jetzt durch den Argentinier Franco Colapinto ersetzt. Der muss den Platz räumen, auch wenn er gute Leistungen zeigt, weil Carlos Sainz nächstes Jahr zu Williams kommt. Das zeigt deutlich, was ich momentan in der Formel 1 sehe, nämlich dass es für junge Fahrer derzeit sehr schwierig ist. Lando, Max, Charles Leclerc und Carlos sind noch jung und werden einige weitere Jahre in der Formel 1 bleiben. Wenn du die Formel 2 gewinnst, wäre der nächste logische Schritt eigentlich die Formel 1. Es gibt aber nur 20 Plätze weltweit. Da stellt sich die Frage, wohin mit den ganzen jungen Fahrern. Andererseits hat man bei Oliver Bearman gesehen, wie schnell es gehen kann. In Jeddah hat er seine Chance genutzt und sitzt nächstes Jahr im Cockpit bei Haas.»

«Zurück zu 2024: In Zandvoort ist Checo Pérez brav gefahren. Im Training und in der Quali war er gut unterwegs und im Rennen hat er sich solide geschlagen. Wichtig ist, dass er zur Ruhe kommt. Er ist ein guter Pilot, aber mit den Medien ist es nicht immer so einfach. Er sollte einen klaren Kopf bewahren und muss schauen, dass er das Positive mitnimmt. Ich bin überzeugt, dass er sich da rauskämpfen wird. Entscheidend für die Konstrukteurswertung ist, dass Checo immer in den Punkten landet, weil Oscar und Lando auch kontinuierlich punkten. Er muss dranbleiben, das ist wichtig für das gesamte Team.»

«Auch wenn es für Red Bull Racing derzeit nicht optimal läuft, bin ich überzeugt, dass Max den Titel heimfahren wird. Selbst, wenn das Material einmal nicht passt, holt er trotzdem das Beste heraus und wird Zweiter. Das Team muss weiter hart arbeiten. Max hat 70 Punkte Vorsprung in der Fahrerwertung. Er ist ein Top-Fahrer und braucht Top-Material. Um ganz vorne zu fahren, muss das Gesamtpaket passen, weil die Formel 1 heutzutage sehr eng zusammengerückt ist. Letztes Jahr hat sich Max vergleichsweise noch leichtgetan. Derzeit sind McLaren, Mercedes und Ferrari ganz vorne mit dabei.»

«Denn nicht zuletzt kämpft sich auch Ferrari solide an die Spitze zurück. In Zandvoort war Charles wirklich gut unterwegs. Mit einem Undercut konnte er George Russell und Oscar überholen. Es ist immer super, wenn Ferrari auf den vorderen Plätzen mitmischt, deshalb freue ich mich schon sehr aufs nächste Rennen. Beim Heimrennen in Monza ist Ferrari traditionell stark und ich glaube, dass sie in diesem Jahr ganz vorne mit dabei sind. 2023 hat Red Bull Racing einen Doppelsieg geholt. Dieses Jahr wird es eine richtig enge Kiste mit den vier Top-Teams, was dem Sport gut tut. Es ist super für die Zuschauer, wenn alles knapp beieinander ist.»

Wer PS-starke Boliden selbst einmal erleben will, ist am Red Bull Ring genau richtig. Die Red Bull Ring-Instruktoren wie Patrick Friesacher verraten Tipps und Tricks, wie man sich im sicheren Rahmen an das eigene Limit herantastet. Informationen zu den Fahrerlebnissen am Red Bull Ring und Buchungen sind online möglich.

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