Formel 1: Wie mutig ist Ferrari?

Lewis Hamilton: 1. Ferrari-Tag, Vettel und Sainz baff

Von Mathias Brunner
​Der siebenfache Formel-1-Champion Lewis Hamilton hat am 20. Januar seinen ersten Arbeitstag bei Ferrari absolviert – und äusserte sich sichtlich bewegt. So ging das auch Sebastian Vettel und Carlos Sainz.

Ferrari ist unvergleichlich, auch für einen langjährigen Formel-1-Fahrer wie Lewis Hamilton. Der 40-jährige Engländer hat am 20. Januar erstmals offiziell den berühmtesten Rennstall der Welt besucht und schickte aus Maranello bewegende Worte.

Der 105-fache GP-Sieger äusserte sich so: «Es gibt Tage, an die man sich für immer erinnern wird, und der heutige Tag, mein erster als Scuderia Ferrari--Fahrer, ist solch ein Tag. Ich hatte das Glück, in meiner Karriere Dinge zu erreichen, die ich nie für möglich gehalten hätte, aber ein Teil von mir hat immer an dem Traum festgehalten, in Rot zu fahren. Ich könnte nicht glücklicher sein, diesen Traum heute verwirklichen zu können.»

«Ich bin John Elkann, Benedetto Vigna, Fred Vasseur und allen bei Ferrari unglaublich dankbar für ihr Vertrauen in mich und dafür, dass sie mich in diese Familie aufgenommen haben. Ich freue mich sehr darauf, diese neue Ära zu beginnen und mit einer äusserst talentierten und inspirierenden Gruppe von Menschen zusammenzuarbeiten. Ich werde alles geben, was ich habe, um für das Team, die gesamte Organisation und die Fans zu arbeiten.»

«Heute beginnen wir ein neues Kapitel in der Geschichte dieses kultigen Teams, und ich kann es kaum erwarten, zu sehen, welche Geschichte wir gemeinsam schreiben werden.»

Das kommt uns alles sehr bekannt vor.

Mehr als elf Jahre zuvor wurde Sebastian Vettel von ähnlichen Gefüllen übermannt. Sein Programm im Dezember 2014: Boxenbesuch bei Ferrari im Rahmen der Saisonabschlusstests, Antrittsbesuch am Samstag samt Fahrt im Ferrari F2012, Simulator-Einsatz und Cockpit-Anpassung am Sonntag, Sitzungen mit Ferrari-Präsident Sergio Marchionne, Teamchef Maurizio Arrivabene und Technikchef James Allison am Montag – ein volles Programm!

Der heute 37-jährige Vettel damals: «Es gibt viele Märchen über Ferrari und wie es sich anfühlt, ein rotes Auto zu fahren. Nun kann ich sagen – all diese Märchen, sie sind wahr!»

«Das sind nicht einfach nur Geschichten, der Mythos oder die Legende existiert wirklich. Und es fühlt sich schon sehr besonders an, nun ein Teil dieser Legende zu sein, in so ein Auto zu klettern, all diese Menschen zu erleben, wie sie an den Zaun gerannt kommen, wenn du auf die Testbahn gehst. Das hat etwas Magisches, und was an so einem Tag passiert, das wirst du dein Leben lang nicht mehr vergessen.»

«Meinen ersten Appetithappen Maranello habe ich als Bub erhalten, als unsere Familie im Winter nach Italien gefahren ist. Ich erhoffte mir, an diesem Zaun einen Blick auf mein Idol Michael Schumacher zu erhaschen. Und nun fahre ich selber hier.»

Testfahrten sind in der Formel 1 üblicherweise streng geheim, aber Ferrari ging schon damals einen anderen Weg: Die erste Ausfahrt von Sebastian Vettel für Ferrari sollte umfangreich dokumentiert werden. Als Teil davon wurde der 2012er Ferrari mit mehreren Kameras ausgestattet und auch der Ton mitgeschnitten.

Auf diese Weise kam ein interessanter Film zustande, der noch heute auf YouTube zu finden ist.

Zum Schluss sagte Vettel «grazie a voi» (ich danke euch), ein kleiner Vorgeschmack auf seine Italienisch-Kenntnisse, die er schnell vertiefte. Vettel hielt dann, noch auf dem Rückweg zur Box, eine kleine Ansprache: «Das ist ein besonderer Tag für mich, den ich nie vergessen werden, und dafür danke ich euch. Ich freue mich auf die Zukunft. Wir haben viel Arbeit vor uns, aber wenn wir alle zusammenhalten, dann können wir etwas Besonders erschaffen.»

Auch Hamilton-Vorgänger Carlos Sainz war hin und weg, als er den Mythos Ferrari zu spüren bekam.

Anfang 2021 kletterte der Madrilene in Fiorano in den roten Rennwagen und meinte danach: «Ferrari gibt mir etwas, dafür fehlen mir die Worte.»

Der erste Testtag von Carlos Sainz begann ziemlich früh: «Der Wecker klingelte um 6.30 Uhr morgens. Aber ich war schon vor elf zu Bett gegangen, von daher hatte ich genügend Schlaf. Ich brauche in der Regel zwischen sieben und acht Stunden.»

Der heute 30-jährige Spanier weiter: «Als ich daran dachte, dass nun der Tag gekommen ist, endlich einen Formel-1-Ferrari zu bewegen, bekam ich Gänsehaut. Was dann passierte, dafür fehlen mir die Worte. Ich glaube nicht, dass ich angemessen erklären kann, was in mir vorgegangen ist. Du kommst auf das Ferrari-Testgelände von Fiorano und siehst zum ersten Mal einen Ferrari mit deinem Namen an der Seite und mit deiner Startnummer. In diesem Moment wurde mir klar – das passiert wirklich. Es klingt nach wenig, aber das waren magische Momente.»

«Wenn du den Helm aufsetzt, das Visier herunterklappst und auf die Bahn fährst, bist du ganz auf die Arbeit konzentriert. Alles fühlte sich bald vertraut an. Der Wagen lief gut, ich machte keine Fehler.»

Viele Tifosi haben sich die Frage gestellt: Was nützt es, in einem zwei Jahre alten Ferrari herumzufahren? Der WM-Sechste von 2019 und 2020 gibt zur Antwort: «Das ist aus vielerlei Perspektiven nützlich. Zunächst einmal hatte ich die erste Gelegenheit, einen Formel-1-Ferrari zu lenken. Ich konnte die ganzen Bedienungselemente am Lenkrad üben. Ich konnte Startversuche machen. Ganz wichtig ist die Verständigung mit dem Renningenieur, dazu lernte ich all meine Mechaniker kennen. Es gibt jede Menge Details, die mir bei der weiteren Arbeit helfen werden.»

Carlos Sainz wurde von seinem Vater begleitet, das bedeutet ihm viel. «Vor einer Woche sassen wir zuhause zusammen, und ich sagte zu ihm: ‚Schau, das ist für mich ein ganz besonderer Tag, und ich möchte, dass du an meiner Seite bist.’ Er war sehr glücklich, dass ich diesen Moment mit ihm teilen wollte. Und Ferrari hat das möglich gemacht, Mattia Binotto und Laurent Mekies haben ihm sogar eine VIP-Tour gegeben. Ich glaube, Papa war vor dem Test nervöser als ich!»

Was Sainz auch nicht entgangen ist: «Die Fans haben zwei Transparente aufgehängt, auf einem stand ‚Vamos, Carlos!’, auf einem anderen ‚Smooth Operator’.» Hintergrund: Sainz pflegt am Funk den Sade-Song zu singen, wenn ihm eine besonders gute Leistung gelungen ist. Carlos lacht: «Offenbar kennen die Tifosi meine kleinen Macken schon sehr gut. Nach dem Test war es mir wichtig, mit dem Privatwagen zum Pistenrand zu fahren und mich bei den Zaungästen für ihre Unterstützung zu bedanken. Ich glaube, sie fanden es schön, dass wir die gleiche Leidenschaft teilen.»

Die erste Testfahrt von Lewis Hamilton im einem 2023er Ferrari soll am Mittwoch, 22. Januar stattfinden. In der Gegen um Maranello ist derzeit kein Hotelzimmer mehr frei.


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