Günther Steiner über Ferrari, Hamilton und Verstappen
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Günther Steiner und Carlos Sainz senior
Die Hiobsbotschaft kam zwischen Weihnachten und Neujahr 2023: Rennstall-Besitzer Gene Haas teilte seinem Teamchef Günther Steiner mit, dass der Südtiroler keinen neuen Vertrag mehr erhalten werde. Steiner gab danach zu: «Das kam auch für mich überraschend. Aber ich hatte zehn gute Jahre, und ich glaube, ich kann als Fachkraft noch viel bieten. Ich sage immer – wenn eine Tür zufällt, dann öffnen sich zwei neue.»
Da war der 59-jährige Südtiroler aus Meran durchaus Prophet, denn später gab es wirklich zwei neue Jobs für Steiner: Die Organisatoren des Miami-GP holten ihn als Botschafter, und die TV-Kollegen von RTL verpflichteten ihn als F1-Experten.
Wir haben drei Tage Wintertestfahrten auf dem Bahrain International Circuit hinter uns. Als Botschafter des Miami-GP hat Steiner beim US-amerikanischen Sender CNN Stellung dazu bezogen, wie sich die Formel 1 in der kommenden Saison entwickeln könnte.
Steiner sagt: «Testfahrten sind grundsätzlich schwierig einzuschätzen; keiner weiss, mit welchen Motoreinstellungen die Teams am Arbeiten waren, keiner kennt die Spritlast.»
Steiner sagt: «Meine beiden Favoriten sind Ferrari und McLaren, weil die am Ende der vergangenen Saison schon die Nase vorn hatten. Ich glaube, sie haben am besten verstanden, was man mit dem Rennwagen machen muss, um ihn schneller zu machen. Ferrari hat in der zweiten Saisonhälfte stattliche Fortschritte erzielt, McLaren hat das schon im Frühling, ab dem Miami-GP. McLaren ist für mich Favorit, aber Ferrari liegt aus meiner Sicht dicht dahinter.»
«Vor dem Hintergrund des stabilen Reglements erkenne ich keinen Grund, wieso diese beiden Rennställe ihre starken Positionen einbüssen sollten. Zumal sie auch überaus starke Fahrerduos vorweisen können.»
«Das sehe ich hingegen bei Red Bull Racing und Mercedes ein wenig anders, weil Liam Lawson bei RBR erst auf elf GP-Einsätze kommt und weil Kimi Antonelli für Mercedes noch gar keinen Grand Prix bestritten hat. Das Problem mit einem Neuling ist, und da kann er noch so talentiert sein – er muss sehr viel lernen.»
Zum Ferrari-Duo Hamilton und Leclerc meint Steiner: «Teamchef Fred Vasseur kennt beide Piloten sehr gut, schon aus den Jahren in Nachwuchsklassen, dazu Leclerc während seiner Zeit als Ferrari-Teamchef. Ich wittere da ein sehr gutes Verhältnis zwischen den Piloten und Fred, mit viel Respekt. Ohne Vasseur wären sie beide heute vielleicht nicht dort, wo sie nun sind.»
«Es wird bestimmt der Zeitpunkt kommen, an dem Vasseur harte Entscheidungen fällen muss, aber das wissen die Fahrer, denn es geht um den Gewinn der WM.»
«Hamilton fährt fabelhafte Rennen, aber er wird älter. Das Tempo von Leclerc im Training ist unbestritten, und wenn der Monegasse in den Grands Prix nachlegen kann, dann könnte er sogar zum Team-Leader werden.»
«Ich bin hier nicht der grosse Romantiker wegen Lewis Hamilton in Maranello und all dem, ich bin der pure Techniker und glaube wegen ihrer Fortschritte an die Italiener.»
Steiner über die Lage des vierfachen Weltmeisters Max Verstappen: «Als Red Bull Racing im ersten Teil der Saison 2024 die Dominanz einbüsste, hat Max Verstappen ziemlich aggressiv reagiert. Aber dann kam er wohl zur Einsicht, dass hier clever vorgehen muss, und ab da hat er gewissermassen in den Modus geschaltet – okay, wenn ich nicht gewinnen kann, dann hole ich eben so viele Punkte wie nur möglich aus jedem Rennen. Das hat er in der Regel hervorragend gemacht.»
«Wir werden sehen, welchen Verstappen wir im ersten Teil der WM 2025 erleben. Aber sollte er kein gutes Auto haben, dann wird er sicher aus seinem Herzen keine Mördergrube machen. Für mich ist Verstappen derzeit der beste Fahrer im Feld, aber ein unglücklicher Max ist für das Team ganz bestimmt kein angenehmer Max. So wie ich Max inzwischen kenne, wird er im Falle von Schwierigkeiten die Ärmel höher krempeln und noch härter arbeiten, um wieder Siege einzufahren. Wehklagen bringt einen Rennstall nicht vorwärts, er weiss das.»
Bahrain-Wintertest, 26.–28. Februar 2025
01. Carlos Sainz (E), Williams, 1:29,348 (DO)
02. Lewis Hamilton (GB), Ferrari, 1:29,379 (DO)
03. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 1:29,431 (DO)
04. George Russell (GB), Mercedes, 1:29,545 (FR)
05. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:29,566 (FR)
06. Alex Albon (T), Williams, 1:29,650 (FR)
07. Kimi Antonelli (I), Mercedes, 1:29,784 (DO)
08. Oscar Piastri (AUS), McLaren, 1:29,940 (FR)
09. Pierre Gasly (F), Alpine, 1:30,040 (FR)
10. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, 1:30,229 (DO)
11. Liam Lawson (NZ), Red Bull Racing, 1:30,252 (DO)
12. Jack Doohan (AUS), Alpine, 1:30,368 (DO)
13. Lando Norris (GB), McLaren, 1:30,430 (MI)
14. Yuki Tsunoda (J), Racing Bulls, 1:30,497 (FR)
15. Isack Hadjar (F), Racing Bulls, 1:30,675 (DO)
16. Fernando Alonso (E), Aston Martin, 1:30,700 (DO)
17. Esteban Ocon (F), Haas, 1:30,728 (FR)
18. Gabriel Bortoleto (BR), Sauber, 1:31,057 (DO)
19. Nico Hülkenberg (D), Sauber, 1:31,457 (DO)
20. Oliver Bearman (GB), Haas, 1:32,361 (FR)
MI = Zeit vom Mittwoch, 26. Februar
DO = Zeit vom Donnerstag, 27. Februar
FR = Zeit vom Freitag, 28. Februar