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Jean-Pierre Beltoise: Pionier, Kämpfer, Unglücksrabe

Von Mathias Brunner
​An diesem 26. April 2025 wäre der Franzose Jean-Pierre Beltoise 88 Jahre alt geworden. Aber vor zehn Jahren erlag er einem Hirnschlag. Das Leben des Parisers war von Schicksalsschlägen geprägt.

Mein französischer Journalistenkollege Jean-Louis Moncet hatte am 5. Januar 2015 eine traurige Nachricht zu verkünden: Der frühere Motorrad- und Automobilrennfahrer Jean-Pierre Beltoise – tot.

Der Pariser starb während Ferien in Afrika an den Folgen von zwei Hirnschlägen, mit 77 Jahren. Beltoise hinterliess seine Gattin Jacqueline (die Schwester des 1973 tödlich verunglückten GP-Stars François Cevert) und seine beiden erwachsenen Söhne Anthony und Julien. An diesem 26. April 2025 wäre er 88 Jahre alt geworden.

Beltoise war in den 60er und 70er Jahren in seiner Heimat der grösste Rennstar, ein Pilot, der sich mehr als die meisten anderen Rennfahrer durch alle Widrigkeiten kämpfen musste.

Beltoise begann seine Karriere auf zwei Rädern und gewann in nur drei Jahren elf nationale Titel. Von 1962 bis 1964 trat er auch in der Motorrad-WM an, und zwar in allen Klassen (50 ccm, 125, 250 und 500 ccm). 1964 wurde er WM-Sechster in der 50er Klasse.

Da gehörte sein Herz aber bereits dem Autosport. Und der hätte ihn fast ums Leben gebracht: Bei einem fürchterlichen Unfall im 12-Stunden-Rennen von Reims wurde sein linker Arm so kompliziert gebrochen, dass Beltoise nie wieder die volle Funktionstüchtigkeit zurückgewann.

Wann immer es beim Fahren um schiere Kraft ging, musste der Franzose mit Bewegungen aus der Schulter und vermehrtem Einsatz des anderen Arms kompensieren.

Allein aus diesem Grund ist es zu bewundern, welche Karriere Beltoise auf vier Rädern gelang: Von der Formel 3 (französischer Meister 1965) stieg er schnell in die Formel 2 auf, wo er sich 1968 den Titel holte.

Zu diesem Zeitpunkt war er schon Grand-Prix-Fahrer: sein Debüt gab er ausgerechnet auf der schwierigsten Rennstrecke der Welt, dem Nürburgring. Mit einem Formel-2-Matra wurde er beim Deutschland-GP 1966 Achter – als schnellster Fahrer der F2-Gilde.

Beltoise blieb Matra bis ins Jahr 1971 treu, Privatleben und Karriere waren jedoch weiter von Rückschlägen geprägt: 1966 kam seine erste Gattin Éliane bei einem Autounfall ums Leben.

Und 1971 wurde er in Argentinien für den Tod des Ferrari-Piloten Ignazio Giunti verantwortlich gemacht – eine unfassbare Tragödie spielte sich auf der Rennstrecke von Buenos Aires ab.

Ignazio Giunti war 29 Jahre alt und stand an einem Etappenziel seiner Karriere. Er war Werksfahrer bei Ferrari geworden. Sein erster Einsatz 1971: die 1000 Kilometer von Buenos Aires, am 10. Januar 1971.

Es lief gut für Giunti. Im Training konnte er den kleinen, offenen Ferrari-Sportwagen vom Typ 312PB gegen die starke Konkurrenz von vier Porsche 917 der Teams von John Wyer und Hans-Dieter Dechent in die erste Reihe stellen.

In den ersten Rennrunden gab es einen verbissenen Dreikampf der 917er von Vic Elford und Pedro Rodríguez mit Giuntis Ferrari.

Die Porsche mussten früher zur Tankstelle, somit übernahm der Italiener die Führung.

Den Zeitpunkt zum Tanken verpasst hatte hingegen Jean-Pierre Beltoise, der sich mit seinem Namensvetter Jabouille einen Matra teilte. Der Wagen blieb 600 Meter vor der Boxeneinfahrt stehen.

Beltoise schob nun – zur Erinnerung: mit mehr oder weniger nur einem Arm – seinen Wagen auf der Strecke Richtung Box. Doch er musste nicht nur die leicht ansteigende Bahn bewältigen, sondern auch noch die Piste queren, da die Boxengasse an der rechten Streckenseite lag, sein Matra sich aber auf der linken Seite befand.

Drei Runden ging das gefährliche Unterfangen gut, dann drehte Beltoise das Lenkrad nach rechts und schob den Wagen Richtung Streckenmitte. Das Unheil nahm seinen Lauf.

In der 38. Runde befand sich Giunti im Windschatten des Fillipinetti-Ferrari von Mike Parkes. Parkes sah den Wagen von Beltoise, fand links um Haaresbreite einen Weg vorbei am Matra. Doch Ignazio, der hinter einer leichten Kuppe und dazu noch direkt hinter seinem Konkurrenten Parkes fuhr und den Matra nicht sehen konnte, scherte aus und knallte voll in den Wagen von Beltoise. Der Franzose hatte Glück, weil er gerade wieder neben seinem gestrandeten Boliden stand.

Der Ferrari explodierte regelrecht, Ignazio Giunti hatte keine Chance.

Beltoise wurde kurz nach dem Unfall von den argentinischen Behörden verhört. Später erhielt er Geldstrafen und zeitweisen Lizenzentzug des Automobil-Weltverbands FIA.

Die Erinnerung an den Tod von Giunti hat Beltoise bis zu seinem Tod 2015 verfolgt.

Jean-Pierre Beltoise wechselte für 1972 zu BRM und gewann im Regen-GP von Monaco seinen einzigen Grand Prix. Die Verhältnisse waren wie gemacht für das extreme Feingefühl des Parisers, und Lenkkräfte spielten bei solchen Bedingungen keine Rolle.

JPB absolvierte für Ligier die meisten Testfahrten im Hinblick auf deren Formel-1-Debüt der Franzosen 1976, davon überzeugt, dass er den Wagen der französischen Nationalmannschaft an den Start der Grands Prix bringen würde, doch Teamchef Guy Ligier und Hauptgeldgeber Gauloises gaben dem sechs Jahre jüngeren Jacques Laffite den Vorzug.

Damit war Jean-Pierres Formel-1-Karriere beendet. Beltoise war darüber jahrelang verbittert.

Nach 86 Formel-1-WM-Läufen (bestes WM-Ergebnis: WM-Fünfter 1969, drei Podestplatzierungen) sattelte Beltoise in den Tourenwagensport um und wurde zwei Mal französischer Meister.

Auch bei den in Frankreich überaus beliebten Eisrennen schlug sich Beltoise hervorragend.

Jean-Louis Moncet weiss: «Es war Jean-Pierre, der in den 60er Jahren dem Automobilsport in Frankreich frischen Schub gegeben hat. Allein aus diesem Grund werden wir ihn nie vergessen.»


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