Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

David Coulthard: «Nürburgring-Boykott ist denkbar»

Von Mathias Brunner
Der schottische Formel-1-Veteran nach dem Reifendebakel von Silverstone: «Pirelli alleine die Schuld in die Schuhe zu schieben, wäre unfair.»

David Coulthard hat in 246 Grands Prix zwischen 1994 und 2008 schon fast alles erlebt. Aber so etwas wie gestern Sonntag ist auch für den Schotten neu. Der 13fache GP-Sieger sagt: «Die meisten haben Pirelli auf die Anklagebank gestellt, aber so einfach darf man es sich nicht machen. Pirelli war gebeten worden, einen Reifen zu bauen, der schnell abbaut, so dass ein Fahrer mindestens zwei Boxenstopps pro Rennen machen muss. Das sollte die Action auf der Bahn fördern. Pirelli hat diesen Job gut gemacht, vielleicht zu gut.»

«Wir haben dank Pirelli einige hinreissende Grands Prix erlebt, kein Vergleich zu den Prozessionen er späten 90er Jahre und anfangs der 2000er. Auch gestern war das Rennen voller Zwischenfälle, und wenn ich die Reaktionen auf den Tribünen beachte, dann haben die Fans das geliebt.»

«Auf der anderen Seite sind wir nun in der Situation, dass wir Reifen haben, die auf Belastung und Temperatur-Unterschiede sehr sensibel reagieren. Wird mit diesen Reifen über Trümmerteile oder Randsteine gefahren, sehen wir mehr Folgeschäden als früher, und das ist nur eines – gefährlich.»

«Pirelli alleine die Schuld in die Schuhe zu schieben, wäre unfair. Natürlich würden die Italiener gerne testen gehen, um den Problemen Herr zu werden, aber das Formel-1-Reglement steht ihnen im Weg – und die Paranoia der Rennställe, dass ein anderes Team einen Vorteil gewinnen könnte. Pirelli könnte mit links einen Reifen bauen, der mehrere Grands Prix lang hält. Und ich könnte mir vorstellen, dass die Mailänder daran denken, genau das zu tun. Denn im Moment müssen sie unglaublich viel Kritik einstecken, und das braucht kein Welt-Unternehmen.»

«Was immer getan wird, es muss schnell gehen, denn ich habe es schon während der Übertragung des Silverstone-GP gesagt – Reifenschäden sind potenzielle Fahrer-Mörder. Bei so einem schlagartigen Defekt hast du als Pilot überhaupt keine Chance auf Reaktion. Ein Bremsmanöver ist so gut wie unnütz, weil du nicht mehr vier Kontaktpunkte am Boden hast. Ein Motorschaden ist ein Klacks dagegen. Bremsen, Reifen, steckengebliebenes Gas, das sind die wirklich gefährlichen Defekte.»

«Was wir nun geschehen? Ich bin nicht erstaunt davon, dass ich höre – die Fahrer denken über einen Boykott des Nürburgring-GP nach. Wie wahrscheinlich ist es, dass die Piloten in den Ausstand treten? Eher unwahrscheinlich. Ich erinnere nur an das Reifen-Fiasko mit Michelin in Indianapolis 2005, da wollten auch alle Piloten fahren, selbst als sie gewusst haben, dass die Reifen nicht halten.»

«Nun müssen die Teams endlich über ihre Nase hinaus denken und eine Entscheidung zum Wohle des Sports fällen. Noch einmal hält der Renn-Gott vielleicht nicht seine schützende Hand über uns.»

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