Ex-Teamchef: «Rosberg hat die Drecksarbeit gemacht»
Lewis Hamilton und Nico Rosberg sind schon seit mehr als einem Jahrzehnt Konkurenten und Freunde
Nach dem Grand Prix von Monaco sahen viele Fans und Medien schon eine Neuauflage der Feindschaft zwischen den damaligen McLaren-Piloten Ayrton Senna und Alain Prost. Am Freitag verkündete aber Lewis Hamilton via Twitter, dass zwischen ihm und Nico Rosberg «alles cool» sei und beide immer noch Freunde seien. Rosberg hatte bereits in Monaco erklärt, man würde sich schon so lange kennen, dass man bisher immer alles in Gesprächen geklärt habe und das sicher auch weiter tun werde. Ein Knatsch wie in Monaco ist für die beiden Silberpfeil-Piloten, die schon in den Jahren 2000 und 2001 im Kart gegeneinander fuhren, nichts Neues.
«Die beiden sind auch damals schon hart miteinander umgegangen, haben sich auf der Kart-Strecke keinen Zentimeter geschenkt», sagte Dino Chiesa, ihr ehemaliger Teamchef bei «MBM.com» (Mercedes-Benz-McLaren) gegenüber der Bild am Sonntag. Und schon damals hätten beide auf ein Ziel hingearbeitet: es in die Formel 1 zu schaffen.
«Das wussten sie schon als Teenager, ganz klar! Die Formel 1 war immer das Ziel von beiden, das stand in ihren Augen, wenn sie den Helm vor Rennstart aufgesetzt haben. Die beiden kannten ihren Weg ganz genau», erinnerte sich der 47-Jährige. Allerdings seien die Beweggründe beider völlig unterschiedlich gewesen. «Nico wollte immer so sein wie sein berühmter Vater Keke. Er hat zu ihm aufgeschaut, dem Weltmeister, der nach außen hin so stark und unerschütterlich war. Und sein Ziel war immer schon: Ich will besser sein als mein Vater!»
Lewis Hamilton, der bereits damals von McLaren-Chef Ron Dennis unterstützt wurde, «wusste genau, dass er in seinem Leben nur diese eine Chance hatte. Die durfte er nicht versauen. Nach dem Motto 'Jetzt oder nie!' Das hat ihn immer angetrieben», sagte Chiesa, der, wie auch Niki Lauda, Hamilton als denjenigen der beiden mit dem größeren Talent sieht. (Mehr dazu HIER.)
«Lewis war auf seiner schnellen Runde am Ende immer einen Tacken schneller als Nico. Das wusste er ganz genau, und das weiß er auch heute noch. Deshalb wartet er auch immer so lange bis er rausfährt.» Rosberg habe auf der anderen Seite die «ganze Drecksarbeit» erledigt. «Das Set-Up, die Arbeit mit den Mechanikern und Ingenieuren. Lewis hat hinter den Kulissen nie so hart gearbeitet wie Nico!»
Nico Rosberg sei im Gegenzug von Hamiltons Talent angespornt worden. «Hamilton hat ihm eine Referenz gegeben, wo er hinkommen musste. Und da war er am Ende auch. Ganz vorn.» Und genau deshalb seien der Deutsche und der Brite auch immer noch so ein gutes Team, findet Chiesa. «Der eine, Lewis, hat das Talent. Der andere ist zwar schnell, aber eher der Denker und Entwickler des Autos. Lewis schneidet sich am Ende dann gerne ein Stück von Nicos Kuchen ab und verkauft es als seines. Am Ende sind Lewis und Nico die perfekte Erfolgs-Kombination, wie eine gut funktionierende Ehe!»
Auch die «Psychospielchen», die sich Hamilton und Rosberg in dieser Saison liefern, seien nichts Neues, erklärt Chiesa. Die hätte es auch damals schon gegeben, nur eben auf einem etwas anderen, kindlicherem Niveau. «Sie hatten manchmal das halbe Zimmer zerstört. Das fing an, dass der eine das Kissen des anderen rauswarf. Dann flog die Bettdecke, und am Ende lag die Matratze von Lewis oder Nico draußen auf der Straße. Ich sehe noch das Bild vor mir, wie Nico vergeblich versucht, das Riesen-Ungetüm wieder reinzuziehen», erinnert er sich.
Hamiltons Reaktion nach dem Qualifying in Monaco sei ganz typisch gewesen, fuhr Chiesa fort. «Lewis hat sich ein bisschen wie ein kleiner wütender Italiener verhalten. Ein eingeschnappter Italiener! Nie ist etwas sein Fehler. Er denkt immer, dass andere ihm schaden wollen», sagte er, zeigte aber gleichzeitig auch Verständnis für den 29-Jährigen.
«Man muss Lewis verstehen. Ein deutsches Team, ein deutscher Fahrer, der auch schon drei Jahre mit den Leuten dort zusammen arbeitet. Es fühlt sich für Lewis automatisch so an, als wenn das Team etwas freundlicher zu Nico ist, weil die ihn schon so lange kennen. Ist ja normal», findet Chiesa. «Das bedeutet mehr Stress für Lewis, weil er sich nie wie ein festes Familienmitglied fühlt. Lewis kam letztes Jahr dahin, hatte nur sein Talent dabei und musste sich beweisen. Nico fühlt deshalb auch weniger Druck als Lewis.»