Sebastian Vettel: Wirbel um Renault, bald Strafe?
Sebastian Vettel auf dem Weg zur drittschnellsten Zeit
Nach sechs Siegen von Mercedes in sechs Rennen, nach zuletzt fünf Doppelsiegen der Silberpfeile, da ist jedem in der Formel 1 klar: unter normalen Umständen ist es an der Grenze zur Unmöglichkeit, Lewis Hamilton und Nico Rosberg zu schlagen. Da ist Rang 3, also «Best of the Rest», schon fast der Ritterschlag.
Vielleicht taucht Formel-1-Champion Sebastian Vettel auch deshalb recht gut gelaunt zur Medienrunde auf und tadelt augenzwinkernd als erstes einen vorpreschenden männlichen Kollegen: «Normalerweise lässt man den Damen den Vortritt!»
Dann wird Sebastian ernst: «Ein problemfreier Tag war es nicht, es gab etwas am Getriebe, da mussten wir etwas länger stehenbleiben. Es gab Luftbläschen in einer Leitung. Wir wollten da auf Nummer sicher gehen, um das Getriebe auch ja nicht zu beschädigen. Aber alles in allem war es ganz okay. Ich hätte mir mehr Runden gewünscht, um mehr über die Reifen lernen zu können und auch über den Spritverbrauch. Am Ende waren wir recht nahe dran, wenn wir das halten können, bin ich zufrieden. So nahe dran zu sein, hätte ich nach dem Morgentraining nicht erwartet.»
Viel war davon die Rede, dass Renault ab Kanada endlich voll Stoff geben wolle. Rémi Taffin von Renault vor der Reise nach Montreal: «Zu Beginn der Saison sagten wir, dass wir eine gewisse Erholungsphase bräuchten und ab dem Grand Prix von Kanada voll da sein würden. In den letzten vier Rennen haben wir einige neue Upgrades eingeführt und werden diesen Prozess in Montreal abschließen. Da haben wir im Grunde die erste echte Gelegenheit zu sehen, wo wir im Vergleich zur Konkurrenz stehen.»
Doch Vettel sagt hier vor wenigen Minuten auf die Frage, wie sich das neue Upgrade von Renault anfühle: «Wir haben kein Upgrade.»
Upgrade oder nicht: fest steht, dass im Wagen des vierfachen Weltmeisters die fünfte Steuereinheit der kinetischen Energierückgewinnung steckt – bei der sechsten setzt es die erste Strafversetzung in der Startaufstellung!
Es fällt sowieso auf: am Red Bull Racing-Renner von Vettel geht immer wieder etwas anderes kaputt. Aber Vettel kam dem auch Positives abgewinnen: «Klar ist das ärgerlich, aber noch ärgerlicher wäre es wohl, wenn die gleichen Fehler doppelt oder dreifach passieren würden. Das würde ja heissen, dass wir nichts gelernt hätten! Mit kleineren Schwierigkeiten kann ich leben, so lange sie nicht viel Trainingszeit kosten.»
«Möglichst viel Zeit auf der Bahn zu haben, ist hier in Kanada besonders wichtig, weil du überdurchschnittlich viel Vertrauen in deinen Wagen aufbauen musst, um richtig schnell zu sein.»
Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner hat prophezeit: «Wenn wir unter den ersten Fünf ins Ziel kommen, dann bin ich zufrieden.» Ist das für einen Racer wie Vettel nicht frustrierend?
Seb schmunzelt: «So wie ich das sehe, gehören die ersten beiden Ränge auch zu den ersten Fünf! Nein, ernsthaft – ich weiss natürlich, was Christian sagen wollte. Montreal ist sicher für unser Auto nicht ideal mit all diesen langen Geraden. Aber was bringt es, wenn ich mich ständig wiederhole? Dadurch werden wir auch nicht schneller. Im Wissen unserer Schwäche stimmen wir den Wagen so ab, dass wir halt versuchen, in den Kurven einen Teil des Rückstands wettzumachen, den wir uns auf den Geraden einhandeln.»