Jean-Eric Vergne: Toro Rosso-Frührentner mit nur 24?
Jean-Eric Vergne mit seiner Freundin Petra Silander in Kanada
Das Leben als Red Bull-Nachwuchsfahrer ist Segen und Fluch zugleich. Wer sich in den Augen von Programmchef Dr. Helmut Marko bewährt, wird gezielt gefördert – die beiden Paradebeispiele sind Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo. Es kann aber auch alles schief gehen, und die Liste der Gescheiterten ist lang.
Es ist durchaus denkbar, dass der Franzose Jean-Eric Vergne im kommenden Winter als motorsportlicher Frührentner dastehen wird: im nicht eben biblischen Alter von 24 Jahren. Toro Rosso-Fahrer Vergne wäre nicht der Erste, der beim kleineren Red Bull-Team gnadenlos aussortiert wird.
Ende 2011 wurden die Verträge mit Jaime Alguersuari (damals 21) und Sébastien Buemi (damals 23) als GP-Fahrer für das Team aus Faenza nicht verlängert. Keiner von den beiden hat seither einen Formel-1-Stammplatz ergattern können: der Barcelonese hielt sich mit Gelegenheitsjobs und Testarbeit für Pirelli über Wasser. Der Westschweizer Buemi ist Red Bull Racing und Toro Rosso immerhin als Test- und Ersatzfahrer erhalten geblieben. Seine Arbeit im Simulator wird vom Team überaus gerühmt. Dennoch sind seine Chancen auf ein Comeback als GP-Fahrer nur leicht über null.
Nun scheint Jean-Eric Vergen auf dem Schleudersitz zu hocken.
Die Argumente, welche gegen ein weiteres Engagement sprechen: Nicht er, sondern Daniel Ricciardo wurde Ende 2013 als Nachfolger von Mark Webber zu Red Bull Racing geholt. Gegen den jungen Russen Daniil Kvyat müsste Vergne 2014 aufgrund seiner Erfahrung besser abschneiden. Doch im Quali-Duell führt «JEV» nur mit 6:5, in jenen vier Rennen, in welchen beide Toro Rosso ins Ziel kamen, steht es 2:2. An Punkten liegt Vergne mit 11:6 vorne.
Das grösste Problem für Vergne jedoch: von hinten drängeln viele junge Fahrer nach. Der Spanier Carlos Sainz junior (19) ist auf gutem Weg, die Formel Renault 3.5-Serie zu gewinnen, damit hätte er eigentlich Formel-1-Reife bewiesen. Und mit Max Verstappen steht der nächste Überflieger bereit. Ganz abgesehen von den Nachwuchsklassen-Siegfahrern Pierre Gasly (Formel Renault 3.5) und Alex Lynn (GP3-Leader).
Was für Vergne spricht: fünf Ausfälle (Motor Malaysia, Kollision Bahrain, Motor Spanien, Motor Monaco, Bremsen Österreich) kaschieren, was für den Franzosen möglich gewesen wäre. Teamchef Franz Tost anerkennt: «Die Zwischenbilanz von JEV hat unter der mangelnden Zuverlässigkeit unserer Autos sehr gelitten, wenn der Wagen klaglos lief, dann hat Jean-Eric sehr gute Leistungen abgeliefert. Das Team profitiert von seiner Erfahrung, und ich bin sicher, wir werden von ihm noch mehr sehen.»
Vergne selber gibt sich gelassen: «Fragen über meine Zukunft müsst ihr Franz Tost stellen, nicht mir. Ich erhalte vom Team ein extrem positives Gefühl. Leider konnte ich aus Gründen, die alle kennen, nicht immer zeigen, was ich kann. Für den Moment mache ich mir keine Sorgen.»