Neue Lotus-Nase nur im ersten Training im Einsatz
Lotus-Technikchef Nick Chester: « Der Wechsel von Renault zu Mercedes ist aber kein so grosses Unterfangen wie es etwa der Wechsel von den V8-Motoren zu den V6-Turbos war»
Die Saison 2014 ist für das Lotus-Team schon drei Rennwochenenden vor Saisonende gelaufen: Der Rennstall aus Enstone belegt mit nur acht WM-Punkten den achten Platz in der Gesamttabelle – und bleibt damit deutlich unter den eigenen Erwartungen. Deshalb wenden die Lotus-Ingenieure schon in diesen Tagen ihre Blicke nach vorne und arbeiten auf Hochtouren daran, den anstehenden Wechsel von der fehleranfälligen, unterlegenen Renault-Antriebseinheit auf die weltmeisterlichen V6-Turbos von Mercedes zu bewerkstelligen.
Nick Chester, Technikdirektor des Lotus-Rennstalls, erklärt in einem kurzen Interview, warum das Team aus Enstone schon in Austin eine konventionellen Fahrzeugnase für die Saison 2015 testen wird und verrät, wie die Arbeit am neuen Lotus E23 voranschreiten.
Nick Chester, wie gut passt die Strecke in Austin zum E22?
Ich denke, die Streckenführung sollte uns besser liegen als jene in Sotschi. Es ist keine so starke Power-Strecke wie einige der Rundkurse, die wir besucht haben. Die Piste umfasst einige Highspeed-Kurven, die wir bevorzugen und auf die wir uns natürlich freuen.
Warum kommt im Training von Austin eine neue Fahrzeugnase zum Einsatz?
Es geht darum, aerodynamische Daten zu sammeln. Das machen wir mit Blick auf die Entwicklung des E23 Hybrid, wie unser Auto fürs nächste Jahr heissen wird. Es wird natürlich nicht die definitive Endversion sein, aber eine Fahrzeugnase im E23-Stil, die wir am E22 testen. Wir erwarten keine gute Performance am aktuellen Auto, denn die Nase wurde nicht für den E22 optimiert. Trotzdem wird der Vergleich interessant werden.
Werden wir die neue Nase nur im ersten freien Training sehen?
Ja, aber wir haben noch nicht entschieden, welcher Pilot damit fahren wird.
Wie schreiten die Arbeiten am E23 voran?
Fast alle Ressourcen konzentrieren sich nun auf den E23, ein grosser Teil davon schon seit längerer Zeit. Derzeit bauen wir das erste Rennchassis, damit liegen wir im Zeitplan. Die Getriebe sind auch schon in Arbeit. Auch das Kühlsystem ist schon fast fertig. Bei der Installation des Triebwerks haben wir verschiedene Aspekte mit Mercedes diskutiert. Auch die Aufhängung ist grösstenteils fertigkonstruiert, wir haben also schon ein ganzes Stück Arbeit hinter uns gebracht.
Hat das Team herausgefunden, warum es in Sotschi nicht nach Plan lief?
Wir hatten in Russland Mühe und wir konnten verschiedene Gründe dafür ausmachen. Einerseits war der Asphalt sehr neu und deshalb sehr glatt. Die mitgebrachten Reifenmischungen waren auch viel zu hart für Sotschi. Aber darunter hatten alle Teams gleichermassen zu leiden. Einige Teams, die mehr Abtrieb oder Power hatten, brachten die Reifen besser auf Betriebstemperatur, in diesem Bereich hatten wir besonders viele Probleme. Die Strecke ist sehr tückisch, im ersten Sektor, der eigentlich nur zwei Kurven umfasst, will man mit möglichst wenig Flügel fahren, während man im dritten Sektor sehr viel Abtrieb braucht. Im Qualifying wagten wir, etwas Abtrieb wegzunehmen, um im ersten Sektor zuzulegen. Aber die Rechnung ging nicht auf, weil wir in den anderen Sektoren dadurch zu viel Zeit verloren. Wir wussten, dass es ein Risiko war, und das klappte nicht. Wir haben aber sicher viel für unsere Rückkehr in der Saison 2015 gelernt.
Wie wirkt sich der Wechsel des Motorenpartners aus – wie gross ist der Schritt von Renault zu Mercedes?
Es ist ein grosser Schritt. Während meiner ganzen Zeit in Enstone waren wir mit Renault-Power unterwegs. Das ist seit 1995 so und wir haben uns an die Zusammenarbeit mit diesem Hersteller gewöhnt. In der Arbeitsweise finden sich bestimmt Unterschiede, aber ich bin überzeugt, dass es gut für uns ist, in dieser Hinsicht gefordert zu werden. Der Wechsel von Renault zu Mercedes ist aber kein so grosses Unterfangen wie es etwa der Wechsel von den V8-Motoren zu den V6-Turbos war. Mercedes war auch immer sehr professionell und hat bisher sehr konstruktiv mit uns zusammengearbeitet.»