McLaren auch 2015 ohne Hauptsponsor – wegen Honda?
Kevin Magnussen im McLaren mit SAP-Werbung
Der langjährige McLaren-Sponsor Vodafone beendete 2013 sein Formel-1-Sponsoring beim zweitältesten GP-Team (nach Ferrari). Angeblich liess man sich die Schriftzüge auf dem Chrompfeil der Briten 75 Millionen Dollar im Jahr kosten. Seither ist viel über einen neuen Haupt- oder Titelsponsor von McLaren gesprochen worden, aber wenig passiert (Titelsponsor wird ein Geldgeber genannt, der im offiziellen Teamnamen und in der FIA-Meldeliste auftaucht).
Was haben wir nicht alles zu hören bekommen: Vor fast genau einem Jahr wurde der japanische Unterhaltungselektronik-Riese Sony als Nachfolger von Vodafone gehandelt, so hartnäckig, dass sich Sony zu einem Dementi veranlasst sah. Farblich hätte das schon mal ganz gut gepasst – das Logo von «Sony Computer Entertainment», jener Firma, die hinter der PlayStation steht, ist zufälligerweise orange, so orange wie die Originalfarbe der McLaren-Renner in den 60er und 70er Jahren. Und genau, wir sprechen von jener PlayStation, welche als beliebteste Plattform für Formel-1-lizenzierte Computerspiele genutzt wird ...
Sony wäre für McLaren ein grosser Fang gewesen: Die Firma ist eine der grössten von ganz Japan, mit einem Marktwert von 20 Mrd Dollar. Das Firmenimperum umfasst Unterhaltungs-Elektronik, Filmstudios, Musik, Finanzdienstleistungen. Sony hatte ein neues Management erhalten, das grosse Ziele verfolgt. Unter dem Plan «One Sony» ist eine Strategie erarbeitet worden, die den Konzern schlanker und konkurrenzfähiger machen will. Vor allem jedoch ist Sony vielschichtig mit Honda verwoben, jener Firma also, die 2015 an der Seite von McLaren in die Formel 1 zurückkehrt. Aber aus dem Deal wurde nichts.
Dann war davon die Rede, dass die Zusammenarbeit mit dem Rasierzubehörhersteller Gillette vertieft werden soll. Aber auch aus Gillette wurde kein Titelsponsor, selbst wenn die «Gillette Company» die finanziellen Mittel dazu hätte: Im Bereich von Rasierzubehör ist das Unternehmen Weltmarktführer. Gillette, das 2004 nach Schätzungen einen Umsatz von 10,3 Milliarden US-Dollar und dabei einen Gewinn von 2,3 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet hatte, beschäftigte im selben Zeitraum weltweit etwa 29.000 Mitarbeiter. Am 1. Oktober 2005 wurde Gillette vom Konsumgüterproduzenten Procter & Gamble übernommen, für 57 Mrd Dollar.
The Procter & Gamble Company ist ein US-amerikanischer, in 70 Ländern vertretener Konsumgüter-Konzern mit Hauptsitz in Cincinnati, Ohio (USA), der 2012/2013 einem Umsatz von 84,2 Mrd Dollar erreichte und einen Gewinn von 10,7 Mrd erwirtschaftete. Derzeit befindet sich P&G in einem internen Umbauprogramm, im Rahmen dessen man sich auf die Kernmärkte konzentrieren und bis 2016 10 Mrd Dollar Ausgaben einsparen will. The Gillette Company produziert Rasierapparate (Markenname: Gillette), elektrische Geräte (Markenname: Braun), Zahnpflegeprodukte (Markenname: Oral-B) und Batterien (Markennamen: Duracell, Daimon).
Statt Sony oder Gillette fuhr McLaren 2014 mit wechselnden Partnern auf den Seitenkästen – mit Sonderlackierung wie für Mobil (Australien), Esso (Malaysia) und Gulf Air (Bahrain), später für SAP (China) und Johnnie Walker – auch dem Whiskey-Hersteller wurde nachgesagt, mit dem Titelsponsoring zu liebäugeln, doch statt dessen entschied sich der Vorstand des weltgrössten Spiritiosenhersteller Diageo zu einem Deal mit Bernie Ecclestone und zur Formel-1-Bandenwerbung, also entlang der Rennstrecken.
Zuletzt nährte die Verpflichtung von Fernando Alonso Gerüchte, wonach die Bank Santander bei McLaren grösser einsteige. Seit 2007 – als Fernando Alonso erstmals, aber nur für eine Saison lang zu den Engländern ging – arbeitet Santander mit McLaren zusammen. Das Bündnis erwies sich als äusserst erfolgreich. Als Alonso für 2008 in die Arme von Renault zurückkehrte, blieb Santander bei McLaren. Ein Wechsel mit Fernando war nicht möglich – Renault wurde damals von der Konkurrenz gesponsort (ING). Als Alonso 2010 bei Ferrari andockte, begann auch Santander mit Ferrari zu arbeiten, aber gleichzeitig hielt Santander McLaren die Treue. Im Januar 2014 wurde das Abkommen zwischen der spanischen Bank und dem englischen Rennstall «auf längere Zeit» verlängert, eine genaue Vertragsdauer ist nie verkündet worden, Insider gehen von mindestens drei Jahren aus.
Der Vertrag mit Ferrari läuft bis 2017, unabhängig davon, wo Fernando Alonso fahren wird und auch über den überraschenden Tod von Firmenchef Emilio Botín hinaus, der am 10. September einem Herzanfall erlag. Die Bankiers sind mit dem Bündnis mit dem berühmtesten Rennstall der Welt äusserst zufrieden. Aus heutiger Sicht gibt es keinen Grund, die Zusammenarbeit zu beenden.
Gemäss Medienberichten aus Spanien im vergangenen Herbst zufolge könnte ein alter Bekannter als Sponsor in die Formel 1 zurückkehren, um Alonso zu McLaren-Honda zu folgen: das Telekommunikationsunternehmen Telefónica, früherer Weggefährte von Fernando zu seinen Weltmeisterjahren bei Renault 2005 und 2006. Aber auch um dieses mögliche Abkommen ist es ruhig geworden.
Und nun?
Durchaus denkbar, dass McLaren erneut ohne Titelsponsor fahren wird. Denn Teamchef Eric Boullier hält gegenüber ESPN fest: «Ich weiss, dass das arrogant klingen wird, aber wir können es uns leisten, ohne Titelsponsor zu fahren. Das ist ein Privileg. Ich behaupte nicht etwa, dass wir keinen wollen, aber wir möchten uns auch nicht unter Wert verkaufen.»
Jüngsten Informationen aus England und Japan zufolge wird nur eine Firma ganz gross auf den McLaren von Fernando Alonso und Jenson Button stehen – und das ist Honda. Den Marketing-Strategen aus Tokio passt das gut ins Konzept.